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Project CARS (Rennspiel) – Ein neues Motorsport-Erlebnis in VR

Project Cars gehört zur stetig steigenden Auswahl an Spielen, denen Entwickler nachträglich eine offizielle VR-Unterstützung spendiert haben. Die Slightly Mad Studios laden sowohl Besitzer von HTC Vive als auch von Oculus Rift dazu ein, die Renn-Simulation auf diese neue Art zu erleben, die VR-Piloten ins Cockpit der flotten Boliden versetzt. Nur ein Gimmick oder spielerischer Mehrwert? Das Fazit am Ende des Testberichts liefert die Antwort…

© Slightly Mad Studios / Bandai Namco

Klein aber gemein

Och nööö, das kann doch jetzt echt nicht wahr sein! 18 Runden lang habe ich diesen verdammten und ungewöhnlich giftigen Renault Clio mit viel Gefühl in Donington auf der Piste gehalten. Und dann das: Zwei Runden vor Schluss scheitere ich doch noch an der hypersensiblen Controller-Steuerung, das Heck bricht weg und ich drehe mich ins Kiesbett. Ganz toll, die Führung ist jetzt auf jeden Fall schon mal futsch! Bei Forza Motorsport oder manch anderem Rennspiel würde ich jetzt einfach die Rückspultaste betätigen, schnell einen neuen Versuch wagen und so frustfrei aus meinem Fahrfehler lernen. Aber das geht hier nicht. Und auch wenn ich mich teilweise schwarz ärgere, wenn ich einen Unfall baue oder ich die Bodenhaftung überschätze, bin ich doch ein bisschen froh darüber, dass mir Project Cars eine solche Option gar nicht erst anbietet. Ich fahre hier mit einer ganz anderen Anspannung – weil ich weiß, dass schon der kleinste Fehler das Aus bedeuten könnte. Trotzdem muss ich gleichzeitig ans Limit gehen, denn die Konkurrenz setzt mich je nach Stufe nicht nur gehörig unter Druck, sondern versteht es meist auch, ihre Position clever zu verteidigen. Genau das macht Rennfahren aus und Project Cars bildet die Faszination des Motorsports hervorragend ab!

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Teilweise kämpfen mehr als 40 Fahrzeuge um den Sieg – das Starterfeld ist gewaltig. © 4P/Screenshot

Das gilt nicht nur für die aufregenden Positionsduelle auf der Strecke, bei der sich die großartige Fahrphysik allerdings erst mit einem guten Force-Feedback-Lenkrad von ihrer besten Seite zeigen kann. Denn erst dann spürt man jede Bodenwelle auf dem Asphalt, kleine Berührung mit anderen Fahrzeugen und all die anderen Kräfte, die auf das Fahrzeug einwirken. Nur das Überfahren der Randsteine wird mir immer noch etwas zu schwach eingefangen. Trotzdem werden die Lenkbewegung zu einem kleinen Kraftakt beim Versuch, all die Pferdestärken zu bändigen. Selbstverständlich kann man sich mit einer Reihe von Fahrhilfen unter die Arme greifen lassen – eine Option, die vor allem bei der Controller-Steuerung ratsam ist, denn hier die Kontrolle zu behalten, ist ungleich schwieriger als mit einem Lenkrad, obwohl eine gewaltige Menge an Feineinstellungen angeboten werden, um auch die Pad-Steuerung nach eigenen Wünschen anzupassen und die Sensibilität dadurch etwas zu verringern. Aber es wird an allen Ecken deutlich: Project Cars wurde in erster Linie für die Verwendung von Lenkrädern gemacht und auch wenn sich ein Großteil des Fuhrparks auch mit dem Controller halbwegs gut steuern lässt, ist er als Eingabegerät nur zweite Wahl. Falls alle Stricke reißen, lassen sich neben den üblichen Verdächtigen wie Traktionskontrolle, Automatik-Getriebe, ABS sowie Stabilitätsprogramm sogar Brems- und Lenkassistenten hinzuschalten, die noch aktiver ins Geschehen eingreifen und die Fahrt dadurch noch stärker vereinfachen.

Realismus pur


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Die Licht- und Wettereffekte sehen mitunter atemberaubend aus. © 4P/Screenshot

