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The Witcher 3: Wild Hunt im Test – Krönender Abschluss der Hexersaga?

Vor genau 10 Jahren erschien mit The Witcher 3: Wild Hunt eines des besten Action-RPGs seiner Zeit. Zum Geburtstag holen wir unseren Test zum Spiel noch einmal hervor.

The Witcher 3: Wild Hunt im Test
© CD Projekt Red (Adobe Photoshop [M])

Jedes Dorf ein Milieu

Gerade wenn man langsam spaziert, wird man auch all die Kleinigkeiten entdecken, die einen immer wieder verblüffen. Banditen bekämpfen und Monster jagen ist spannend, aber es ist schon unterhaltsam, hier einfach nur durch Feld und Flur zu wandern. Das landschaftliche Spektrum reicht von sanften Hügeln mit Äckern und Obstbäumen über Flussdeltas bis hin zu düsteren Sümpfen, schroffen Bergen und tiefen Wäldern. Hinzu kommen Strände, Inseln und Höhlen.

The Witcher 3 sieht toll aus, aber hat auf der Konsole einige technische Probleme: Es kommt immer wieder zu Rucklern oder zum Aufploppen von Landschaftsteilen in der Distanz, nach der Meditation materialisieren sich Grüppchen in Städten, so manche Figur läuft auch mal endlos gegen ein Hindernis und die Physik wirkt nicht immer glaubwürdig, wenn schwere Balken wie Streichhölzer fliegen – aber das sind im Vergleich zu den Problemen anderer Rollenspiele in offener Welt eher Peanuts.

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Der Hexersinn zeigt die Statuen zwar an, mit denen man interagieren kann. Aber in welcher Reihenfolge? Für die Lösung des Rätsels muss man Verszeilen entschlüsseln. (CD Projekt Red / Screenshot | 4P)

Denn es überwiegt ganz klar der positive Eindruck der Landschaft mit ihrer tollen Flora und Fauna sowie den teilweise spektakulären Wetterwechseln: Es kann richtig kräftig schütten, stürmen und blitzen. Man wird immer wieder zum Spazieren animiert, weil die Sonne einfach so schöne Schatten wirft, während ein Drache über einer Ruine kreist, irgendwo jemand auf einer Laute spielt oder einen schlüpfrigen Witz erzählt.

Pulsierendes Leben in Novigrad

Hinzu kommt der dargestellte Alltag der Leute. In der Stadt Novigrad findet man an den Wänden nicht nur anzügliche Graffito über Hexen, sondern auch über Gottheiten. Und das Beste: Kommt man zu anderer Zeit an der Stelle vorbei, erkennt man die Wachen, die die Ketzerei mit Lappen wegwischen – klasse! Aber auch jedes Dorf wirkt wie ein liebevoll arrangiertes Milieu aus derben Flüchen, schlecht gelaunten Wachen, besoffenen Streunern, fleißigen Bauern und natürlich vielen familiären, politischen oder monströsen Problemen, die man an Anschlagbrettern findet und in Quests umwandeln kann.

In viele? In sehr, sehr viele Quests. Und hinzu kommen Ereignisse an bestimmten Orten. Öffnet man die Weltkarte nach ein paar Stunden, wird man von Möglichkeiten bereits erschlagen: Wow, das kann ich alles machen? Es gibt knapp ein Dutzend Symbole für Ereignisse, die sich hinter den zunächst mit einem Fragezeichen markierten Orten verbergen.

Das können Banditen- oder Monsterlager, Schätze oder Verliese, Personen in Not oder Ruinen, Kriegsbeute, Nester oder Relikte der Macht sein – hat man etwas erledigt, wird das Symbol ausgegraut. Man kann die Ziele selber suchen oder bequem markieren und dann über den Kompass der Minikarte dorthin reiten. Wer es noch schneller mag und die Gegend bereits erkundet hat, darf sich auch von Wegkreuz zu Wegkreuz teleportieren. Keine Bange: Plötze kann man überall wieder zu sich pfeifen – sie trabt dann aus dem Nichts heran.

Viel Masse und viel Klasse

Noch wichtiger: Abseits dieser Masse an kleinen markierten statischen Aufgaben gibt es in The Witcher 3 auch dynamische Ereignisse, die mit einem Ausrufezeichen markiert werden – das können zum Beispiel Überfälle sein, weinende Kinder oder Händler, die vor einem zerstörten Wagen verzweifeln. Allerdings erreicht man hier nicht die situative Dynamik von Skyrim, wo man des Öfteren auch Zeuge größerer Gefechte oder Kämpfe gegen Drachen sowie Ungetüme wurde.

Hat man etwas erledigt, darf man manchmal entscheiden, wie sehr man es auf die Bezahlung abgesehen hat: Nimmt man das Geld des verarmten Bauern an, der damit die Heirat seiner Tochter finanzieren wollte? Man kann gutherzig auf das Gold verzichten. Manchmal bekommt man dafür mehr Erfahrungspunkte und vielleicht ein besonderes Geschenk, manchmal nur ein Danke plus Lächeln.

Es gibt auch Situationen, in denen man aktiv feilschen kann, indem man mehr Gold verlangt – was den Auftraggeber allerdings verärgern kann. Etwas seltsam ist hier, dass es im möglichen Aufschlag nur um Peanuts geht, die den Ärger eigentlich nicht wert sind. Trotzdem spielen die Finanzen zu Beginn eine große Rolle für den Hexer.

Vor allem wenn man auf dem dritten Schwierigkeitsgrad spielt, muss man deutlich mehr in Ausrüstung, Reparaturen und Heilung investieren. Aber wie soll man das bezahlen? Zu Beginn kann man sich fast wie in einer Wirtschaftssimulation vorkommen, weil man ständig kalkuliert und handelt. Also muss man sich der Masse an Quests stellen und auf Beute hoffen.

Aber es gibt reichlich Klasse sowie Abwechslung in den größeren Aufgaben. Zwar gibt es nicht die Fülle an klassischen Dungeons wie in Skyrim, aber man ist auch mal in größeren Höhlen unterwegs, muss zu zweit mit einer Magierin in einem kleinem Schutzradius bestehen oder Logikrätsel meistern, wenn ein altes Gedicht zum Beispiel auf die richtige Reihenfolge bei der Aktivierung von Statuen hindeutet.