CryEngine nicht im Griff
Auch auf dem PC werden ständig Texturen nachgeladen, selbst in kleinen Regionen. Aber vor allem auf Konsolen kommen schwere technische Defizite hinzu, die demonstrieren, dass die Warhorse Studios die CryEngine einfach nicht im Griff haben: Wenn man per Schnellreise über die sehr hübsche Karte zu einem Ort navigiert, muss man sich auch auf PlayStation 4 Pro und selbst auf Xbox One X auf die übelsten Pop-ups vorbereiten, die mir in den letzten Jahren begegnet sind. Als ich von Uschitze nach Rattay zurückreiste, sah ich trotz Ladepause zunächst weder Zugbrücke noch Burg oder Hintergrund – da war gar nix außer Boden, alles andere poppte nacheinander auf wie in einer Diashow. Bis endlich alles da und (!) scharf texturiert war, vergingen mehrere Sekunden. Selbst auf der theoretisch potenteren Xbox One X sind die plötzlich auftauchenden Objekte ein Graus, während es auf dem PC lediglich um verspätetes Nachladen von Texturen geht.
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Ich bin normalerweise jemand, der selbst über diese technischen Defizite hinwegsehen kann, wenn sie irgendwann oder nur sporadisch auftauchen, aber dieses Anzeigeproblem ist vor allem auf Konsolen ein chronisches, das an nahezu jedem Ort festzustellen ist, der erst aufgebaut wird. Meine Notizen sind aber auch dermaßen voll mit inhaltlichen Bugs, dass ich mich frage, warum man das Spiel in diesem Zustand überhaupt veröffentlicht hat. Das ist hinsichtlich der Produktionsqualität eine Stufe unter dem ebenfalls störrischen Elex anzusiedeln, das trotz seiner spröden Technik und Bugs noch solide bis gut unterhalten konnte. Kingdom Come fühlt sich mitunter eher an wie die älteren Piranha-Bytes-Baustellen mit ihren tiefen Löchern. Und das ist deshalb so ärgerlich, weil es Elex hinsichtlich Weltdesign und Immersion theoretisch so klar überlegen ist! Dass der nächste Patch erst in zwei Wochen erscheinen soll, ist daher vollkommen unverständlich. Warum aus der Freude über die vielen lobenswerten Ansätze immer wieder Frust über die schlampige Entwicklung und damit eine Kaufwarnung wird, sollen die folgenden Beispiele erklären.
Fehlschützen und Fehlspeicher
Wenn ich mich mit Heinrich zum Bogenschießen-Wettbewerb anmelde und dafür meine kostbaren Groschen setze, werde ich selbst als Sieger bestraft. Wie das? Ich treffe besser als die Konkurrenz, liege nach Punkten vorne, aber einer der beiden anderen Schützen schießt einfach nicht weiter. Selbst wenn ich die Zeit um eine Stunde vorspule, steht er immer noch regungslos mit vollem Köcher da. Ich bewege mich also auf den Turnierleiter zu, der mich daraufhin disqualifiziert, weil man
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sich laut Regelwerk ja nicht bewegen darf, bevor das Schießen vorbei ist – neben dem Anschiss verliere ich also auch mein Geld. Und das ist gerade im Einstieg sehr knapp bemessen. Damit nicht genug, motzen mich die jetzt rückwärts (!) laufenden Konkurrenten noch an, weil ich den Bogen noch in der Hand habe. Ich steck ihn weg, versuch es nochmal, aber obwohl etwas laut Dialog stattfinden soll, passiert gar nix. Ich versuche es später nochmal in einem anderen Ort – auch dort verschwende ich meinen kompletten Einsatz, weil derselbe Bug auftritt, aber ein anderes Mal läuft es dann plötzlich reibungslos. Und dann zeigt sich, wie schwierig, aber auch authentisch der Umgang mit dem Bogen inszeniert wird – es gibt ja kein Fadenkreuz wie in einem Shooter, man kann nicht zu lange anvisieren und muss mit Augenmaß anvisieren. Wer auf diese Art z.B. Hasen jagt, wird auch aus nächster Nähe viele Versuche brauchen; dass sich Rotwild so robotisch und dumm bewegt hilft allerdings bei der Beutejagd. Mir gefällt das trotz der hohen Lernkurve gut, aber mir macht das aufgrund der hohen Bugdichte keinen Spaß. Übrigens liegt die Qualität der animierten Fauna etwa eine Klasse unter jener der Flora; weder Pferde noch Kühe oder Rehe bewegen sich auf dem Niveau aktueller Top-Spiele. Und das Reiten selbst macht nicht so viel Spaß wie in vergleichbaren Titeln.
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Apropos Glück: Auch das extrem nervige Speichersystem ist so wankelmütig. Eigentlich wird im Laufe von Aufgaben sowie nach dem Übernachten automatisch gespeichert – aber eben nicht immer. In den ersten Stunden lief noch alles problemlos, aber so nach zehn bis zwanzig Stunden häuften sich die Probleme. Darüber kann man spätestens dann nicht mehr hinwegsehen, wenn man komplette Quests nochmal angehen muss, weil das Spiel wieder abstürzt. Ich habe auf der PlayStation 4 Pro zwar nicht ständig, aber etwa fünf, sechs mal den Bluescreen gesehen, weshalb ich immer hoffen musste, dass ich wenigstens bei der letzten Schlafstätte beginnen konnte. Das manuelle Speichern ist leider nur mit dem so genannten „Retterschnaps“ möglich, der mit 80 Groschen auch noch recht teuer ist. Ich will mit dem Geld meinen Charakter ausrüsten und ausbilden, aber nicht die Angst vorm Absturz bezahlen! Ich verstehe ja den hehren Ansatz, aber die Umsetzung ist nichts als Realsatire. Die Entwickler hätten lieber ihr Spiel retten und das Speichern jederzeit freigeben sollen. Aber einen Vorteil hat der Zwang zum erneuten Start einer Quest: Man kann die saubere und die fehlerhafte Variante erleben – oder einen anderen Weg ausprobieren.