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Fallout 76 (Rollenspiel) – Postapokalyptischer Super-GAU

Fallout hat sich bei Bethesda von einem Taktik-Spektakel vor dem Hintergrund einer Postapokalypse zu einem der Rollenspiel-Schwergewichte schlechthin gemausert – offline wohlgemerkt. Doch mit dem überraschend  im Frühjahr angekündigten Fallout 76 verabreicht man dem Ödland eine Online-Kur und hat sich wie seinerzeit bei The Elder Scrolls Online erst einmal den Groll der Community zugezogen. Im ersten Teil unseres Tests verraten wir, welchen Eindruck wir nach 15 Stunden im nuklear verseuchten Virginia haben.

© Bethesda Game Studios / Bethesda

Update 19.11. 2018 – Test, Teil 2:



Die Motivation bröckelt

Ein Wochenende und damit etwa 14 weitere Stunden später ist meine Figur bei Level 23 angekommen. Und meine Motivation hat spürbare Dellen hinnehmen müssen. Unter anderem, weil zwei harte Abstürze, die einen Neustart erforderten sowie ein gutes Dutzend weitere Disconnects  mich immer weiter dazu trieben, Fallout 76 links liegen zu lassen, bis sich ein erster Patch der Performance-Probleme annimmt. Die äußerten sich übrigens auch immer noch in einer höchst unzuverlässigen Bildrate, die mit zunehmender Spieldauer stärker wurden – irgendwo ein Speicherleck? Doch ich habe den postapokalyptischen Appalachen immer wieder eine Chance gegeben. Auch wenn dies bedeutete, dass ich manche der „täglichen“ Missionen oder die unter „Verschiedenes“ laufenden Quests neu starten musste, nachdem ich neu geladen habe – selbst, wenn ich eigentlich schon auf der letzten Etappe war und ein Kontrollpunkt gesetzt wurde. Dass zu allem Überfluss eine Questreihe im Norden, der ich bedingt durch die offene Spielstruktur erst spät, aber dafür relativ viel Zeit gewidmet habe, kaputt ist und nicht beendet werden kann, nervt ebenfalls. Vor allem, wenn dieser Fehler bereits in der Beta-Fassung auftauchte und den Entwicklern bekannt war.

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Die Questlinie der Feueratmer gehört erzählerisch zu den besseren in Fallout 76. © 4P/Screenshot

Dafür bin ich jedoch auf zusätzliche Missionsreihen gestoßen, in denen ich mir wirklich wie in einem Offline-Fallout vorkam. Wie z.B. bei der Aufnahmeprüfung zu den Feueratmern, den Brandbekämpfungsspezialisten, der Grundausbildung im Armeelager und vor allem der mehrteiligen sowie über ein breites Stufenspektrum laufenden Aufgaben, die man für den Orden der Mysterien erfüllt. Hier war die Fallout-DNA so intensiv spürbar, dass ich mir wünschte, Bethesda hätte schon die angedeutete Option eingebaut, dezidierten Serverbetrieb für Solisten oder Teams mit Freunden zu ermöglichen. Und in diesen Momenten konnte ich viele der technischen Mankos ignorieren. Mit Ausnahme des Lags, der sich beim Kampf gegen Gegner, die sich in meinem Stufenbereichen befinden, enorm negativ auswirkt. Ich habe meine Bewaffnung auf Distanz ausgelegt. Doch wenn ich mir die Gegner nicht effektiv vom Hals halten kann, weil sie bedingt durch Lag noch einen Nahkampfangriff vom Stapel lassen, obwohl ich eigentlich ihren Ansturm gestoppt habe, ist das nervig und sorgt für übermäßigen und eigentlich nicht nötigen Verbrauch an Stimpaks. Die Gefühlshöhen und –Tiefen und damit auch der Einfluss auf die Motivation, durch die mich dieses Fallout jagt, sind enorm. Und die Heiß-Kalt-Schere klafft immer weiter auseinander.

Vom Gejagten zum Jäger

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Okay. Auf mich wurde ein Kopfgeld ausgesetzt, weil ich bei der Selbstverteidigung eine Ecke eines Zauns von einem Spielercamp getroffen wurde… © 4P/Screenshot

Meine ersten Berührungen mit dem „Gesucht“-System habe ich ebenfalls gemacht. Und während ich nach wie vor überzeugt davon bin, dass dieses Konzept gut geeignet ist, um Angriffe von Spielern auf andere Spieler oder ihr Eigentum zu bestrafen, hat die Umsetzung nicht nur Schönheitsfehler, sondern ein paar grundsätzliche Probleme. Eigentlich wollte ich mit einer Alterniv-Figur ganz bewusst Attacken auf andere Spieler durchführen. Doch wie der Zufall es so wollte, musste ich mit meinem Hauptcharakter den „Gesucht“-Status erleben. Beim Wandern durch die Umgebung bin ich auf ein recht weit ausgebautes Camp eines anderen Spielers gestoßen. Und während ich das Gebäude sowie das Umfeld bewunderte, griff mich ein Rudel Verbrannter an – eigentlich kein Grund zur Beunruhigung. Wenn, ja wenn ich nicht bei einem Gegner einen Fehlschuss gesetzt hätte, der im Zaun der Spielerbehausung einschlug. Das Ergebnis: Es wurden zehn Kronkorken auf meinen Kopf ausgesetzt. Hallo, Bethesda? Das war Kollateralschaden. Hätte man mir nicht eine Warnung geben können, dass wiederholtes Attackieren der gegnerischen Strukturen (in diesem Fall ein verdammter Schutzzaun) zu einem Wanted-Status führt und ich sofort mein Feuer einstellen soll? In diesem Fall hätte ich natürlich versucht, die Ghoule wegzulocken. Doch sei es drum, hab ich halt ein Kopfgeld. Doch diese Naivität sollte mich ebenfalls teuer zu stehen kommen. Denn es gibt tatsächlich nur eine Gelegenheit, diesen Status loszuwerden: Durch Tötung seitens eines anderen Spielers. Ich habe versucht, mich von einer Brücke zu stürzen. Hat nicht funktioniert. Ich habe mich von einer Todesklaue töten lassen – eher unbeabsichtigt, aber dennoch eine interessante Erkenntnis, dass ich nach der Wiederauferstehung immer noch gesucht war.