Profis bekommen dagegen auf Wunsch das Komplettpaket: Die Hilfen lassen sich nicht nur komplett abschalten, sondern ähnlich wie in Assetto Corsa den realen Bedingungen anpassen – immerhin dürfen in manchen Rennserien auch in der Realität elektronische Fahrhilfen genutzt werden. Dazu gesellen sich weitere Realismus-Optionen wie ein vollwertiges Schadensmodell mit physikalischen Auswirkungen, Benzinverbrauch und eine Reifenabnutzung, die sich auf Wunsch sogar skalieren lässt. Schön auch, dass eine gute Reaktion beim Start endlich wieder belohnt wird, denn gerade auf den Konsolen reichte es in vielen Rennspielen zuletzt meist aus, einfach mit Vollgas darauf zu warten, dass die Ampel auf Grün schaltet und quasi mit einem Autopiloten anzufahren. Hier verschafft man sich mit einem guten Timing dagegen einen echten Vorteil, kann auf der anderen Seite mit einem zu nervösen Gaspedal aber auch einen Frühstart hinlegen – klasse! Wer noch näher an der Wirklichkeit sein will, aktiviert zusätzlich mechanische Fehler, muss dann aber jederzeit damit rechnen, ohne Fremdeinwirkung mit einem Motorschaden oder einem anderen mechanischen Defekt auszuscheiden. Das kann schon in der ersten Runde passieren oder aber auch kurz vor dem Ende eines Zwei-Stunden-Marathons. Und deshalb kann ich diese Option wirklich nur Puristen und / oder extrem Frust resistenten Fahrern empfehlen. Eine kleine Enttäuschung ist das Flaggen- und Strafsystem – nicht etwa, weil es zu pedantisch oder überkorrekt agiert, sondern weil das Gegenteil der Fall ist: Hier wird nach Lust und Laune ohne Konsequenzen abgekürzt, Flaggen scheinen kaum eine Bedeutung zu haben und man muss schon extrem viel dummes Zeug anstellen, bevor man bestraft oder gar disqualifiziert wird. Das Schadensmodell ist ebenfalls ein zweischneidiges Schwert: So schön es auch ist, dass hier endlich  wieder Teile von der Karosserie abfallen und die Boliden in Schrotthaufen verwandelt werden können, sind die Folgen zusammen mit der oft fragwürdigen Kollisionsphysik nicht immer nachvollziehbar.        


  1. FUSiONTheGhost hat geschrieben:Zur Info, mit welchem Equip ich beide Sims getesett habe: Oculus Rift CV1 - RSeat RS1 - OSW Lenze - HE Pro - TH8RS (Shortshift Mod / Sparco Piuma Knob) - SimVibe via 4x Sinustec BS250 im Chassis Mode
    Klingt nach einem ordentlichen Rig, was ich so als Laie sagen kann. Wie fühlt es sich denn damit in VR an zu fahren?

  2. wired hat geschrieben:Alle genannten Titel sind mehr oder weniger gute Simulationen
    Danke, du hast das schöner, umfassender und vor allem freundlicher beantwortet als ich es gekonnt hätte.

  3. Mag sein, aber Assetto Corsas Physik ist ebenfalls verweichlicht, wenn man sie mit RFactor2 vergleicht.
    Ist ebenfalls eine weit verbreitete Ansicht in relation zu der Anzahl der Spieler. Und all diese Spiele machen keinen Stich gegen einen professionellen Simulator.
    Alle genannten Titel sind mehr oder weniger gute Simulationen, davon abgesehen, dass die älteren Simulationen die als Nonplusultra galten allesamt nicht mithalten können.
    Über die Qualität im Detail kann man streiten, man kann mit Begriffen wie Arcade oder Simcade um sich werfen, aber daraus resultiert kein allgemeiner Maßstab.
    Davon ab: Sogut Assetto's Physik auch sein mag, eine Rennsimulationen zeichnet sich durch weit mehr aus als die Physik, z.b. Features bzw. deren realistische Simulation, die im Motorsport eine Rolle spielen, wie Flaggen, Strafen, realistische Pitstops, Regen und vieles andere. RFactor 2 zeigt wies geht und PCars enthält ebenfalls einige dieser Features.
    Assetto Corsa sticht da nicht positiv hervor, im Gegenteil. Wurde und wird dafür auch oft kritisiert, bis zu dem Punkt dass die Entwickler dies auch in einer Reaktion zugaben.
    Abgesehen von der leblosen Gestaltung und nicht grade gelungenen Karriere.
    Die Physik kann all das für viele nicht wettmachen.
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    Warum wird die KI in dem Spiel eigentlich gelobt? Sie leidet vielleicht nicht an der Passivität anderer KI's, aber ich habe wenig Spiele erlebt in denen die KI sooft den Spielerrammt oder abdrängt, was in einem realistischen Spiel weitesgehend vermieden werden sollte. Davon ab gibt es einige Bugs die insbesondere Ausdauerrennen extrem frustrierend machen können. Die physic von PCars ist da vergleichweise vernachlässigbar.
    BTW: Raceroom Racing Experience hat sich in den letzten Monaten enorm gesteigert. Wäre schade, wenn es keine Beachtung mehr finden würde.

  4. 4P|r00t hat geschrieben:
    Gaspedal hat geschrieben:Project Cars ist leider ein Arcade Game mit Null Anspruch in Sachen Fahrphysik und Handling
    made me lol
    Im Vergleich zu Assetto Corsa ist die Aussage aber gerechtfertigt. Erst recht seit dem gestrigen Update von AC auch im Bezug mit der Rift (AA ist nun ebenfalls aktivierbar). Project Cars hat leider während der Entwicklungsphase stark nachgelassen, was das Physikmodell und das Fahrverhalten anbelangt. Die Entwickler sind wohl auch im Bezug auf den Konsolenmarkt zu viele Casual Kompromisse eingegangen.
    Probiere beide Simulationen mal mit ordentlichem Equip aus und du wirst merken, dass PCars was das Fahrverhalten angeht schon ziemlich verweichlicht wurde.
    Zur Info, mit welchem Equip ich beide Sims getesett habe: Oculus Rift CV1 - RSeat RS1 - OSW Lenze - HE Pro - TH8RS (Shortshift Mod / Sparco Piuma Knob) - SimVibe via 4x Sinustec BS250 im Chassis Mode
    Die Autos in PCars sind einfach nicht wirklich nachvollziehbar ob ihres Verhaltes auf der Strecke.

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