Die spürbaren Folgen
Es gibt direkt sichtbare Folgen, wenn man ein verlassenes Dorf von einem Fluch oder einen Tempel von Monstern befreit und die Leute danach wieder alles aufbauen – inklusive Händler und Co. Man kann nicht nur sehen, wie sich die kriegsgebeutelte Umgebung wieder zur Normalität entwickelt, man kann es auch hören, wenn die Dörfler einen dafür loben.
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Hinzu kommen indirekte Spätfolgen: Als ich in einer Taverne ein (gut gemeintes) Blutbad anrichte, flieht die verzweifelte Wirtin. Erst dachte ich es sei ein Bug, weil sie nicht mehr im Schankraum auftauchte und damit auch als Händlerin nicht mehr verfügbar war. Aber viele, viele Stunden später sitze ich im weit entfernten Novigrad in einer anderen Taverne und will einer Bardin lauschen, als die alte Wirtin plötzlich unter den Zuschauern aufspringt und mich als Mörder beschimpft – eine sehr schöne Spätreaktion! Man hat also immer das Gefühl, dass sich die eigenen Taten auswirken, zumal man mit seinen wesentlichen Entscheidungen auch drei mögliche Enden einleiten kann.
Knackige Dialoge mit Entscheidungen
Wie laufen die Gespräche ab? Geralt redet als Hexer nicht viel. Man hat zwar meist die Wahl zwischen freundlichen, schroffen oder aggressiven Antworten, muss in einigen Situationen auch mal gegen die Zeit antworten oder reagieren (soll man sich wirklich vor dem Kaiser verbeugen?), aber das Dialogsystem beschränkt sich auf das Wesentliche. Das heißt, dass es weder besonders viele noch verschachtelte Gespräche gibt, in denen man sich rhetorisch beweisen muss – dafür gibt es ja auch keine Charakterwerte.
Das heißt nicht, dass die Dialoge schlecht geschrieben sind. Im Gegenteil: Sie wirken meist angenehm authentisch und leben vom derben Witz oder bitteren Sarkasmus. Und der Hexer kann immerhin eines seiner arkanen Zeichen nutzen, um all zu aggressive Gesprächspartner zu beruhigen oder andere zum Reden zu bewegen.
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Trotzdem vermisse ich des Öfteren die Möglichkeit, mich etwas genauer zu informieren oder weiter mit den Leuten ins Gespräch zu kommen. Und es gibt nur einige wenige, aber dennoch ärgerlich eingleisige Situationen, in denen mir als Geralt gar keine Wahl gelassen wird, obwohl man die Szene offener hätte ausspielen können: Als Geralt und Vesemir zu Beginn in einem Gasthaus eine Schlägerei befürchten und der ältere den jüngeren Hexer noch extra davor warnt, beide da mit reinzuziehen, kann man das anschließende Gemetzel nicht verhindern – hier gab es nicht mal einen Dialog oder eine Szene für eine Reaktion. Und Vesemir rüffelt Geralt auch noch für die Eskalation.
Gerade weil die schwierige Neutralität auch ein erzählerisches Leitmotiv ist, gerade weil dem Hexer so oft in kleinen Situationen eine Entscheidung für oder gegen den Kaiser oder die Rebellen abverlangt wird, fühlt man sich in dieser Szene von der Regie gezwungen. Aber wie gesagt: Die Leine ist selten so straff.
Frauen, Pferde und noch besser: Gwint!
Ihr wollt nicht spazieren, sondern euch amüsieren? Wer die Entschleunigung nicht sucht, kann auch viel Spaß haben. Es gibt Pferderennen oder Bordelle inklusive weiblichem und männlichen Service. Auch das Thema Homosexualität wird gestreift, wenn Geralt zum Beispiel einem vom Dorf Ausgestoßenen begegnet, dessen Beziehung zu einem anderen Mann nicht gerade gut ankam. Apropos Sex: CD Projekt Red ist bekannt dafür, dass man das explizit inszeniert und der Hexer hat einige Liebschaften unter den hübschen Magierinnen. Aber es wird einem nicht leicht gemacht, diese schlagfertigen Ladys rumzukriegen.
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Geht man in ein Gasthaus, wirkt die Szenerie mit trinkenden, fluchenden, boxenden oder würfelnden Gästen angenehm lebendig – und das teilweise auf mehreren Etagen. Man kann selbst mit seinen Fäusten in den Ring steigen, sich an miesen Wetten bereichern oder noch besser: Gwint spielen. Ich habe seit Star Wars: Knights of the Old Republic nicht mehr so viel Spaß mit einem Kartenspiel in einem Rollenspiel gehabt.
Man spielt bis zu drei Runden und muss dabei mit seinen wenigen Karten gut haushalten, die je nach Waffengattung in drei Reihen platziert werden. Man kann deren Stärke mit Sonderkarten oder Dopplungseffekten erhöhen oder Nebel, Schnee und Regen wirken, die eine Reihe fast wirkungslos machen – oder das Ganze mit Sonnenschein wieder kontern.
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Man kann sich im Laufe der Zeit jeweils Decks in den vier Fraktionen (Nilfgaard, Nordlinge, Scoia’tael, Monster) erstellen, indem man von Händlern weitere Karten kauft oder diese im Spiel gewinnt. Es gibt in Novigrad sogar ein großes Turnier und wer da bestehen will, muss sich ein wirklich gutes Deck aufbauen. Das sind Sammelreize abseits von 1/10 Holz und 1/20 Federn, denen ich sehr gerne nachgehe.