© Climax / Konami

Die Stimmung wird jedoch getrübt, sobald man feststellt, dass eine wirkliche Gefahr nur in den Albträumen lauert. Dadurch beraubt sich Silent Hill der Möglichkeit, den Erforschungsabschnitten in der „realen“ Welt zusätzliche Spannung zu verleihen. Hier kommt es zwar auch immer wieder zu geskripteten Schocksituationen, die vor allem durch ein plötzliches Crescendo der stimmungsvollen Musik aus der Feder von Akira Yamaoka (auch verantwortlich für den Soundtrack des Originals) effektiv in Szene gesetzt werden und einem ins Mark fahren. Doch die Spannung wäre ungleich höher gewesen, wenn man sich in Silent Hill niemals sicher sein könnte, plötzlich einer Gefahr ausgesetzt zu werden.

Ist das noch Horror?

Dass sich Climax dennoch sehr stark von dem abgrenzt, was die Silent Hill-Serie ausgemacht hat, ist umso

Die visuelle Qualität gehört zum Besten, was derzeit auf Wii zu sehen ist. Vor allem Licht und Schatten überzeugen und sorgen für Spannung.
bewundernswerter. Ich gehe sogar so weit zu sagen, dass der spielmechanische Schritt, der hier vollzogen wird, sich noch stärker vom Ursprungsmaterial entfernt als es seinerzeit bei Resident Evil 4 der Fall war. Auf den ersten Blick ist das sogar nicht einmal mehr ein Vertreter des „klassischen“ Survival-Horrors, den man zumeist mit bewaffnetem Kampf ums Überleben in Verbindung bringt. Zumindest habe ich große Schwierigkeiten, Harry Masons Suche nach seiner Tochter in eine solche Schublade zu stopfen.

Andererseits ist diese unkonventionelle, eher auf Kleinigkeiten fokussierte Heransgehensweise vielleicht genau der richtige Ansatz, um das sich größtenteils auf das (wenngleich meist gelungene, siehe Dead Space) Wiederkäuen bekannter Elemente spezialisierte Horror-Genre mit neuem Leben zu füllen.
Shattered Memories ist kein Gore-Horror mehr und nur in subtilen Andeutungen erinnert man an die Ansammlung von S&M-Fantasien früherer Silent Hill-Teile. Doch die Bilder, die sich hier nicht durch Schock, sondern durch das ruhige Aufnehmen und die Reflektion der Ereignisse um einen herum im Kopf einstellen, können ebenso erschreckend sein. Es zählt die Fantasie statt expliziter Gewalt. Die Zerstörung gesellschaftlicher Werte wie Familie oder Liebe und die daraus folgenden Konsequenzen können ebenso grausam sein wie ausgeweidete Zombies. Und über allem schwebt eine düstere gnadenlose Unausweichlichkeit. Wenn man sich auf SHSM einlässt, wird man vom ungewöhnlichen Horror nicht enttäuscht.

Mittendrin statt nur dabei

Zumal sich Climax vor allem auf Wii mit einer nahezu perfekten Nutzung von Gestenerkennung und Remote-Lautsprecher erfolgreich bemüht, einen in die kalte Welt von Silent Hill zu ziehen. Das von dichtem Schneetreiben durchzogene Silent Hill wird zumeist nur von der „aus der Remote“ strahlenden Taschenlampe erhellt, deren Lichtkegel und die daraus entstehenden Schatten HD-Kollegen wie bei Aliens vs. Predator zeigen, wo der Hammer hängt und den Remedy mit Alan Wake erst einmal schlagen muss.

Doch nicht nur hier hat Climax viel Zeit investiert. Auch bei den Rätseln oder dem Öffnen von Schaltern und Türen fühlt man sich als homogener Teil von Silent Hill. Ein Beispiel aus der Anfangsphase (mit nur geringer Spoilergefahr): Um einen Schlüssel zu finden, muss man Dosen aufheben, schütteln, die richtige Dose drehen, damit der Schlüssel herausfällt und diesen dann aufnehmen.

Auf PSP muss man sowohl hinsichtlich der Kulisse als auch bezüglich der Steuerungsmechanik Abstriche machen.
Dabei nutzt das Team die Gestenerkennung bis genau zum richtigen Moment, so dass sich die Verwendung von Gegenständen und das Lösen von Rätseln immer intuitiv, logisch und vor allem ‚richtig‘ anfühlt. Und obwohl es sicherlich kein Problem gewesen wäre, hat man davor halt gemacht, die zahlreichen zu benutzenden Türklinken mit einer Gestensteuerung zu versehen. Stattdessen nutzt man den Analogstick, um die Geschwindigkeit der Türöffnung stufenlos vom leisen Öffnen bis hin zum Aufstoßen zu simulieren. Gerade in diesem Zusammenhang ist es schade, dass in den Erforschungsabschnitten letztlich keine Gefahr lauert, die ein leises Öffnen wert wäre.
Bei der Nutzung des Remote-Lautsprechers hingegen (alternativ kann man sich die Sounds auch über den TV-Lautsprecher ausliefern lassen, wovon wir allerdings aus Immersionsgründen abraten) hat sich Climax übertroffen. Das in seiner Intensität schwankende statische Rauschen, das beim Erkunden die paranormalen Echos ankündigt und das in den Albtraumsequenzen nahende Wesen kennzeichnet, sorgt immer wieder für aufgestellte Nackenhaare und Panik.
Das ist jedoch nichts gegen die „Telefonfunktion“. Wenn urplötzlich das Telefon (aus der Remote) klingelt, man abhebt und dann den Fernbedienungslautsprecher wie bei einem echten Handy ans Ohr hält, ist man unversehens direkt in Silent Hill und man bekommt eine Gänsehaut. Wenn dann auch noch Cheryls Stimme teils flehend, teils weinend, aber in jedem Fall warnend „Daddy. You shouldn’t have come!“ ins Ohr haucht, ist die Illusion mehr als gelungen und die emotionale Spannung kaum zu überbieten. Leider sprechen die Figuren in Silent Hill kein Deutsch, sondern nur Englisch, werden aber größtenteils sehr gut untertitelt.

In der PSP-Version läuft alles deutlich konventioneller ab, wodurch die Atmosphäre und die Intensität nicht ganz so mitreißen wie auf Wii. Andererseits kann man bei den Verfolgungen ohne Remote die Kamera deutlich besser bewegen und hat so eine bessere Chance, zu entkommen, da man auf Wii in der Hektik durchaus mal verreißt und damit eine unwillkürliche Drehung provoziert. Diese endet zwar nur selten tödlich, ärgerlich ist dies aber allemal.