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Warhammer 40.000: Dawn of War 2 (Taktik & Strategie) – Warhammer 40.000: Dawn of War 2

…, reißt es meinen schweren Geschützen den Boden unter den Füßen weg. Mein Kommandant hängt über dem Kopf eines hässlichen Aliens. Eine Sekunde später schmeißt ihn das Biest wie eine lästige Fliege zehn Meter… Orks vor mir, Eldar rücken an meiner Flanke vor! Wenn keine Verbündeten eintreffen, kann ich die Stellung trotz meines starken Sperrfeuers nicht länger halten. Doch plötzlich wendet sich das… Ein Augenzeugenbericht liest sich wie eine Huldigung an Verhoevens actionreiches Starship Troopers. Aber welche Sprache spricht die Analyse der taktischen Wirklichkeit?

© Relic Entertainment / THQ

Vier Rassen – wieso gönnt Relic dann nur den Space Marines einen Solo-Plot? Ich vermute, drei Erweiterungen dürften das Spiel und das Konto der Entwickler lange am Leben halten. Jedenfalls wird auf den (mickrigen!) sieben Mehrspieler-Karten deutlich, wie viel mehr Abwechslung wenigstens ein weiteres solo spielbares Volk gebracht hätte. Und es zeigt sich, wie viel geschickter die Gegner in den Solo-Einsätzen agieren sollten. Denn die in jeder Multiplayer-Runde zuschaltbare KI zeigt eindrucksvoll, wie clever der Computer sein kann:

Stehen Einzel- und Multiplayer-Spielern zur Verfügung: Einige Einheiten springen direkt in die feindlichen Linien.

Er baut sinnvoll Einheiten, rüstet überlegt auf und greift geschlossen an. Menschliche Befehlshaber, die auf eigene Faust agieren, sehen gegen die starke KI kaum Land!

Der Teamkrieg

Der Schwerpunkt liegt nicht umsonst auf dem kooperativen Zusammenspiel: Obwohl es auch Karten für Duellisten gibt, stehen vor allem die Gefechte Drei gegen Drei im Vordergrund. Wobei man jeden freien Platz entweder schließen oder mit einem KI-Mitstreiter besetzen darf, den Teamkampf also frei konfigurieren kann. Leider hören die Möglichkeiten allerdings genau dort auf. Denn andere Spielvarianten gibt es nicht, und die spielerischen Unterschiede zwischen dem Halten von drei Schlüsselpositionen und dem Überwältigen aller feindlichen Hauptquartiere sind kosmetischer Natur. Schließlich entscheidet in beiden Varianten das Besetzen wichtiger Energieposten über die Ressourcenverteilung – und damit über die taktische Oberhand. Die Kanadier hätten übrigens gut daran getan, weniger widerstandsfähige Hauptquartiere zu errichten. So kann es schon mal eine halbe Stunde dauern, bis eine eindeutige Übermacht ihre geschlagenen Widersacher endgültig in die Knie zwingt. Vorbildlich dafür: Noch vor dem Start zeigt die Übersicht, wie gut Leitung und Rechner jedes Teilnehmers sind. Genaues Hinschauen wird belohnt, denn ein Taktiker mit langsamem Rechner oder allzu optimistischen Grafikeinstellungen bringt den Ablauf beträchtlich ins Stocken.

Und dann knattern endlich auch online die schweren Geschütze, fallen Tyraniden ihren Gegnern feige in den Rücken, teleportieren sich die Eldar direkt hinter die feindlichen Linien und quatschen Orks herrliches Kauderwelsch, während sie ihre Streitäxte schwenken. Ist es vielleicht sinnvoll, dass die Space Marines frühzeitig ihre verfügbaren Sperrfeuer-Einheiten in Position bringen, während die verbündeten Tyraniden bei den unterdrückten Feinden für Chaos sorgen? Wann lohnt es sich, die wenigen Ressourcen auszugeben, um das Hauptquartier zu verbessern oder stärkere Truppen zu produzieren? Und welche Squads sollen welche Spezialfähigkeiten lernen? Weil die vier Parteien, der offene Einheitenbau sowie die Verbindung der knackigen Stellungsgefechte mit den zahlreichen Gruppentaktiken

deutlich mehr Möglichkeiten bieten, öffnen sich im Mehrspieler-Scharmützel taktische Freiräume, vor denen sich die Solo-Kampagne verschließt. Schade nur, dass unterstützende Aktionen wie Verteidigungs-Boni nicht auch auf verbündete Parteien anwendbar sind.

Individualisten an die Front!

Nicht zuletzt wählt man außerdem einen von je drei Helden, die mit zahlreichen Fähigkeiten weitere Taktiken erlauben. Soll ein mächtiger Nahkämpfer meine Armee führen? Brauch ich 

Artillerieunterstützung? Oder setze ich gar ganz auf defensives Vorgehen? Habe ich mich entschieden, muss ich jetzt noch festlegen, auf welches Vorgehen

Der zweifache Ausbau des Hauptquartiers erlaubt die Produktion imposanter Kampfmaschinen. Gebäude werden in Dawn of War II nicht gebaut.
sich mein Held spezialisieren soll – so individuell waren Multiplayer-Scharmützel nie! So überfrachtet das System der Fähigkeiten dabei wirkt, so übersichtlich bleibt das Kriegsgebiet. Denn weil selbst eine Partei, die sämtliche Rohstoffquellen besitzt, nur über relativ begrenzte Mittel verfügt, läuft oder fährt in diesem Warhammer-Universum wenig „Wegwerf-Material“ über das Schlachtfeld: Jede Einheit ist wertvoll, ihr Einsatz will gut überlegt sein.

Und trotzdem können auch hier die vielen Fähigkeiten in der Hitze des Gefechts erschlagend wirken. Nicht zuletzt muss jeder frisch produzierte Trupp neu trainiert werden – eine globale Einstellung gibt es nicht. Nur Experten werden sich deshalb souverän durch die überladenen Menüs klicken, ohne im Kampf den Überblick zu verlieren. Dazu kommen die gut gedachten, aber viel zu winzigen Squad-Symbole. Klickt man eins an, ist die Einheit ausgewählt – das ist komfortabel. Aber ist der dritte Knopf von oben ein Nah- oder ein Fernkämpfer? Und welchen Truppentyp stellt das Symbol darunter dar? Damit leiden schließlich auch die Mehrspielergefechte unter den Symptomen des Hauptspiels: Im Ansatz hervorragend; Hardcore-Taktiker finden auf Relics Servern eine großartige Spielwiese! In der Ausführung fehlen allerdings Karten, Spielvarianten und es leidet die Übersicht.