Faschistoider Phönix aus der Asche

Moment mal, habe ich da oben schwer bewaffnet gesagt? Wurden die Helghast damals nicht komplett besiegt? Wieso dürfen die wieder Waffen und Panzerungen tragen? Diese erneute militärische Präsenz und Stärke der Erzfeinde wirkt auch eine Generation nach den Ereignissen aus Killzone unlogisch. Warum sollten die Vektaner den faschistoiden, hoch aggressiven Helghanern wieder Sturmgewehre und Geschütze zugestehen? In ihrer eigenen Stadt? Das wäre vergleichbar mit den Briten, die nach dem Zweiten Weltkrieg mal eben Platz in London machen und irgendwann die donnernden Stiefel der Waffen-SS dulden. Wenn wenigstens ein gemeinsamer Feind kommuniziert würde, also eine Bedrohung von außen, aber so wirkt diese Stärke der Unterdrückten nicht schlüssig. Dass sie angeblich heimlich an einer Superwaffe bauen und Lucas deshalb von seinem Mentor auf Mission geschickt wird, bringt die Kampagne dann zumindest in Gang.
Und die hat es in sich, denn Killzone überrascht mit frischen spielerischen Facetten: Ging es bisher meist um zermürbende Gefechte mit reichlich Explosionen, viel Projektilgerotze und fast schon bedrückender Schützengrabenstimmung, öffnet sich der Shooter zum einen mehr Taktik und zum anderen mehr Erkundung. Natürlich ist man im Kern immer noch in Egosicht unterwegs, schaltet zwischen recht konventionellen Waffen und ihren zwei Schussmodi hindurch, kann in die Knie gehen, recht cool aus dem Lauf grätschen und weiter schießen oder aus der Deckung heraus feuern – das Ganze fließend ohne An-die Wand-Tacker-System, also ohne Knopfdruck.
Lucas hat allerdings eine schwebende Drohne dabei, die er z.B. als temporären Schild gegen Projektile, als Angreifer aus der Distanz, als elektrischen Schockbomber oder für die Aufklärung nutzen kann. So kann man z.B. gezielt zwei Wachen ablenken und diese im Nahkampf erledigen; sehr schön sind auch Situationen, in denen man die zum Alarmturm laufende Wache per Drohne aufhält, kurz bevor die Sirene heult. Schade ist, dass der fliegende Begleiter quasi dauersicher ist – er kann nicht einmal für eine Mission permanent, sondern immer nur temporär zerstört werden. So ist das Gefühl der Sicherheit zu groß: Wartet man halt ab und schickt ihn wieder los! Trotzdem ist die Drohne eine sinnvolle Bereicherung, auch wenn man sich im Laufe der Kampagne etwas mehr Entwicklung, sprich weitere Aktionen gewünscht hätte. Es wäre sehr motivierend gewesen, wenn man Teile oder Know-how zur Aufrüstung der Drohne gefunden hätte. Das Wischen für die vier Befehle ist auf dem sensiblen Touchpad übrigens zu störrisch: Man kann sich daran gewöhnen, aber ein einfaches Drücken wäre die bessere Wahl gewesen.
Neue Freiheit in der Erkundung

Lucas kann seine Umgebung nach Wachen scannen und diese dann auf mehrere Arten ausschalten oder umgehen. Der Kniff dabei: Man darf beim Scannen nicht zu lange das Steuerkreuz gedrückt halten, sonst wird ein Alarm ausgelöst – eine gute Idee! Und wenn die Sirenen mal heulen, sollte man schleunigst seine Drohne zum Terminal schicken, damit sie das System hackt und stumm schaltet. Sonst landet gleich der nächste Heli mit Verstärkung. Es gab ja schon im letzten Killzone kleinere Abschnitte, in denen man schleichen und leise töten musste. Schön ist, dass man hier noch mehr räumliche Freiheit bei diesen Aufträgen hat. Schon der erste Abschnitt in der Wildnis ermöglicht viele Routen zu diversen Zielen, denn überall stehen Bunker und Wachtürme. Mal muss man z.B. einen Hang hinauf klettern, wobei das Gestein wegbröckelt und man über Abgründe springen muss.
Damit man entfernte Punkte schnell erreicht, kann man aus höherer Position dank der Drohne auch ein Seil abschießen und daran herunter gleiten – so lassen sich einige Schwindel erregende Abschnitte überwinden; außerdem kann man dann aus dem Gleiten heraus feuern oder den Zielpunkt so timen, dass man eine Wache direkt mit dem Aufprall erledigt. Sehr elegant ist der neue tödliche Messerwurf, den man im Moment eines Sprungs von oben einleiten kann. Diese Hinrichtungen im Nahkampf sind allerdings recht leicht und selbst in hart umkämpften Szenen voller Unterdrückungsfeuer kann man mal eben schnell zum Genickbruch in Handarbeit ansetzen.