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The Witcher 3: Wild Hunt im Test – Krönender Abschluss der Hexersaga?

Vor genau 10 Jahren erschien mit The Witcher 3: Wild Hunt eines des besten Action-RPGs seiner Zeit. Zum Geburtstag holen wir unseren Test zum Spiel noch einmal hervor.

The Witcher 3: Wild Hunt im Test
© CD Projekt Red (Adobe Photoshop [M])

Die Katzenfrau gibt es wirklich!

Und nicht nur die Kulisse, auch die manchmal indirekte Verknüpfung von Erkundungen und Quests ist bemerkenswert. Ähnlich wie in Skyrim kann man Aufgaben im Vorbeigehen aufschnappen oder wird entweder aktiv oder als Zuschauer in heikle Situationen verwickelt, wenn es gerade einen Überfall oder nur einen Streit gibt. Dabei geht es oft derb zur Sache, vom „guten Fick“ bis zum „Pimmel“ ist alles dabei. Aber man lauscht auch sehr witzigen Dialogen, die einen immer wieder schmunzeln lassen. Noch cooler ist es, dass sich das Zuhören auch lohnen kann.

Als ich langsam an den kleinen Hütten vor Novigrad vorbei spaziere, höre ich zum Beispiel Kinder von der „Katzenfrau“ sprechen. Moment mal? Habe ich nicht eine Aufgabe, die sich mit der Katzenschule der Hexer befasst – also dem Kampf in leichten Rüstungen? Ich kann die Kinder nicht direkt fragen, es gibt auch keinen Hinweis, aber ich gehe einfach weiter durch den Vorort.

Und als ich die Katzenfrau schon fast vergessen habe, weil zwei Hexenjäger eine Tür zu einem Magier eintreten wollen, dem ich helfen könnte, höre ich das Miauen. Tatsächlich: Ganz am Ende steht das kleine Häuschen, vor dem zig Katzen herum stromern und ich auf einem Tisch einen weiteren Hinweis auf meine Quest finde – das war ein kleines Detail, aber ganz großes Erkundungskino!

Die Öffnung der Spielwelt

Aber in der Hauptquest geht es nur um eine Frage: Wo ist Ciri? In der freien Stadt Novigrad? Auf den Skellige-Inseln? Oder irgendwo in den besetzten Gebieten Velens ganz in der Nähe? Ihr habt die freie Wahl, welchem Hinweis ihr zuerst folgen wollt, obwohl die Story den naheliegenden Weg empfiehlt, den man angesichts der Stufe des Hexers am ehesten meistern kann.

Ihr könnt aber auch in Ruhe das Startgebiet um Weißenfels erkunden – man wird nicht gehetzt. Wie in Online-Rollenspielen werden leider auch Quests und Gegner in Stufen sortiert und farblich markiert, sodass man auf einen Blick erkennen kann, dass man hier oder da vielleicht etwas zu weit vorgedrungen ist. Apropos Schwierigkeit: Vier Stufen stehen zur Wahl, wobei ich einigermaßen erfahrenen Spielern mindestens die dritte empfehle, denn ansonsten sind Kämpfe und Regeneration zu einfach.

Was der Regie schon in den ersten Stunden abseits der famosen Visualisierung hervorragend gelingt: Die moralischen Grautöne dieser Fantasywelt zu zeigen. Denn obwohl die Eroberer aus Nilfgaard auch „die Schwarzen“ genannt werden, verhalten sich die Besatzer mit ihren Flügelhelmen manchmal nicht viel schlechter als die heimischen Nordlinge – Mord, Ausbeutung und Verrat gibt es auf beiden Seiten.

Das Leid, aber auch der Rassismus und Nationalismus der Bevölkerung sowie die Skrupellosigkeit der Rebellen werden schon in ersten Quests genauso gut sichtbar wie die ausgezeichnete Lokalisierung hörbar: Die deutschen Sprecher gehören zum Besten, was ich in den letzten Jahren erlebt habe – egal ob in den Haupt- oder Nebenrollen. Wer will, kann zwar auch ins Englische wechseln, aber in diesem Fall ist das eher ein netter Zusatzservice als eine akustische Stimmungssteigerung.

Die Qual der Neutralität

Und Geralt? Er muss sich keiner Fraktion anschließen, muss den temerischen Lilien also keine Treue erweisen, es gibt auch keinerlei Statistik oder Fortschrittsleisten für seine Dienste am Kaiser, für die Rebellen oder die anderen Parteien wie die Scoia’tael, die als kämpfende Organisation der Anderlinge im zweiten Teil noch sehr wichtig waren, aber hier etwas im Hintergrund der Story verblassen. Aber er kann in den Quests sowohl den eiskalten Handlanger der Nilfgaarder als auch den Unterstützer der Einheimischen geben – was durchaus schwer fällt, denn in den sehr guten Dialogen wirken die Erklärungen beider Seiten immer irgendwie plausibel.

Einem Zwerg wird zum Beispiel die Hütte abgefackelt, weil er für die Besatzer aus Nilfgaard schmiedet. Geralt findet den betrunkenen Brandstifter, der natürlich seine eigenen Motive hat. Er kann ihn ziehen lassen, an die Wachen ausliefern oder zum richtig schlecht gelaunten Zwerg bringen. Und was macht man mit einem temerischen Rebellen, der einen belügt und einen hinterhältigen Mord begangen hat, um an wichtige Medizin für verwundete Kameraden zu kommen? Man kann ihn an Nilfgaard übergeben, die Medizin behalten oder ihn mit besten Wünschen ziehen lassen. Ob sich das später auszahlt oder rächt?

Es fällt nicht immer leicht, die hexertypische Neutralität zu wahren und in erster Linie an seine Bezahlung zu denken. Wie auch immer wirken sich manche Aktionen nicht nur auf verfügbare Folgequests aus – es kann also auch sein, dass mögliche Aufgaben nicht verfügbar sind, weil der Hexer jede weitere Kooperation mit seinen Taten zunichte macht.