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Project CARS (Rennspiel) – Ein neues Motorsport-Erlebnis in VR

Project Cars gehört zur stetig steigenden Auswahl an Spielen, denen Entwickler nachträglich eine offizielle VR-Unterstützung spendiert haben. Die Slightly Mad Studios laden sowohl Besitzer von HTC Vive als auch von Oculus Rift dazu ein, die Renn-Simulation auf diese neue Art zu erleben, die VR-Piloten ins Cockpit der flotten Boliden versetzt. Nur ein Gimmick oder spielerischer Mehrwert? Das Fazit am Ende des Testberichts liefert die Antwort…

© Slightly Mad Studios / Bandai Namco

Die totale Anpassung

In einem Bereich macht Project Cars aber niemand etwas vor: den überragenden Anpassungsmöglichkeiten. Nein, ich meine hier nicht die ausgefeilten Setup-Optionen, bei denen man vom Fahrwerk über das Getriebe bis hin zur Aerodynamik, dem Reifendruck oder Motor so ziemlich alles in feinen Nuancen einstellen kann. Angesichts dieser Detailfülle, die für Laien zum Glück durch kleine Hilfstexte etwas greifbarer gemacht wird, kommen Nachwuchs-Mechaniker hier voll auf ihre Kosten. Doch während man dies bei einer selbst ernannten Simulation quasi erwarten kann, sind es vor allem die zahlreichen Anpassungsmöglichkeiten drumherum, wo Project Cars glänzt – und wo vor allem viele Konsolen-Titel versagen. Das geht schon damit los, dass ich sowohl innerhalb der umfangreichen Karriere als auch bei Einzelrennen mein Wochenende komplett selbst gestalten kann: Wenn ich es will, stürze ich mich einfach sofort in die Startaufstellung oder entscheide mich für das andere Extrem und absolviere zuerst noch beide Trainingsläufe, die Qualifikation und sogar das Warm-up. Oder vielleicht spare ich mir doch den einen oder anderen Teil? Ich habe alle Freiheiten! Dabei darf ich sogar festlegen, wie viel Zeit für die einzelnen Sessions angesetzt werden soll – und falls es mir doch zu lange dauern sollte, kann ich in der Box immer noch den Zeitraffer in mehreren Stufen einstellen.

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Die Cockpits strotzen nur so vor Details. © 4P/Screenshot

Aber das war noch längst nicht alles: Wenn ich es will, darf ich vor jedem einzelnen Rennen (inkl. Karriere-Veranstaltungen!) alles wieder umkrempeln und dabei sogar die Gegnerstärke verändern. Selbst die Boxenstopps lassen sich im Vorfeld mit genauen Anweisungen für die Crew planen. Wie viele Liter sollen nachgetankt werden? Welche Reifen mit welchem Reifendruck werden aufgezogen? Welche Schäden sollen repariert, welche ignoriert werden, weil es zu viel Zeit kostet? Falls man sich spontan umentscheidet, bekommt man bei der Einfahrt in die Box außerdem noch die Gelegenheit, Änderungen am ursprünglichen Plan vorzunehmen und damit spontan auf aktuelle Ereignisse zu reagieren. So gehört sich das! Und auch beim Festlegen der Rennbedingungen erreicht Slighly Mad ein ganz neues Niveau: Dass man Daten und Uhrzeiten für den Start manuell eingeben oder den Zeitverlauf skalieren darf, ist noch nicht so außergewöhnlich. Dass man das hervorragende Wettersystem nicht nur dynamisch gestalten oder festlegen, sondern sogar in bis zu vier Stufen skripten kann, dagegen schon. Wenn ich es so möchte, starte ich bei schönstem Sonnenschein, lasse zunehmend Wolken aufziehen und verwandele die ersten kleinen Regentröpfchen in einen Wasserfall aus dem Himmel, der zusätzlich noch mit Blitz und Donner, Sturm oder Nebel garniert wird. Was hier hinsichtlich des Wetters geboten wird, ist einfach sensationell – nicht nur visuell mit wunderschönen Lichteffekten bei Sonnenschein und fein aufgewirbelter Gischt auf nassen Pisten, sondern auch durch die spürbaren Auswirkungen auf das Grip-Niveau des Asphalts.

