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NBA 2K16 (Sport) – Harlem sucht den Superstar

Neue Stars sind im Anflug: Während sich Dirk Nowitzki langsam verabschiedet, gehört Dennis Schröder die Zukunft – zumindest was deutsche Basketballhoffnungen betrifft. Immerhin ziert der in Braunschweig geborene Point Guard der Atlanta Hawks nach knapp zwei Jahren in der amerikanischen Profiliga das hiesige Cover von NBA 2K16. Was für eine Karriere! Die soll dank der Regie von Spike Lee auch im Spiel faszinieren. Ob das gelingt? Und können die Entwickler von 2K Sports erneut unter dem Korb begeistern? Mehr dazu im Test.

© Visual Concepts / 2K Sports

Nach Spike Lee beginnt die echte Karriere

Bei aller Kritik an der Frühphase der Karriere: Das ist innerhalb des Sportspielgenres immer noch im Ansatz überaus lobenswert und im Vergleich zu dem, was an schrecklich sterilen Modi im virtuellen Fußball angeboten wird, angenehm ambitioniert! Zumal die Karriere nach den fünf Stunden ja erst richtig startet, denn hat man Highschool, College und Rookie-Zeit hinter sich, spielt man endlich eine komplette Saison – und erst damit startet die „richtige“ Karriere. Hier gibt es auch wieder Interviews in Presskonferenzen, in denen man meist aus zwei Antworten wählen kann. Hier bekommt man individuelle Anweisungen und Ziele vom Trainer wie z.B. das aggressive Decken oder Würfe aus dem Post (wenn auch nicht regelmäßig), hier gibt es in jedem Spiel gesprochene Halbzeitansprachen vom Coach, dazu wird der Man of the Match präsentiert und diskutiert – selbst ohne Spike Lee wäre das schon zwei Klassen mehr Qualität als im Fußball. Außerdem kann man endlich wieder freier entscheiden.
 

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In der Karriere kann man seine Fanbasis auch über Kontakt zu etablierten Stars vergrößern. © 4P/Screenshot

Lobenswert ist zudem, dass die Regie jetzt keinen künstlichen Bruch zu dem Drehbuch von Spike Lee zeigt, sondern dass die Journalisten im Interview und sogar die drei Kommentatoren, darunter Shaquille „Shaq“ O’Neal (u.a. LA Lakers) und Kenny „The Jet“ Smith (u.a. Houston Rockets) in der Pre-Game-Show auf die Geschichte von Freq eingehen und über seine Zukunft diskutieren. Und das nicht nur einmal zur Übergabe, sondern auch später mit teilweise witzigen Diskussionen – als Kenny anmerkt, dass Freq sogar mehr Talent zeigen würde als Shaq, meint dieser düster wie Darth Vader: „I’m his father!“ Und auch sonst überzeugt das Trio vor und nach der Schlusssirene in den kurzen Diskussionen – da wird über unterbewertete Talente oder besondere Karrieren gesprochen und es macht trotz einiger Wiederholungen Spaß, vor allem den kleinen Frotzeleien zwischen Shaq & Co zuzuhören. Ist Tim Duncan einer der besten Power Forwards aller Zeiten? Shaq und

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Was für eine Ehre: James Harden sucht das Pläuschchen vor dem Spiel mit dem Talent aus Sacramento. © 4P/Screenshot

The Jet zoffen sich köstlich. Nimmt man dann hinzu, wie professionell die Live-Spiele eingeleitet und kommentiert werden, muss man der Präsentation einfach Respekt zollen.

Training, Sponsoren oder Promi-Netzwerk?

Das Besondere an der Karriere ist, dass man über einen Kalender jeden Tag managen muss – die sind kostbar, denn es reiht sich Spieltag an Spieltag, so dass kaum Zeit bleibt. Man bekommt nicht nur E-Mails von seinem Berater, sondern auch Feedback über die sozialen Medien und kann selbst in Kontakt mit aktiven NBA-Stars treten, um so etwas an ihrem Ruhm sowie Fans zu partizipieren und Kleinigkeiten wie Plaketten (Sonderfähigkeiten), Moves, Trikots, Fanzuwachs etc. freizuschalten. Man hat an freien Tagen also die Wahl, ob man mit Tim Duncan die Haustiermesse besucht, damit man vielleicht die Plakette „Freundlichkeit“ bekommt, einen Sponsorentermin wahrnimmt, der Münzen (virtuelle Währung) einbringt, oder aktiv mit seinem Team trainiert.

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Es gibt „Live-Training“ mit diversen Übungen, die Sßa machen, aber leider nur temporär Attribute steigern. © 4P/Screenshot

Letzteres wird durchaus motivierend inszeniert: Wenn man in die Halle kommt, sorgt der Trainer nach ein paar freien Würfen mit einem strengen Pfiff für Disziplin und sagt die Übungen an – darunter z.B. normale Sprints, Dreierwürfe, das Aufposten mit drei Kollegen im Wechsel oder Dribblings durch einen schmalen Korridor – alles gar nicht so einfach zu meistern. Hinzu kommen sogar Reaktionstests an Wänden. Und wer einfach so mehrere Körbe hintereinander macht, bekommt ebenfalls Boni. Schade ist allerdings, dass man seine Attribute damit im Erfolgsfall nur temporär, aber nicht permament steigern kann. 2K Sports setzt also weiter auf den Zukauf über Münzen.

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Widerspruch: Obwohl man nur Ersatzspieler und schlechtester Dreierschütze ist, soll man in der Crunchtime bei 75:78 für den Gegner Verantwortung übernehmen. © 4P/Screenshot

Trotzdem ziehen sich die Widersprüche des Einstiegs auch durch diese Karriere – vor allem die Diskrepanz zwischen tatsächlichen Fähigkeiten und dem sportlichen Hype um Freq: Ich finde es ja cool, dass James Harden vor einem Ligaspiel mit mir quatscht und einen kleinen Wettbewerb ankündigt – aber warum sollte sich der Führungsspieler der Houston Rockets mit einem Power Forward abgeben, der nicht mal zur Starting Five der Sacramento Kings gehört? Warum schnappt er sich nicht den eigentlich Star, nämlich Demarcus Cousins, der wesentlich mehr Punkte, Assists und Rebounds verzeichnet? Diese Widersprüche tauchen auch in der Auszeit auf, wenn die Trainer in knappen Spielen im kleinen Kreis eine engagierte Ansprache halten und plötzlich auf Freq deuten, der die Verantwortung übernehmen soll: „You are our leader out there!“  Nicht nur, dass er Einwechselspieler ist, er soll bei einem Stand von 75:78 für den Gegner auch den Dreier übernehmen. Und zwar als Power Forward mit einem Wert von etwas über 30% – also als schlechtester Dreierschütze des gesamten Teams. Arghs, Regie und Realität beißen sich!