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Shenmue 3 (Action-Adventure) – Schnitzeljagd mit Fanservice

18 Jahre nach der Veröffentlichung von Teil 2 ist es soweit – die japanische Entwickler-Legende Yu Suzuki hat es tatsächlich geschafft. Shenmue 3 ist fertig, Ryo Hazuki kann die Suche nach dem Mörder seines Vaters wieder aufnehmen. Die Gretchenfrage dabei: Kann die arg verspätete Fortsetzung heute noch überzeugen, wirken Spielprinzip und Technik nicht wie aus der Zeit gefallen? Im Test gehen wir diesen und vielen anderen Fragen nach!

© Ys Net / Ys Net / Deep Silver

Wenn Ryo nicht gerade Hinweisen nachspürt, trainiert, shoppt oder mit Shenhua am Abend seichte, aber anheimelnde Gespräche führt, entdeckt er in der überschaubar großen Spielwelt unzählige Anspielungen und Gimmicks – das ist Fanservice pur für Shenmue-Liebhaber: Im Bilderladen findet sich ein Porträt von Shenmue-2-Schurke Dou Niu, an den Wänden kleben Plakate von Virtua Fighter, in Capsule-Toy-Automaten warten Lan Di, Joy, Ren & Co. In den zahllosen Shops und Restaurants der Hafenstadt Niaowu sucht ihr nach gut versteckten, knubbeligen Plastikenten, im Holzfiguren-Café fühlt man sich wie in einer Freakshow und der Besuch im Tomato-Supermarkt löst wehmütige Gefühle aus. Eingekauft wird in Shenmue 3 übrigens per Menü, das behäbige Hinzoomen und Auswählen jeder einzelnen Ware ist passé. Ähnliches gilt auch für die Handhabe beim Untersuchen eines Zimmers: Wenn Ryo Schubladen öffnet, Schnapsflaschen anhebt oder Kommoden rückt, geht das erheblich angenehmer von der Hand als in den alten Teilen.

 

Mehr Komfort?

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Shopping auf Shenmue-3-Art: Die Menüs sind aufgeräumt, sehen aber nicht taufrisch aus. © 4P/Screenshot

Grundsätzlich gelingt der Spagat zwischen Serientreue und heutzutage üblichen Komfortfunktionen: Außerhalb von Sequenzen und Fights könnt ihr jederzeit speichern, vier Schwierigkeitsgrade regeln den Anspruch der Kloppereien, gelegentlich bietet das Spiel sogar an, zu bestimmten Orten zu springen oder Zeit verstreichen zu lassen. Nervig hingegen ist, dass man die zum Angeln nötige Ausrüstung stets nur leihen und einmal benutzen kann – das mindert den Spaß an der ansonsten entspannenden Beschäftigung. In seinem Tagebuch notiert Ryo nach wie vor alle Story-Hinweise zu seiner Schnitzeljagd, dort findet ihr außerdem Tipps zum Trainieren und Jobben, Infos zu den Nebenquests und grobe Karten der Schauplätze. Die Move-Ausrüst-Menüs und Einkauf-Bildschirme wirken allesamt altbacken, verrichten ihren Dienst aber tadellos.

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Schon schick: Überall werden Dinge feilgeboten, sitzen Menschen herum, steht Essen auf den Tischen. © 4P/Screenshot

Störender ist, dass sich abgesehen von Ryos wichtigsten Kontakten kein NPC an ihn erinnern kann: Fischhändler, Soda-Verkäufer, Tempel-Wächter oder Kung-Fu-Opa labern ihn stets mit denselben Worten an – egal ob man sie zum ersten Mal trifft oder zehn Sekunden zuvor mit ihnen geplaudert hat. An dieser Stelle wirkt das Spiel dann tatsächlich mal wie aus der Zeit gefallen. Andererseits kann ich es immerhin tun im Spiel – dieses Anlabern aller möglichen Zivilisten und Betreten von zahllosen Geschäften. Grundsätzlich ist es nämlich sehr schön zu sehen, dass überall Essen angeboten wird, dass in Geschäften dutzende Artikel in der Auslage stehen, dass so viele kleine Läden ihre Pforten öffnen – da kann man als verwöhnter PS4-Zocker schon mal darüber hinwegsehen, dass es wenig realistisch ist, dass im zweiten Stock eines Restaurants überall dampfende Gerichte am Tisch stehen, sich dort aber kein Gast niedergelassen hat. Serienfans freuen sich zudem in der zweiten Spielhälfte über die Option zu telefonieren. Zum Glück hat Ryo die Nummern von Fuku-san, Nozomi oder Joy in seinem Büchlein vermerkt…