Technik-Tuning

Wie gut das alles aussehen soll, entscheidet man nicht nur am PC, sondern in leicht abgespeckter Form sogar auf den Konsolen in der Grafikeinstellungen, wo sich einige Effekte auf reduzieren oder deaktivieren lassen, um die Darstellungsqualität zu verbessern. Denn gerade auf Xbox One und der PS4 wird immer wieder deutlich, dass die hauseigene Engine der Slighly Mad Studios der Hardware mehr abverlangt, als sie aufbringen kann. Wird es eng im Grafikspeicher, wird zuerst mit deutlichem Tearing nach einer Entlastung gesucht. Doch selbst das und die Reduzierung der Auflösung auf 900p bei der Xbox One können nicht verhindern, dass die Bildrate in bestimmten Situationen spürbar in die Knie geht, falls sich z.B. gerade zu viele Autos gleichzeitig auf der Strecke tummeln und zusätzlich noch die sehenswerten Licht- oder Wettereffekte weitere Ressourcen fordern. Insgesamt ist die Performance auf den Konsolen trotz dieser Einschränkungen erstaunlich gut, wenn man bedenkt, was alles auf dem Bildschirm los ist.

Riesiges Starterfeld und KI-Probleme

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Der Feind des Grips: Regen und nasser Asphalt! © 4P/Screenshot

Vor allem unter Konsolenmaßstäben überzeugt Project Cars mit einem gewaltigen Starterfeld: Während sich bei Forza Motorsport oder Gran Turismo in der Regel maximal 16 Fahrzeuge auf den Pisten tummeln, drehen hier je nach Strecke und Klasse teilweise über 40 Wagen ihre Runden und es ist richtig was los! Aber schnell zeigen sich die Schattenseiten dieser famosen Blechlawine: Vor allem kurz nach dem Start zeigt sich oft, dass die KI angesichts dieser Massen schlichtweg überfordert ist. Spätestens wenn es auf die erste Kurve oder Schikane zugeht, verkommt das Rennen zu einem Stop-And-Go und teilweise sogar zu einem Stau, wenn die computergesteuerte Konkurrenz verzweifelt versucht, mit Hilfe der Wegfindung das Chaos zu entwirren. Aber genau das gelingt zu selten und so kommt es ständig zu einem Massenauflauf voller Rempeleien, den es in dieser Form im echten Motorsport nur in Ausnahmefällen zu sehen gibt, hier aber die Norm darstellt. Auch beim Start scheinen die anderen Fahrer noch nicht ganz wach zu sein und so gewinnt man auf den ersten paar hundert Metern überraschend viele Positionen, weil sich die Wagen vor mir offenbar alle gegenseitig behindern. Erst wenn sich das gigantische Feld nach ein paar Runden etwas auseinandergezogen hat, glänzt die KI wieder mit ihrer kämpferischen Einstellung, die in der finalen Version einen deutlich besseren Eindruck hinterlässt als noch in der Vorschau. Unnötige Rempel-Attacken treten zwar immer noch hin und wieder auf, doch meist fährt die Konkurrenz mit Köpfchen und weicht lieber aus bzw. bricht einen Angriff ab, anstatt es mit der Brechstange zu versuchen. Dadurch und aufgrund des gelungenen Verteidigungsverhaltens entstehen viele packende Positionsduelle, sobald man die richtige Gegnerstärke für sich entdeckt hat. Während auf den Konsolen diesbezüglich lediglich Zehnerschritte angeboten werden (von null bis 100), lassen sich die KI-Stufen auf dem PC mit der Maus sogar in Einerschritten festlegen.


