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Resident Evil Village (Action-Adventure) – Capcoms Horror-Show

Drei Jahre nach den Ereignissen von Resident Evil 7 wird die Geschichte von Ethan Winters fortgeführt. Diesmal geht es nach Rumänien, wo er zusammen mit seiner Frau Mia und ihrem Baby Rosemarie lebt. Dort will er das Grauen rund um die durchgeknallten Hillbillies und die mysteriöse Pilzinfektion vergessen. Aber die europäische Idylle währt nicht lange: Das Kind wird entführt und Capcom öffnet den Vorhang für eine Horror-Show der bizarren Art. Wie uns der Trip gefallen hat, verrät der Test.

© Capcom / Capcom

Es geht abwärts

Für diese Etappe hätte ich vielleicht sogar Gold gezückt, aber es ist eben nur ein Teil des Spiels, das danach immer schlechter wird. Angst oder Furcht? Verflüchtigen sich immer mehr angesichts des Geballers. Im Sumpf zeigen sich dann auch die ersten Abstriche in der Kulisse, denn Wasser und Schleim sehen nicht besonders toll aus, zudem gibt es einige kleine Pop-ups und Bildratenprobleme. Apropos Beleuchtung: Man kann Raytracing auf den Konsolen unter Bildeinstellungen aktivieren, muss dazu allerdings immer ins Hauptmenü. Das Aktivieren senkt nochmal die Bildrate, aber so sieht die Kulisse einen Tick besser aus – mehr en detail zu Raytracing auf dem PC mit Vergleichsbildern auf Seite 5.

Der Boss im Sumpf kann noch unterhalten, denn er sieht klass aus und zwingt zu cleverem Unterstellen. Aber danach beginnt die Show im wahrsten Sinne des Wortes, denn dann wird man wie in einer Arena begrüßt – und zwar von frisch aufgestellten Schildern, auf denen Ethan zum Folgen aufgefordert wird. Ich dachte, ich seh nicht richtig, aber hier wird alles zu einem albernen Zirkus degradiert…

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Lust auf eine Runde Kugelbahn? (PS5) © 4P/Screenshot

Dann so  geht in das Gebiet der Werwölfe, wo plötzlich nicht mehr Geräusche für die Ortung oder das taktische Verbarrikadieren wichtig sind (alle wissen ja auch, dass Ethan kommt), sondern in einer Felsenburg einfach nur Kimme, Korn und Granaten zählen, weil man in Wellen von allen Seiten angegriffen wird – spätestens hier hatte ich mich schon längst sattgesehen an den inflationär heran jagenden Viechern, die man im hohen Gras der ersten Stunden noch fürchtete, weil man sie irgendwo stöhnen hörte. Hier? Ballern. Ballern. Ballern. Schrecken? Ja, weil man erkennen muss, dass Call of Duty das wesentlich besser macht.

Schließlich geht es in eine Fabrik, in der man sich wie bei Oddworld fühlt, während sich Robothybriden und Terminatoren durch die Gänge fräsen – nur dass dieser Schauplatz wie ein kompletter Fremdkörper wirkt. Zudem muss man hier viele Wege mehrmals gehen, um Tore zu öffnen. Und der Panzer kurz vor dem Ende setzt dem absurden Patchwork von Motiven dann noch nichtmal die explosive Krone auf. Es folgt die allerschlechteste Überraschung mit einer schlimmen Phase von Peinlichkeiten, die ich aufgrund von Spoilern und des Embargos hier nicht ausführlicher erläutern kann – aber die fühlte sich so billig an wie in Call of Resi 6. Wieso sinkt Resi 7 nicht so tief?

Spektakuläre Bosse

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Oddworld lässt grüßen:  Was hat sich Capcom bei der deplatziert wirkenden Terminator-Fabrik gedacht? (PS5) © 4P/Screenshot

Überraschend gut sind immerhin einige der großen Bosskämpfe, denn sie werden spektukalär mit ansehnlichen monströsen Mutationen inszeniert – das ist großes Kino plus Gänsehaut, wenn diese Kreaturen einen mit aufgerissenem Maul jagen. Etwas fordernder sind sogar die mittleren Bosskämpfe gegen Hammer tragende Werwölfe, tiefschwarze Zottelmonster oder schwer gepanzerte Bohrmaschinentypen, denn hier muss man manchmal ihre zerstörerische Bewegung zum Vorteil nutzen, die sogar Mauerwerk einreißt. Allerdings gibt es hier auch einige KI-Fehler, wenn etwa ein Riesenoger immer wieder abdreht, kurz bevor er einen umbringt – so kann man ihm immer in den Rücken fallen. Ansonsten werden normale Kämpfe solide ausgetragen, allerdings ist Ethan recht langsam und hat bis auf das schnelle Umdrehen keinerlei defensive Manöver zur Verfügung, so dass man oft einfach nur frontal ballern muss. Zumal er zwar blocken oder mal wegstoßen kann, aber weder Tritte noch Konter zur Verfügung hat.

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Was fräst sich da in die Wand? Eine Art Terminator mit Bohrer, den man gezielt von hinten angreifen muss. (PS5) © 4P/Screenshot

So großartig die Soundkulisse mit ihrem Raumklang ist, so fade klingen manche Waffen wie die einfachen Pistolen. Immerhin kann man diese sowie Flinten und Gewehre oder Granatwerfer in mehreren Bereichen wie Schaden, Magazin & Co aufwerten. Außerdem kann man beim Duke in Koffer investieren, um nicht zu früh am begrenzten Inventar zu verzweifeln, in dem man manchmal wie in einem Puzzle etwas anordnen muss, damit es noch reinpasst. Das allseits bekannte Herstellen von Heilung, Munition, Minen sowie Rohrbomben hat mich nicht gestört, zumal Feinde (die sich in Luft auflösen) meist Zutaten fallen lassen und man bei ausgiebiger Erkundung recht viel findet. Im Vergleich zu den ersten Resident Evils hat man hier viel früher sehr viel Feuerkraft. Was es auch nochreichlich nach dem Abspann gibt: Bonusmaterial. Und wer Lust hat, kann einen der anderen vier Schwierigkeitsgrade ausprobieren oder mit endlos Munition noch einfacher Werwölfe killen.

Nachschlag im Multiplayer

Nach der Kampagne kann man den Mercenearies-Modus freischalten. Dabei gilt es, sich unter Zeitdruck den Gegnerwellen zu stellen und Areale zu säubern. Die Action steht mit dem Arcade-Ansatz eindeutig im Vordergrund. In einem Shop, der an das Händlersortiment im Hauptspiel angelehnt ist, investiert man die Belohnungen in weitere Wummen, Upgrades und Medizin. Neuerdings kann man seine Figur zudem mit speziellen Fähigkeiten ausstatten, um z.B. zusätzlich die Schadenswerte von Handfeuerwaffen oder das Bewegungstempo zu erhöhen und die Deckung zu verbessern.

Außerdem erhalten alle Käufer von Resident Evil Village den neuen Mehrspieler-Ableger Re: Verse als kostenlose Beilage. In diesem Third-Person-Shooter im Comic-Look treten diverse Figuren aus dem Universum von Resident Evil in Arenen gegeneinander an. Unsere Begeisterung hält sich allerdings in Grenzen und man darf sich zurecht fragen, ob überhaupt jemand dazu bereit wäre, tatsächlich Geld für dieses billig anmutende Multiplayer-Gemetzel zu zahlen, das mittlerweile von Capcom auf den Sommer verschoben wurde.