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The Elder Scrolls 5: Skyrim (Rollenspiel) – The Elder Scrolls 5: Skyrim

Den Tod vor Augen im hohen Norden: Als anonymer Gefangener rumpelt man zusammen mit drei Gefesselten auf einem Karren zu einem Tribunal, eskortiert von kaiserlichen Wachen. Gerade hat man noch etwas über eine Rebellion aufgeschnappt, da rollt auch schon der erste Kopf unter dem Beil des Henkers. Als man zum Richtblock gerufen wird, überschlagen sich die Ereignisse: Ein Drache kreischt, Flammen lodern und ein Abenteuer von epischem Ausmaß beginnt.

© Bethesda Softworks / Bethesda Softworks

Die gezückte Waffe

Kampf gegen Untote: Leider kann man Feinde nicht fixieren.

Kampf gegen Untote: Leider kann man Feinde nicht fixieren, so dass die Übersicht manchmal verloren geht.

Schade ist, dass weder die Bewohner mit Angst noch die Wachen mit aktiven Zurechtweisungen auf gezückte Waffen reagieren – und das, obwohl sich das Land gerade im Bürgerkrieg befindet, obwohl es Morde und Drohungen gibt und obwohl die Nichtspielercharaktere sogar gezückte Waffen oder Zauber erkennen und gezielt ansprechen: „Ihr scheint eine Vorliebe für Stahlschwerter zu haben“ oder „Passt mit dem Feuer auf!“ kann man im Vorbeigehen hören – sehr gut! Aber warum darf man trotzdem beidhändig bewaffnet bis zum Jarl vordringen? Man kann auf den Tisch springen und mit der Klinge vor seiner Nase wedeln.

 So viele Jahre nach Gothic, das mit diesem Figurenverhalten heute wahrlich nicht mehr einzigartig ist, ist das auch deshalb ärgerlich, weil Skyrim auf anderer Ebene genau dieses Gefühl der schwelenden Konflikte und des Misstrauens vermittelt: Wenn man das erste Mal in die Halle des Jarls Balgruuf kommt, wird man von seiner dunkelelfischen Leibwächterin mit gezückter Waffe aufgefordert, sofort stehen zu bleiben. Wenn man sich einer fremden Patrouille nähert, wird man  aufgefordert, sich um seinen eigenen Kram zu kümmern. Wenn man ungefragt einen Keller betritt, wird man attackiert. Es gibt viele Situationen, in denen all das angenehm authentisch wirkt.

Aber Bethesda lässt in anderen die Konsequenz vermissen, denn schon ein Fürstentum weiter kann man als Fremder einfach so, ohne dass man von der anwesenden Leibwache aufgehalten wird, zu einem ganz besonderen, weil in Gefahr befindlichen Jarl gehen: Zum flüchtigen Anführer der Rebellen. Warum lassen mich seine Wachen so nah ran? Hier wäre es besser gewesen, wenn man beim ersten Zücken der Waffe von seinem Huskarl zurechtgewiesen würde. Es geht hier um Nuancen, die manchmal im Figurenverhalten fehlen. Schön ist, dass Leute einen ermahnen, wenn man zu rüpelhaft durch ihr Haus poltert oder dass sie einen beobachten und sogar die Treppe mit hinauf gehen, wenn man sich als Langfinger absetzen will – und sobald man sich dann im Schleichmodus befindet, gibt es einen misstrauischen Kommentar.

Gratis oder Diebstahl?

Eisgeister im Anmarsch: Frostige Schemen mit mächtig Schaden.

Eisgeister im Anmarsch: Frostige Schemen mit mächtig Schaden.

All das ist lobenswert, aber bei den Eigentumsverhältnissen ist Bethesda manchmal schwammig: Eigentlich kann man nicht einfach irgendwo rein und stehlen. Aber manchmal kann man Geschäfte plötzlich einfach so leer räumen; das ist nicht immer und nicht überall möglich, aber es stört das Gesamtbild. Denn Diebstahl wird in Himmelsrand umgehend bestraft und alle fremden Gegenstände  werden deutlich sichtbar rot markiert – man muss Hehler finden, um gestohlene Ware abzusetzen; sehr gut! Aber sobald man mal eine Quest für jemanden erledigt hat, werden viele ehemals rot markierte auf einmal weiß dargestellt und sind quasi gratis. Wenn das bei kleinen Dingen wie Lebensmitteln so wäre, wäre das okay und akzeptabel. Aber manchmal hat man gar keine Quest erledigt und kann sich Dinge nehmen. Dabei ist also nicht immer ein logisches System zu erkennen, was man warum nehmen darf. Innerhalb einer Auslage mit zwölf Zutaten wechselt die Anzeige plötzlich zu Diebstahl. Warum?

Das geht so weit, dass man selbst ärmeren oder gerade erst kennen gelernten Leuten auch das Gold vom Tisch fischen kann. Oder dass man einer Alchemistin fast alle seltenen Zutaten sowie Seelensteine und Felle aus ihrem Laden nehmen kann, ohne dass es sie stört. Sprachen nicht gerade noch alle Bewohner von den harten Zeiten und dem schwierigen Handel? Und bei einem der besten Schmiede Winterlaufs, einem misstrauischen alten Kauz, darf man sich auch ohne Quest direkt die herum liegenden Waffen nehmen und sie ihm (!) danach verkaufen – so kann man manchmal die Lücken der Spielwelt ausnutzen. Es wäre glaubwürdiger gewesen, wenn Bethesda konsequenter zwischen Besitz und Geschenken unterschieden hätte und wenn es bei befreundeten Händlern vielleicht einen Preisnachlass, aber keine Selbstbedienung gegeben hätte.