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Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots (Action-Adventure) – Metal Gear Solid 4: Guns of the Patriots

Alles hat irgendwann ein Ende. Traditionen verschwinden, Erinnerungen verblassen und Helden sterben. Der Tod gehört genau so zum Kreislauf des Lebens wie zur Welt der Spiele. Aber nur sehr selten werden die damit verbundenen Gefühle von Trauer, Abschied und Melancholie so in das Design eines virtuellen Abenteuers eingeflochten, dass man als aktiver Spieler emotional berührt wird. Wer kann so etwas leisten? Manche Filme. Manche Bücher. Und Hideo Kojima.

© Kojima Productions / Konami

Charakterentwicklung

CQC in Aktion: Ihr könnt Feinde elegant ausknocken, entwaffnen oder bedrohen, um sie dann nach Gegenständen zu untersuchen.

Dass die kreativen Japaner Filme und Musik auf Hollywoodniveau inszenieren können, ist allen Serienkennern bekannt. Und Michael hat ausführlich beschrieben, auf was ihr euch freuen könnt: nicht weniger als auf einige cineastische und akustische Höhepunkte der Spielegeschichte: Darunter der coolste Heiratsantrag, den man sich vorstellen kann – vergesst Tiefseetauchtrauung oder ein Himalaya-Jawort. Eine der großen Stärken ist aber auch die Charakterentwicklung, die in dieser Form kein Teil für sich bieten konnte. Und da geht es nicht um Technik und Zwischensequenzen, sondern um Regie. Kojima hat es meisterhaft verstanden, nicht nur all die offenen Personalfragen früherer Teile zu beantworten, sondern auch überraschende Entwicklungen und Beziehungen in vermeintlich bekannte Figurenkonstellationen zu bringen.

Da ist ein kleines Mädchen, das zu Beginn wie ein scheuer Internetjunkie mit Sprechstörungen wirkt. Und dann? Wartet es ab. Da ist ein junger Söldner, der zu Beginn wie ein feiger Hosenscheißer wirkt. Und dann? Wartet es ab. Da ist ein Wissenschaftler, der nur an seinen Beruf zu denken scheint. Und dann? Wartet es ab. Da sind überraschende Romanzen, verborgene Eifersüchteleien, alte Rachegedanken und so viele menschliche Motive, dass die Rettung dieser glaubhaften Welt immer wertvoller wird. Kurzum: Ich kenne kein Spiel, das erzählerisch so stark ist.

Stealth oder Shooter?

Die Griff- und Hiebanimationen wirken im CQC elegant, aber wenn es in den Kampf mit mehreren Gegnern geht, wirken gerade das Fallen und nach hinten schupsen zu steif.

Das ist eine große Leistung. Aber die war abzusehen. Wie sieht es spielerisch aus? Wie sieht das traditionell gespannte Verhältnis von Schleichen und Action aus? Kojima lässt euch die totale Freiheit: Wenn ihr wollt, könnt ihr das Spiel wie einen Shooter in Egosicht und mit viel Krawumm angehen – inklusive des größten Waffenarsenals aller Metal Gear-Zeiten, von der Pistole über zig Granaten bis zum Raketenwerfer und der Railgun. Ihr könnt jederzeit Waffen kaufen und modifizieren, ihr seid schwerer bewaffnet als in Call of Duty 4. Und hier kann man Kojima den Vorwurf machen, dass er der stupiden Ballerei selbst keine Grenzen auferlegt.

Dabei hat diese Freiheit durchaus Vorteile: Ich werde nicht in ein Korsett gezwungen! Wenn ich in meinem Versteck liege und beobachte, wie ein Unschuldiger abgeführt und dann exekutiert wird, steigt die Wut auf. Am liebsten würde ich das ganze Lager befreien. Scheiß auf den Auftrag! Wenn ich will, kann ich jetzt zum Granatwerfer greifen, die Menschenrechtsverletzungen sühnen und all diese Killer in einem Amoklauf vernichten. Wenn ich will, kann ich mein Spiel also jederzeit umstellen.

Aber hätte er als Spieldesigner dem billigen Weg nicht Steine in den Weg legen müssen? Hat er nicht mal gesagt: This is MGS, no FPS? Hätte er für den letzten Teil, indem es auch um den Konflikt zwischen industrieller Kriegführung und den alten Soldateninstinkten geht, nicht Letzteren fördern sollen? Das Spieldesign ist so offen ausgelegt, dass man sich ohne moralische oder inhaltliche Konsequenzen wie ein Rambo ins Finale bomben kann. Waffen und Munition gibt es genug. Aber wenn man das tut, macht man sich als Spieler zur Hure derselben Kriegswirtschaft, die in der Story angeprangert wird!

Ob Kojima diese Rolle, die Snake zum Opportunisten des Krieges macht, bewusst offen halten wollte? Ich weiß es nicht. Aber es wäre geschickter gewesen, wenn man reinen Ballerorgien über deutliche Konsequenzen Einhalt geboten hätte – vielleicht, indem Otacon über den Funk zur Besinnung aufruft; vielleicht, indem man nach drei ausgelösten Alarmen das Game Over einblendet. Aber im Gegensatz zu einem GTA IV, wo mein Charakter trotz seiner Skepsis irgendwann gezwungen wird, den Ballerweg zu gehen, kann ich hier einen ganz anderen einschlagen. Wenn ich keinen Bock auf Krawumm habe, kann ich wie in alten Zeiten schleichen. Und genau das war mein Weg.
         

