Veröffentlicht inTests

The Elder Scrolls Online (Rollenspiel) – Tamriel zwischen allen Stühlen

Es ist soweit. Tamriel hat seine Online-Tore geöffnet. Die Welt, die Offline-Rollenspielern mit Titeln wie Morrowind oder Skyrim hunderte erfüllte Stunden beschert hat, ruft zu den Waffen. Das Land muss vor den Daedra gerettet und unter der Führung einer der drei Allianzen geeint werden. Doch wie viel Elder Scrolls steckt wirklich in der Online-Welt? Der erste Teil des Test-Marathons liefert Antworten.

© Zenimax Online / Bethesda Softworks

Erzählerische Stärken?

Denn die Geschichten und Ankedoten, die man in Tamriel aufschnappt, sind aller Ehren wert und definitiv eines Elder Scrolls würdig. An der Oberfläche folgen sie Standard-Mustern wie „Verhindere das Attentat auf die Königin“ oder „Finde heraus, was in der Grabstätte passiert“. Doch wenn man sich auf die Erzählungen einlässt, bei denen sogar ein zufällig entdeckter Dungeon eine abgeschlossene Mini-Episode darstellen kann, gewinnt Tamriel an Tiefe. Man lernt über den Rassismus, mit dem sich z.B. die Khajit auseinandersetzen müssen. Man findet hinter vielen Antagonisten all zu menschliche Beweggründe, so dass die Entscheidung über ihr Schicksal mitunter sehr schwer fällt. Und im PvE (Spieler-gegen-Umgebung) der Kampagne sind es vor allem diese gut geschriebenen und häufig überraschenden Geschichten, die mich zum Weiterspielen animieren. Ich bin neugierig, was noch kommt. Und das sogar abseits der interessanten Hauptgeschichte, zu deren Fortsetzung mich der blinde Prophet, den ich im Tutorial befreit habe, immer wieder einlädt. Ich hoffe nur, dass die bislang getroffenen Entscheidungen sich irgendwann noch auswirken – und zwar nicht nur, um eine der spielinternen Errungenschaften abzusahnen.

[GUI_STATICIMAGE(setid=76025,id=92479956)]
Auch wenn man gelegentlich zu sehr an die Hand genommen wird, kann TESO bislang erzählerisch über weite Strecken punkten. © 4P/Screenshot

Dem gegenüber stehen jedoch die Online-Mechaniken, die sich auch hier nur selten mit Fokus auf Erzählung in Einklang bringen lassen und immer wieder zu Lasten der Atmosphäre gehen.Mit einer gut gelungenen Mischung aus instanzierten Ebenen mit individuellen Ereignissen sowie Gebieten, die allen Spielern das Gleiche zeigen, wird versucht, ein auf den Spieler bezogenes Erlebnis aufzubauen. Doch dies kommt allerspätestens in der (relativ frühen) Mission ins Wanken, in der man (ungeachtet der Klasse/Rasse) in einer Verkleidung versuchen muss, sich als V-Mann in eine gegnerische Fraktion einzuschmuggeln. Denn wenn man auf der Insel angekommen ist, begegnet man einem guten Dutzend Figuren, die genauso aussehen, wie man selbst. Und an dieser Stelle fragt man sich natürlich, wieso dies der zu infiltrierenden Gruppe nicht auffällt. Und wenn man an anderer Stelle in den Verstand wahnsinniger Figuren eindringt und von der Geisterstimme des Bosses getriezt wird, wird man komplett aus der Geschichte gerissen, wenn ein anderer Spieler vor einem durchs Bild huscht und die Illusion zerstört, die sich im eigenen Kopf aufgebaut hat – nämlich, dass man ein individuelles Abenteuer erlebt. An dieser Stelle waren sowohl Star Wars The Old Republic als auch Guild Wars 2 konsequenter: Es wurden immer wieder auch abseits von Schlüsselstellen Instanzen gebaut, die nur für mich (m)eine Geschichte erzählen.

Zwischenfazit, Teil 1



Die Stärken von The Elder Scrolls Online liegen bislang zweifelsfrei im erzählerischen Bereich. Mit bekannten Versatzstücken wie Büchern bekommt man optional viel Hintergrundgeschichte vermittelt. Und mit den guten deutschen bzw. wahlweise den sehr guten englischen Dialogen werden die spannenden Themen der Missionen optimal transportiert. Mit der Mischung aus instanzierten Bereichen und allgemeinen Gebieten versucht man, ein individuelles Erlebnis zu schaffen. Doch manche Online-Mechaniken vertragen sich schlichtweg nicht mit dem Erzähl-Fokus. Und auch TESO schafft es nicht, diesen gordischen Knoten zu lösen. Bei vielen anderen Bereichen hingegen schafft man den Spagat zwischen Elder-Scrolls-Assoziationen und Online-Bedürfnissen besser. Das Kampfsystem und die Charakterentwicklung gehen in Ordnung, die grundsätzliche Quest-Vielfalt und -Anzahl ebenso. In den nächsten Teilen des Test-Marathons beschäftigen wir uns u.a. mit Handwerkskunst, Wirtschaftsystem, Benutzerführung, Kulisse, Gruppendynamik, Gilden, PvP, Server-Performance usw.