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The Elder Scrolls: Oblivion im Test – Remaster schön und gut, aber was kann das Original?

Fast 20 Jahre alt ist The Elder Scrolls 4: Oblivion mittlerweile – genau wie unser Test. Zeit für eine kleine Frischzellenkur.

Ein Bild vom Wald aus Oblivion mit rot-blauem Banner.
© Bethesda / Adobe Photoshop [M]

Unbelebte Städte

So wunderbar die Landschaft ist: In den Stätden wirkt die Welt von Tamriel manchmal wie ein Stillleben – schön, aber statisch. Es ist gespenstisch ruhig, es gibt kein Gewusel, kein buntes Treiben. Spätestens hier trennen sich die Wege zum ähnlich offenen  Grand Theft Auto: San Andreas.

Jede Stadt lebt von ihren Torwachen sowie einer oder zwei Hand voll Charaktere. Die gehen alle ihrem Tagwerk nach, legen sich schlafen, schließen ihre Türen ab, schmeißen euch raus und unterhalten sich sogar untereinander: Wer stehen bleibt, kann ihrem Geschwätz oder Klagen lauschen. Und sobald man in ihre Nähe kommt, drehen sie sich um, grüßen euch oder pöbeln euch an – je nach Rasse und Ruf.

Auch der Diebstahl fällt nicht so leicht wie in Morrowind: Entweder werden Wachen sofort gerufen oder man ertappt euch mit der heißen Ware beim Spaziergang. Da ihr das Zeug nicht bei einem Händler loswerden könnt, müsst ihr mit der Diebesgilde und ihren Hehlern Kontakt aufnehmen.

Aber richtig lebendig wirken die Städte nicht, weil sie einfach so groß sind, ihre Bewohner verschlucken und der Alltag darin nicht animiert wurde. Man vermisst z.B. arbeitende Handwerker, die auf ihren Amboss schlagen, Felle gerben oder Holz schnitzen. Man vermisst auch spielende Kinder, tanzende Gaukler oder Marktschreier – all das hat schon Gothic 2 besser simuliert. 

Trotzdem erkundet man die Straßen gerne: Egal ob Wohn- und Gildenhäuser, Läden, Statuen oder Kathedralen – alles wurde akkurat designt. Ihr könnt jedes Gebäude betreten und werdet euch angesichts der üppigen Innenausstattung wundern: vom einfachen Stuhl und Messer über Vasen, Eimer, Käse, Wein bis hin zu gestickten Wandteppichen, gläsernen Schaukästen und Schreibpulten voller Federn, Pergament und Krams ist alles vorhanden.

Ein Blick unter die Oberfläche

Nur ab und zu trüben Grafik- und Logikfehler das Flanieren: Es kann passieren, dass eine Figur beim Öffnen einer Tür oben am Rand in der Luft hängt und später runterpurzelt; es kann passieren, dass euch ein Kneipenwirt auf Anfrage seine eigene Taverne und einen Abstecher dorthin empfiehlt, obwohl ihr gerade an seiner Theke steht; es kann sein, dass euch Figuren erst feierlich als Held*in empfangen und dann plötzlich kein Wort mehr mit euch reden.

Obwohl es an der Oberfläche meist kein pralles Leben gibt, gärt es unter Tage: Es gibt zig versteckte Tunnel, Geheimgänge, Höhlen und Dungeons, die euch nach wenigen Schritten in die üblen Etagen Tamriels führen. Während oben die neun Götter regieren, herrschen unten düstere Kulte, Banditen und Geister.

Die Stimmung kann von einer strahlenden Erhabenheit schnell in einen beklemmenden Horror wechseln, der sogar für Gänsehaut sorgt. Da soll ein junges Mädchen geopfert werden, weil einige Dörfler über ein blutiges Ritual Rache nehmen wollen. Ihre Häuser sind untertunnelt und führen euch in das Innere eines verrückten Kultes.

Für diese wohltuenden Wechsel sorgt auch die hervorragende Musikuntermalung: Zwar wirken manche Übergänge zwischen den Stimmungen etwas abrupt, aber der wehmütig-epische Klang der Hauptmelodie und die packenden Tempowechsel beim Kampf drücken dem Abenteuer einen erstklassigen akustischen Stempel auf.