Veröffentlicht inTests

The Witcher 3: Wild Hunt im Test – Krönender Abschluss der Hexersaga?

Vor genau 10 Jahren erschien mit The Witcher 3: Wild Hunt eines des besten Action-RPGs seiner Zeit. Zum Geburtstag holen wir unseren Test zum Spiel noch einmal hervor.

The Witcher 3: Wild Hunt im Test
© CD Projekt Red (Adobe Photoshop [M])

Der Hexer auf dem Rechner

Wie fühlt sich das Kampfsystem von The Witcher 3 auf dem PC an? Ich habe jetzt natürlich zig Stunden an der PlayStation 4 hinter mir: Die Maus- und Tastatursteuerung ist mir im direkten Vergleich zu fummelig, zumal das leicht schwammige Gefühl damit deutlicher wird. Ja, man kann sich daran gewöhnen, aber gerade in den Gefechten gegen mehrere Gegner wird es hektisch. Sie bringt mir allerdings einen kleinen Vorteil gegenüber dem Gamepad.

Wenn man mit WASD spielt, gibt es keine Überschneidung von Hexersinn und Parade auf der linken unteren Schultertaste. Sobald man sich mit dem Gamepad einem Lager von Banditen nähert und Pfeile mit L2 parieren oder reflektieren will, wird auf Konsolen manchmal Geralts Fokus statt seine Defensive aktiviert.

Sehr komfortabel ist der schnelle Wechsel der Steuerung, ohne dass man überhaupt in ein Menü gehen muss: Das Gamepad wird bei Knopfdruck ebenso erkannt wie die Maus bei Berührung. Falls euch die Belegung der Tastatur nicht gefällt, könnt ihr sie zudem individuell anpassen. Für das Gamepad ist das zwar nicht möglich, aber ihr könnt beispielsweise nicht nur die Achsen für die Kameradrehung ändern, sondern auch die Empfindlichkeit des linken und rechten Sticks separat einstellen sowie die Vibration deaktivieren. Viel interessanter dürfte sein, dass man all die Texte auf dem PC deutlich besser lesen kann.

Eine noch prächtigere Kulisse?

Wie sieht The Witcher 3: Wild Hunt auf der Xbox One im Vergleich zur PlayStation 4 aus? Etwas schlechter. Zum einen wird das Bild dort auf 1.080p hochskaliert und zum anderen fallen Sichtweite sowie Objektdetails wie Bäume in der Ferne auf Microsofts System geringer aus. Auch dort kommt es mitunter zu Bildratenproblemen und Pop-ups. Der Rechner ist natürlich die Königsplattform, wenn ihr grafisch alles rausholen wollt.

Im Gegensatz zu den Konsolen könnt ihr dort zig Einstellungen vornehmen, um das sichtbare Erlebnis an eure Hardware anzupassen. Unter „Nachbearbeitung“ lassen sich zunächst in drei Stufen (niedrig, mittel, hoch) zehn Aspekte vom Weichzeichnen über Blooming bis zur Umgebungsverdeckung und Lichtstrahlen ein- oder ausschalten.

Allerdings vermisst man eine Beschreibung der Effekte: Wer außer Fotografen oder Grafikern weiß schon, was er mit „Vignettierung“ oder „Chromatischer Abweichung“ deaktiviert? Aber keine Bange: Mit Spielspaß hat das nichts zu tun. Falls euch übrigens die Kulisse allgemein „zu bunt“ ist, könnt ihr hier keine Anpassungen hinsichtlich der Farbpalette oder Sättigung vornehmen.

Nicht nur Geralt hat die Haare schön

Unter „Allgemein“ kann man dann in vier Stufen (niedrig, mittel, hoch, höchste) nochmal über ein dutzend Einstellungen für die Auslastung sowie Kulisse wichtige Aspekte wie Grasdichte, Detailgrad, Objektsichtweite, Wasser-, Textur-, Gelände- und Schattenqualität sowie die Anzahl an Charakteren anpassen. Dazu gehört auch „HairWorks“. So stolz ATI auf seine TressFX bei Lara Croft war, so laut trommelt NVIDIA jetzt für das bewegte Haar in The Witcher 3.

