Dialoge und Lokalisierung
Was sehr schnell auffällt: Obwohl die wichtigen Dialoge gut inszeniert werden, obwohl man nachfragen und unterschiedlich in Gesprächen reagieren darf, kann sich BioWare gegenüber Mass Effect 3 nicht steigern, was Mimik, Gestik sowie die Qualität der Texte selbst angeht – im Gegenteil. Es ist zwar lobenswert, dass dieses Spiel angesichts der Fülle an Dialogen konsequent lokalisiert wurde. Und vor allem die wichtigen Charaktere wie der Zwerg Varric können sich, wie immer mit Ausnahmen, auch auf Deutsch hören lassen. Es gibt zudem stimmungsvolle Szenen, in denen sie emotional überzeugen und viel zur Atmosphäre beitragen. Zwar ist das nie lippensynchron, aber zumindest wirkt es noch natürlich.
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Aber erreichte BioWare in früheren Abenteuern fast schon ein intimes Kammerspiel-Niveau, wirkt das Schauspiel hier des Öfteren steril und das Gesagte austauschbar. Man wird den Qualitätsverlust spätestens bei den Nebenrollen bemerken, die teilweise stoisch ihre Texte aufsagen – ein frühes Beispiel dafür ist die Quartiermeisterin in Haven, viele andere folgen. Manche Dialoge in Nebenquests sind zudem schlecht geschrieben: Eine Ex-Ehefrau sucht mitten in der Wüste den Ehering, den sie in eine Spinnenhöhle geschmissen hat – oder so ähnlich. Solche Szenen könnten man in jedem Hack’n Slay verschmerzen, aber hier wirken sie unglaubwürdig und deplatziert.
Es kommt auch dazu, dass Händler oder andere Leute während eines Gesprächs fehlerhafte Bewegungen zeigen, wenn sie sich z.B. im Nichts anlehnen oder stützen. Auch die eigenen Gefährten flitzen teilweise wie irre durch Dialogszenen
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oder trippeln einen Meter über dem Boden mit einem Moonwalk in der Luft. Trotz besserer Technik gibt es also nicht nur hinsichtlich des Drehbuchs, sondern auch der Darstellung einige Rückschritte gegenüber den Standards, die BioWare selbst über Jahre gesetzt hat. All das ist natürlich der neuen Masse an Figuren geschuldet.
Beziehungen und Storypause
Und man kann sich daran gewöhnen, weil die eigenen Party-Mitglieder bzw. die neun potenziellen Gefährten in den relevanten Situationen besser animiert werden und sich zumindest teilweise ernsthaft, witzig oder verschroben unterhalten – vielleicht inklusive etwas zu viel Klamauk. Hinzu kommt erneut der Aufbau von Beziehungen, wenn man sich wirklich mit ihnen beschäftigt, also auch ihre persönlichen Quests verfolgt. Dann sind auch erotische Techtelmechtel möglich. BioWare bleibt sich also in diesem Bereich der Interaktion treu, denn das Interesse an den Begleitern wird belohnt. Jedesmal, wenn man etwas tut oder sagt, was einem Gefährten gefällt oder missfällt, leuchten kurz einer bis drei Plus- oder Minuspunkte auf. Allerdings kann man nirgends nachsehen, wie der emotionale Status quo gerade ist. Das muss man anhand des Verhaltens feststellen – und das ist gut so.
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Allerdings man muss in seiner Rolle nicht nur im Einstieg, sondern permanent Dämpfer hinnehmen, die der Identifikation schaden: Zwar reagieren einige Figuren unterschiedlich auf das Geschlecht sowie Volk des Helden (bis hin zu offenen Ablehnung von Zwergen oder Qunari), aber das wird manchmal total inkonsequent inszeniert. In einer Zwischensequenz kreischt eine Stadtbewohnerin in Val Royeaux, weil sie den dämonischen Elfen sieht, aber in den Spielszenen reagiert beim Spazieren niemand – das wirkt komplett statisch. In solchen Momenten zerreißt für mich der Faden, an dem meine Faszination als Rollenspieler hängt. Dazu gehört auch, dass man selbst nicht mehr so schauspielen kann wie in früheren BioWare-Abenteuern. Man kann seine Rolle also kaum moralisch oder charakterlich interpretieren: Zwar darf man Hilfe oder Aufträge ablehnen und auch mal schroff antworten, so dass die Begleiter düpiert werden, aber wer einen richtigen Schweinehund mit bösen oder komplett egoistischen Absichten spielen will, kommt nicht nur im Einstieg, sondern auch später nicht auf seine Kosten.