  1. Im Juni 2008 für die Fatboy-PS3 (mit dem schrecklichen Spiderman-Font) gekauft und nach Akt 2 zur Seite gelegt, weil ich seinerzeit noch einen Röhrenfernseher hatte und mir das nicht länger in 480i über Composite antun wollte.
    Knapp 12 Jahre später nun auf einem ordentlich HDTV-Gerät mit einer Superslim-PS3 und dem dankbaren "Install all acts at once"-Patch nun endlich nachgeholt.
    Und naja: It's a total effin mess. Man merkt die meiste Zeit über deutlich, dass Kojima sich die Geschichte für dieses Spiel, das er gar nicht mehr machen wollte, aus dem Allerwertesten ziehen musste. Wie sehr dabei auf die Entwicklung der Charaktere gerade des ersten Teils für dieses Sequel gejissen wurde, ist phänomenal. Das Spiel will von oben bis unten, gerade ab Akt 3, ein einziger gigantischer Fan-Service sein – und teils gelingt das meines Erachtens auch ganz gut, wie z. B. auf Shadow Moses Island – aber verstrickt sich dabei zu oft in rein selbstzweckhafter Eigenreferenz ohne ausreichenden memetischen Spannungsaufbau. Besonders schlimm zum Tragen kommt es bei den in ihren Einzelteilen aus Bossen der ersten drei Ableger zusammengewürfelten B&B-Corps-Bossen, die durch die Bank nicht den Witz vergangener Boss-Duelle versprühen können.
    Unter'm Strich bereue ich es aber nicht, die Quadrilogie für mich zu einem Abschluss gebracht zu haben – wer Metal Gear Solid spielt, muss eben einen B-Movie mit Double-A-Grafik und Solo-A-Gameplay erwarten, bekommt dafür aber Triple A in Sachen Liebe zum Detail, voller naschhafter Verschrobenheit. MGS4 wartet nur leider mit der Abstand größten Menge an Plotholes und einem generell überladenen Drehbuch auf.
    Und dann wird aufgrund eines Plagiatvorwurfs nicht einmal das originale MGS-Theme von Tappi Iwase zitiert ... :(
    Ich fühle eine 74/100.

  2. CryTharsis hat geschrieben:
    SSBPummeluff hat geschrieben:Also ich habs vor 2 Tagen durchgespielt, und die Story hat mir verdammt nochmal gefallen, die Videoseuenzen waren super, nur Akt 1 hat mir nicht so gefallen, das Kriegsszenario war für mich ätzend, brauch beim Schleichen meine Ruhe :P
    Wo hat man denn sonst noch schleichen können? :lol:
    .
    Bei den Ausspionieren des Widerstandstyps, zumindest hab ich versucht mich nicht von irgendwem da erwischen zu lassen^^
    Von querschlägern wurde ich auch immer getroffen, selbst wenn ich hinter ner Hecke war und ich nirgends nen Feind entdecken konnte xD Und ich hab mich extra umgeguckt, weil es so aussah als ob man auf mich gezielt hätte, aber kein Alarm aktiv O.O

  3. CryTharsis hat geschrieben:Aber das es in den Schleichgebieten (Akt 1 + 2) meistens sehr "lärmig" zuging, fand ich auch eher störend.
    Aber hallo. Vor allem die grottenschlechten Skripte oder was auch immer es war haben mich echt aufgeregt. Da schleicht man ungesehen durch die Gegend, während einen Häuserblock weiter ein Feuergefecht stattfindet und wird plötzlich von Kugeln getroffen. Are you serious, Mr. Kojima? Projektile penetrieren 20-30 Meter Beton und treffen rein zufällig mich?
    In Akt 2 genau das selbe: Da umschleicht man großräumig die einander bekämpfenden Parteien, kriecht fernab des Schlachtfelds durchs hohe Gras und wird getroffen. Jaja, Querschläger und so. Am Arsch.
    (Ich muss aufhören, sonst artet das wieder aus, mein Hass auf die MGS-Reihe ist einfach unglaublich)

  4. Ich weiß auch nicht was viele gegen Akt 1 haben. Mir hat der ehrlich gesagt auch noch am besten gefallen. Die anderen "Akten" finde ich aber auchs ehr gut.

  5. SSBPummeluff hat geschrieben:Also ich habs vor 2 Tagen durchgespielt, und die Story hat mir verdammt nochmal gefallen, die Videoseuenzen waren super, nur Akt 1 hat mir nicht so gefallen, das Kriegsszenario war für mich ätzend, brauch beim Schleichen meine Ruhe :P
    Wo hat man denn sonst noch schleichen können? :lol:
    Ich fand der erste Akt war der beste, da hier die Balance aus Schleichen und Videosequenzen noch gut war. Diese wurde je Kapitel dann immer schlechter, bis man im letzen Akt dann nur noch ein Schleichgebiet hatte und sonst nur noch Videosequenzen, Button Smash Events und Bosse.
    Aber das es in den Schleichgebieten (Akt 1 + 2) meistens sehr "lärmig" zuging, fand ich auch eher störend.

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