Und dann kommen weitere Dämpfer. Da ist zum einen der neue Trick-Stick, der im Handbuch tatsächlich nur einen kleinen Hinweis bekommt. War das nur laue Luft in den Pressemitteilungen? Er wird ja noch nicht mal innerhalb des Spiels als neues Feature präsentiert oder gar im Training integriert: Auch dieses Jahr verzichten die Japaner auf interaktive Übungen, die man auf der PlayStation 2 so geliebt hat. Warum knüpft man nicht an die Glanzzeit von PES 6 an und bietet Training deluxe? Das hat doch haarklein und praktisch in alle Steuerungsfinessen eingeführt – es gab damals sogar gezielte Freistoß-, Schlenz-, Slalom- und Weitschussaufgaben mit Zielscheiben und Highscore! Wieso taucht das nicht auf 360 und PS3 auf? Wieso speist man mich mit einer schnöden und verwirrenden Liste an Befehlen ab, die ich noch nicht mal einzeln anzeigen und dann nachspielen kann? Nein, ich muss sie entweder komplett öffnen oder schließen – das ist antiquiert.
Es gibt auch nach Studium dieser Liste kaum Änderungen, wenn man von den Tricks absieht: Zum einen kann man Schüsse und Pässe jetzt auch über einen Druck auf A abbrechen, außerdem lassen sich in jeder Situation über einen doppelten RB-Druck Pässe anfordern und man kann nur noch bis zwei Leute zusätzlich in die Mauer beordern; in PES 2009 ließ sich ja noch eine regelrechte Wand aufbauen.
Trick-Stick ohne große Wirkung
Zurück zum Trick-Stick: Der taucht zwar auf, aber man bemerkt ihn kaum! Ich hatte nach den Vorschauen ohne ihn gehofft, dass er das Zünglein an der Waage eines frischen Spielgefühls sein könnte. Und deshalb war ich auch sehr optimistisch. Aber das, was Konami anbietet, ist eher schlecht als recht an FIFA angelehnt. Die Visualisierung der Dribblings war noch nie die große Stärke der Japaner, deshalb hätte man hier endlich mal mit intuitiver Eleganz punkten können. Aber stattdessen überträgt man einfach alle bekannten und einige neue Tricks, die man bisher mit dem Steuerkreuz ausführen konnte, auf den rechten Analogstick: Hält man L2 gedrückt, kann man jetzt auch über den Stick Übersteiger, Körpertäuschungen, Roulette & Co oder einen leichten Lupfer im Lauf ausführen. Das sieht im freien Training auch relativ gut aus, aber der coole Hackentrick von Messi wird z.B. so schwammig ausgeführt, dass man ihn kaum wahrnimmt.
Nicht falsch verstehen: Das ist eine gute Alternative für alle, die nicht mit dem Digikreuz spielen. Und es gibt Situationen, in denen die neuen Tricks auch funktionieren. Das sorgt aber nicht für ein neues Spielgefühl, weil die Dribblings erstens seltener zum Erfolg führen als in FIFA 10 und zweitens abgehackter aussehen – sprich: Die Tricks wirken in dieser Form noch etwas zu mechanisch und ineffizient. Warum hat man das Dribblingsystem nicht kreativ überarbeitet? So wirkt der Stick nur wie ein kaum durchdachtes Placebo-Feature, um Fans zu beruhigen.
Flipper lässt grüßen
Und in einem anderen Bereich hat man erneut verschlimmbessert: Die Ballphysik plus die damit verbundene Kollisionsabfrage. Es kommt selbst bei einem Iniesta zu einigen seltsam verstolperten oder unrealistisch weit vom Fuß weg rollenden Bällen, so dass der Spielfluss unnötig unterbrochen wird. Und es kann nicht sein, dass ich einem Technikgott wie Messi das Leder in den Rücken spiele und dieser es nicht elegant mitnimmt, sondern an seinen Hacken abprallen lässt – das kann sicher mal vorkommen, aber dann darf das Leder nicht gefühlte fünf Meter (!) weit abprallen. Das sieht einfach verdammt unrealistisch aus und kommt zu häufig vor.
Hinzu kommen Situationen, in denen vier, fünf Spieler auf engem Raum um den Ball kämpfen: Hier beobachtet man nicht eine natürliche und lebendige Verdrängung des Leders, sondern teilweise ein Hin und Her, bei dem der Ball wie bei einem Flipper kantig mit einem Tok-tok-tok abprallt – weil die Soundeffekte dabei auch noch so mechanisch hallen, fühlt man sich bei diesen Rudelbildungen tatsächlich wie in der Spielhalle. Abpraller & Co gehören zum Fußball, gar keine Frage, aber nicht Drei- und Vierfachkollisionen, bei denen das Leder wie eine Metallkugel wegspringt. Man hat fast das Gefühl, als hätten die Japaner die Schrauben der Ballphysik überdreht. Und auch im und vor dem Kasten ist nicht alles nachvollziehbar: Zum einen gibt es immer noch zu viele Eigentore, weil Spieler einfach ins Tor laufen oder den Ball nicht selbständig auf den letzten Metern weghauen. Zum anderen haben selbst Weltklasseleute wie Casillas oder Buffon große Probleme mit halbhohen und eher schwach platzierten, also nur etwas von der Mitte entfernten Distanzschüssen, die sie schon mal durchlassen – die Rate an Aussetzern dieser Art ist groß und viele Tore entstehen, indem man sie quasi in den Kasten zwingt.
Immerhin haben sie im 1 gegen 1 dazugelernt: Freche Lupfer werden jetzt viel konsequenter abgewehrt und sind nicht so leicht zu verwandeln wie in FIFA 10; sehr schön. Die Torhüter kann man übrigens komplett frei nach einem Druck auf L1 und R3 steuern und weite Würfe aktivieren, um damit die Offensive schon vom Strafraum einzuleiten – das wäre durchaus eine Bereicherung und könnte Tempo machen, wenn sie den Ball nicht manchmal noch vor dem Abwurf auftitschen würden, was Zeit kostet.