Langer Besuch in Bailu
Ryo wird zunächst etliche Stunden im beschaulichen, mit vielen kleinen Wegen verbundenen, schön designten Gebiet des Dörfchens Bailu verbringen – die serientypische Schnitzeljagd schickt ihn mehrfach kreuz und quer durch das hügelige Areal. Anfangs sind dort nicht alle Locations zugänglich: Auf dem Weg zum Fischteich kehrt Ryo anfangs freiwillig um („Ich sollte mich hier vorher noch gut umsehen.“), anderswo versperren ein Karren oder ein verschlossenes Tor den Weg. Wer Spiele gern im Turbomodus absolviert, Gespräche wegdrückt (in Shenmue 3 ist das nur bei wiederholten Dialogen möglich) oder generell keinen Nerv für Suchen und Fragen hat, sollte einen großen Bogen um dieses gemütliche Abenteuer machen – Shenmue 3 kann man eigentlich nicht schnell zocken.
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Man würde als Spieler nicht nur all die wunderbaren, kleinen Dinge am Wegesrand und in den Arcades oder Teestuben übersehen, es würde auch schlicht nicht zu Ryo passen. Ein ums andere Mal lässt sich der nicht gerade wortgewandte Bursche von grantigen Greisen abspeisen oder bekommt nur eine heiße Teigtasche statt der erhofften Information. Wäre er nicht so sympathisch und angenehm zurückhaltend – man müsste ihn ohrfeigen und anbrüllen, warum ausgerechnet er als schlechtester und zögerlichster Detektiv der Welt einen Mord aufklären will. Der Musterknabe geht sogar jeden Abend zeitig ins Bett und kann nicht mal sprinten, wenn in der Spielwelt gerade ein Schild mit „Do not run“ herumsteht!
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Die Steuerung von Ryo geht in Ordnung: Ähnlich wie in den Vorgängern lenkt ihr den jungen Japaner per linkem Analogstick, die R2-Taste sorgt dafür, dass er rennt. Die Kameradrehung per rechtem Stick funktioniert gut und zickt nur in wenigen Fällen an besonderen Engstellen herum. Apropos Engstellen: Im Gegensatz zu einem Nathan Drake oder Asassins’s-Creed-Helden ist Hazuki-san schwerfällig – er bleibt schon mal an Kanten hängen oder bockig stehen, wenn ihm ein Passant den Weg versperrt; Abhänge und kniehohe Hindernisse mag er auch nicht. Weil Ryo während des normalen Spiels aber auch nicht schnell sein muss, stört das kaum. Verfolgungsjagden werden als bekannte Quick-Time-Sequenzen inszeniert – Ryo rennt dann, von coolen Kamerawinkeln in Szene gesetzt, der Spieler muss nur rechtzeitig z.B. nach unten oder A drücken, um über eine Mauer zu hechten, einer alten Frau auszuweichen oder unter einem Tritt hindurchzutauchen. Leider ist das Spiel an dieser Stelle zu fordernd – wer nicht über besonders gute Reflexe verfügt, muss diese Szenen mehrfach absolvieren; hier wäre ein gnädigeres Zeitfenster angebracht gewesen.