  1. FUSiONTheGhost hat geschrieben:Zur Info, mit welchem Equip ich beide Sims getesett habe: Oculus Rift CV1 - RSeat RS1 - OSW Lenze - HE Pro - TH8RS (Shortshift Mod / Sparco Piuma Knob) - SimVibe via 4x Sinustec BS250 im Chassis Mode
    Klingt nach einem ordentlichen Rig, was ich so als Laie sagen kann. Wie fühlt es sich denn damit in VR an zu fahren?

  2. wired hat geschrieben:Alle genannten Titel sind mehr oder weniger gute Simulationen
    Danke, du hast das schöner, umfassender und vor allem freundlicher beantwortet als ich es gekonnt hätte.

  3. Mag sein, aber Assetto Corsas Physik ist ebenfalls verweichlicht, wenn man sie mit RFactor2 vergleicht.
    Ist ebenfalls eine weit verbreitete Ansicht in relation zu der Anzahl der Spieler. Und all diese Spiele machen keinen Stich gegen einen professionellen Simulator.
    Alle genannten Titel sind mehr oder weniger gute Simulationen, davon abgesehen, dass die älteren Simulationen die als Nonplusultra galten allesamt nicht mithalten können.
    Über die Qualität im Detail kann man streiten, man kann mit Begriffen wie Arcade oder Simcade um sich werfen, aber daraus resultiert kein allgemeiner Maßstab.
    Davon ab: Sogut Assetto's Physik auch sein mag, eine Rennsimulationen zeichnet sich durch weit mehr aus als die Physik, z.b. Features bzw. deren realistische Simulation, die im Motorsport eine Rolle spielen, wie Flaggen, Strafen, realistische Pitstops, Regen und vieles andere. RFactor 2 zeigt wies geht und PCars enthält ebenfalls einige dieser Features.
    Assetto Corsa sticht da nicht positiv hervor, im Gegenteil. Wurde und wird dafür auch oft kritisiert, bis zu dem Punkt dass die Entwickler dies auch in einer Reaktion zugaben.
    Abgesehen von der leblosen Gestaltung und nicht grade gelungenen Karriere.
    Die Physik kann all das für viele nicht wettmachen.
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    Warum wird die KI in dem Spiel eigentlich gelobt? Sie leidet vielleicht nicht an der Passivität anderer KI's, aber ich habe wenig Spiele erlebt in denen die KI sooft den Spielerrammt oder abdrängt, was in einem realistischen Spiel weitesgehend vermieden werden sollte. Davon ab gibt es einige Bugs die insbesondere Ausdauerrennen extrem frustrierend machen können. Die physic von PCars ist da vergleichweise vernachlässigbar.
    BTW: Raceroom Racing Experience hat sich in den letzten Monaten enorm gesteigert. Wäre schade, wenn es keine Beachtung mehr finden würde.

  4. 4P|r00t hat geschrieben:
    Gaspedal hat geschrieben:Project Cars ist leider ein Arcade Game mit Null Anspruch in Sachen Fahrphysik und Handling
    made me lol
    Im Vergleich zu Assetto Corsa ist die Aussage aber gerechtfertigt. Erst recht seit dem gestrigen Update von AC auch im Bezug mit der Rift (AA ist nun ebenfalls aktivierbar). Project Cars hat leider während der Entwicklungsphase stark nachgelassen, was das Physikmodell und das Fahrverhalten anbelangt. Die Entwickler sind wohl auch im Bezug auf den Konsolenmarkt zu viele Casual Kompromisse eingegangen.
    Probiere beide Simulationen mal mit ordentlichem Equip aus und du wirst merken, dass PCars was das Fahrverhalten angeht schon ziemlich verweichlicht wurde.
    Zur Info, mit welchem Equip ich beide Sims getesett habe: Oculus Rift CV1 - RSeat RS1 - OSW Lenze - HE Pro - TH8RS (Shortshift Mod / Sparco Piuma Knob) - SimVibe via 4x Sinustec BS250 im Chassis Mode
    Die Autos in PCars sind einfach nicht wirklich nachvollziehbar ob ihres Verhaltes auf der Strecke.

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