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Resident Evil Village (Action-Adventure) – Capcoms Horror-Show

Drei Jahre nach den Ereignissen von Resident Evil 7 wird die Geschichte von Ethan Winters fortgeführt. Diesmal geht es nach Rumänien, wo er zusammen mit seiner Frau Mia und ihrem Baby Rosemarie lebt. Dort will er das Grauen rund um die durchgeknallten Hillbillies und die mysteriöse Pilzinfektion vergessen. Aber die europäische Idylle währt nicht lange: Das Kind wird entführt und Capcom öffnet den Vorhang für eine Horror-Show der bizarren Art. Wie uns der Trip gefallen hat, verrät der Test.

© Capcom / Capcom

Abstruse Geschichte, plumpe Inszenierung

 

Wenn der Wind durch die Flure heult, ein schweres Schlurfen näher kommt und man plötzlich nach einem Sturz zwischen Leichen und Folterwerkzeug landet oder von einer der weißgesichtigen Vampirtöchter verfolgt wird, die man nicht mit Kugeln verletzen kann, entsteht knisternde Unterhaltung bei hervorragender Soundkulisse – man hört genau, aus welcher Richtung das Unheil naht. Die akustische Ortung wird übrigens auch in einigen Kämpfen wichtig, wenn man den Feind nicht sieht.

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Was keift da? Ein Werwolf! Zunächst hat Ethan nur eine recht schwache Pistole zur Verfügung. (PC) © 4P/Screenshot

Aber schon zu Beginn des Spiels knarzt und quietscht es nicht nur auf den Dielen, sondern auch in der Regie. Dass die Geschichte so abstrus, so voller Fragezeichen und Logikbrüche beginnt, ist nicht einmal das große Problem. Erstens gehört das B-Movie-Flair schon immer zur Reihe, zweitens bemüht sich Capcom immerhin bis zum Finale, alles unlogisch Anmutende zu beantworten – auch wenn man darüber nur den Kopf schütteln kann, weil es so komplett hanebüchen, so unfassbar plump aufgelöst wird. Das wirre Skript würde es selbst als Jugendhörbuch im Horror-Bereich schwer haben.

 

 

Okay, vergessen wir mal die Story. Das größere Problem ist dann immer noch diese wankelmütige Inszenierung, die im Einstieg zwar noch ruhig à la The Last of Us mit dem privaten Zuhause anfängt, aber dann wie wild galoppiert. Schon im Dorf lässt man sich nicht genug Zeit, um den Schrecken der Werwölfe langsam aufzubauen: Dass man sich vor ihnen verstecken und aktiv mit Schränken verbarrikadieren muss, weil sie durch Fenster und Dächer brüllen, ist richtig cool – hier erlebt man den Nerven aufreibenden Terror, dem auch Leon in Spanien ausgesetzt war, zumal man noch recht wenig Munition hat! Nur ändert sich das zu schnell. Und Capcom lässt diese Panik fördernde Spielmechanik des zeitweisen Versteckens später genauso kalt fallen wie man viel zu früh manch interessante Figur sterben oder Spielmechanik verschwinden lässt.

Vorhang auf zur Horror-Show

 

 

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Aber schon bald kommen Flinten, Gewehre und ein Granatwerfer hinzu. Auch Rohrbomben und Minen sorgen für reichlich explosives Flair. (PS5) © 4P/Screenshot

Stattdessen reißt man viel zu schnell den Vorhang für die unfreiwillig komische Werwolf-Party auf. Die haarigen Monster mit Pottschnitt sind auch noch zu Pferd mit Brandpfeilen unterwegs, springen etwa 50 bis 100 Meter weit über Häuser und ihr Boss trägt einen Hammer wie aus Soul Calibur. Nur etwas später wird Ethan dann von der Superschurken-Gang begrüßt, die neben der Vampirlady und ihren Töchtern aus Mantel-Hut-Heisenberg, einer monströsen Quasimodo-Kreatur, einer Chucky-Mörderpuppe sowie Allmutter Miranda besteht – noch ein Foto machen? So viel zum Thema Folklore. Wer sich für Vampire oder Werwölfe interessiert, wird hier nicht viel finden außer einem wild zusammen gewürfelten Figuren-Kabinett. Ach so, noch ein Archetyp: Da läuft natürlich noch eine Hexe mit Totenschädeln am Stab durch die Gegend, die einfach mal so Tore schließt und Unheil predigt – wie man das in Rumänien eben so macht. Dagegen wirkt der Einstieg von Resi 4 mit den Bauern, Mistgabeln und der Kirche fast schon wie eine Arte-Dokumentation über spanische Kultisten. Die anderen Dorfbewohner? Irgendwann alle tot.

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Was ist das denn? Quasimodo mutiert? Die Kämpfe gegen mittlere und größere Bosse gehören zu den Highlights. (PS5) © 4P/Screenshot

Immerhin hat man allein in diesem Horrorzirkus als Vater ein klares Ziel: Baby Rose muss irgendwo sein! Also nix wie los zum Schloss, dem ersten von vier Gebieten mit je einem Boss, die man vom zentralen Dorf aus linear hintereinander erkundet, wobei es auch optionale kleine Areale gibt. Ethan ist in Egosicht recht langsam unterwegs, kann aber sprinten, sich ducken und hüfthohe Hindernisse automatisch überwinden – wobei es da einige Inkonsequenzen gibt. Es lohnt sich, genau hinzuören und -zusehen, zumal Capcom zwar manches silbrig glitzern, aber – gute Entscheidung – nicht alles aus der Ferne glänzen lässt. Dabei kann man einige Schätze und Geheimnisse entdecken, muss Dietriche (ohne Minispiel) und Werkzeuge wie Kurbeln einsetzen, Abkürzungen finden oder Wege freimachen, so dass das durchaus Laune macht.

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Kleinere Rätsel lockern das Spiel auf., aber das hier ist schon die größte Kopfnuss – ANleitung rechts.  (PS5) © 4P/Screenshot

Aber auch hier führt Capcom eine interessante Mechanik à la The Room ein, die man danach fast komplett ignoriert: Man kann 3D-Objekte oder Notizen genauer ansehen, um etwas zu entdecken – das ist ganz früh z.B. ein Schraubendreher im Schlüsselbund. Später wird das leider fast nur noch eingesetzt, um schnöde Schlüssel oder Schätze zu kombinieren, also Schädel und Körper zusammenzusetzen. Warum hat man dieses kreative und motivierende Rätselprinzip nicht weiter genutzt?

 

 

 

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Waffen können in mehreren Kategorien aufgerüstet werden – hier der wunderbare Colt. (PS5) © 4P/Screenshot

Die Steuerung ist ansonsten modifizierbar und sauber. Nur die nicht immer korrekte Abfrage beim Aktivieren der Icons, z.B. zum Zerstören der gelb markierten Kisten, nervt etwas. Zwar sind die Rätsel recht leicht zu lösen, zumal bei Safes die Kombination meist im selben Raum zu finden ist, aber es gibt auch mal nette physikalische Spielereien mit Feuer, etwas Puzzlelogik und kleine Minispiele mit Kugelbahnen, die man korrekt neigen muss. Bei der Erkundung hilft zudem die stets aktualisierte Karte, denn sie markiert u.a. vollständig durchsuchte Orte oder geschlossene Türen. Schön ist auch die Verknüpfung der Schauplätze, so dass man durchaus ein Déjà-vu hat, wenn man eine bekannte Stelle von einer anderen Stelle aus wiedererkennt.