Wie wichtig ist die einzelne bewegte Strähne in einem Spiel? Und wie wichtig sind dann erst tausende im Pelz eines Ungeheuers? Keine Frage: Das sieht klasse aus, auch voller als auf Konsolen – zumal es nicht nur um Menschen geht, sondern auch um Pferde und vor allem riesige Monster bis hin zu deren Hufhaar.

Aber mitunter wirkt das Gesamtbild auf dem PC auch überdreht: Es stürmt und pustet so schon genug in der Welt, so dass Bäume und Sträucher permanent in Bewegung sind. Und jetzt peitschen Locken und Felle auch noch wild hin und her – man fühlt sich ab und zu wie in einem Windkanal für die nächste Shampoo-Werbung. Früher gab es den Wasserfetisch, heute sind es eben die Haare. Wenn sie natürlich einzeln verbrennen, sich dabei kräuseln und… okay, lassen wir das.

Fahnen im Wind, Zaunlatten am Boden

Wie sieht es mit der Physik von Stoffen und Kleidung oder Pflanzen in The Witcher 3 aus – oder der Zerstörung von Objekten? Fahnen, Wimpel und Planen wehen auf dem PC etwas voluminöser als auf der Konsole im Wind. Aber wenn man durch Büsche geht, werden auf allen Systemen keine Gräser oder Zweige sichtbar gebogen oder bewegt wie etwa in Uncharted, sondern wie auch der Rest der Flora einfach ausgeblendet.

Wer mit der Telekinese des Hexers in Dörfern auf Zäune zielt, kann beobachten wie das Holz auf allen Systemen in seine Einzelteile zerbirst – diese sichtbaren Features sind also nicht exklusiv auf dem Rechner, auch wenn sie dort vielleicht noch genauer berechnet werden. Im Wasser bilden sich auf dem PC allerdings mehr Schlieren und Rinnsale, wenn sich Geralt hindurch bewegt.

Außerdem formen sich noch mehr der winzigen Wellen nach einer Telekinese auf der Wasseroberfläche. Aber auch dieser ansehnliche Effekt ist auf Xbox One und PS4 zu sehen.

Alles aufdrehen und Spaß dabei?

Wie läuft The Witcher 3 auf Mittelklasse-Rechnern, wenn man alles aufdreht? Wir haben es auf einem PC mit acht Gigabyte RAM und GeForce GTX 770 sowie aktuellem NVIDIA-Treiber (352.86) unter maximalen Einstellungen gespielt. Das Abenteuer läuft dann nicht mit 30 Bildern pro Sekunde, aber es gibt auch keine Ruckelorgie, sondern akzeptable 25 bis 20 Bilder pro Sekunde in kleinen Dörfern – es kann je nach Figurenaufkommen noch sinken.

Was es auf Konsolen so nicht gab, sind sporadische Abstürze. Die optimalen Ergebnisse soll man ja laut NVIDIA ab der GTX-900-Serie erzielen. Was das außer einer besseren Bildrate sein soll, ist allerdings nicht ganz klar. Noch mehr Haare? Man braucht jedenfalls keine Angst haben, dass man hier ohne superaktuelle Grafikkarte irgendetwas verpasst.

Die klaren Vorteile des Rechners liegen also in der höheren Sichtweite, den schärferen Konturen an Kleidung sowie in der Umwelt und markanteren Lichteffekten bis hin zu einzelnen Strahlen. All das sorgt für die unterm Strich hübscheste Kulisse. Aber wir werden die Wertung nicht erhöhen, denn der grafische Sprung von der Konsole zum Rechner ist nicht so groß wie von der PlayStation 3 auf die PlayStation 4 bei Grand Theft Auto 5, wo ganze Texturpakete komplett ausgetauscht wurden – solche wesentlichen Unterschiede gibt es hier nicht.

Damals haben wir natürlich auch deshalb aufgewertet, weil es zusätzliche spielerische Elemente sowie eine neue Perspektive gab. Und selbst wenn, dann müssten es vielleicht noch zwei Wertungen geben. Denn nur wer mit NVIDIA-Grafikkarte spielt, bekommt alle „zusätzlichen“ Effekte. Aber selbst diese hören sich zwar toll an, sind aber für das ausgezeichnete Spielerlebnis nicht entscheidend.