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Ghost of Tsushima (Action-Adventure) – Blut im Sommergras

Im Jahr 1274 wird die Insel Tsushima von den Mongolen angegriffen. Im Auftrag von Kublai Khan sollen sie ganz Japan erobern. Als sie zu Zehntausenden am Strand landen, stellen sich ihnen 80 berittene Samurai entgegen. Genau an diesem Punkt der historischen Überlieferung beginnt Ghost of Tsushima. Danach öffnet sich eines der schönsten und elegantesten Abenteuer, die man in offener Welt erleben kann.

© Sucker Punch / Sony

Rollenspielflair in offener Welt

Wer die Insel frei erkundet, kann viele Spuren der Invasion finden: Zerfetzte Banner wehen an halb verkohlten Türmen, manche Häuser sind eingestürzt oder Belagerungsgerät wartet noch vor Toren. Neben dem auf lange Sicht natürlich etwas wiederholungsanfälligen Aufsuchen von Schreinen, heißen Quellen, Bambusständen, Friedhöfen oder alten Säulen, die alle andere Boni bringen, kann man auch auf zufällige Ereignisse treffen, die man aus Rollenspielen von Skyrim bis The Witcher 3 kennt.

Besonders lustig ist, dass die Schwarzbären in den Wäldern auch andere Wanderer oder ganze Patrouillen in Kämpfe verwickeln (oder umgekehrt) – diese Gefechte kann man aus der Distanz beobachten und sie gehen immer anders aus. Aber meist fliegt ein Mongole im hohen Bogen durch die Büsche. Wer es auf das Fell des Bären abgesehen hat, muss evtl. keine Pfeile verschwenden…

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Ab der Mitte des Spiels verändern sich einige Dinge… © 4P/Screenshot

Erzählerisch interessanter wird es, wenn man mitten in der Wildnis Notizen findet und dann Spuren einer geflohenen Familie folgt. Oder wenn man plötzlich Hilferufe hört, vielleicht im letzten Moment eine Exekution verhindern kann oder eine Patrouille aus Mongolen mit Gefangenen beobachtet. Die bedanken sich übrigens nach der Befreiung  manchmal nicht nur mit Proviant, sondern auch mit einer neuen Quest. Und wenn man Lager von Flüchtlingen entdeckt, kann man nicht nur auf Händler zugreifen, sondern erhält vielleicht im Gespräch den Hinweis auf eine Legende oder ein Gerücht.

Spuren japanischer Mythologie

Hier gibt es tolle kleine Geschichten, in denen es trotz des eher historischen Ansatzes auch um einige Aspekte der japanischen Mythologie geht, also um Kami und Kappa, um Yokai und Tengu. Falls euch das Thema interessiert, haben wir hier zwei Videos parat. Es gelingt Sucker Punch jedenfalls sehr gut, den Volksaberglauben zu integrieren. Jin kann diesen sagenhaften Erzählungen dann meist in grau markierten Nebenmissionen auf den Grund gehen.

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zu Beginn könnt ihr euch eines von drei Pferden aussuchen und einen Namen dazu. © 4P/Screenshot

Was hat es z.B. mit dem Geisterwald auf sich? Warum hängen da überall Leichen an den Bäumen? Die Mongolen waren es jedenfalls nicht. Und haben die Banditen der alten Frau tatsächlich den Reis gestohlen? Wer erst lauscht, anstatt sofort zuzuschlagen, kann manchmal auch mehr erfahren und die Mission gewaltlos lösen. Man hat ab und zu also die Wahl, übrigens auch, ob man einen flüchtenden Banditen tötet oder ziehen lässt – vielleicht verbreitet er ja die Legende des Samurai? Auch in diesen Szenen hat man das Gefühl, dass Sucker Punch vielleicht mal etwas mehr Rollenspiel anstrebte. Stichwort: Moral und Karma.

 

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Die Steuerung ist schnell verinnerlicht. © 4P/Screenshot

Hinzu kommt trotz der sich wiederholenden Szenen, denn letztlich befreit man natürlich meist Gefangene oder Lager, das gute Gefühl, dass man die Insel langsam befriedet: Wenn man ein Dorf befreit, sieht man ähnlich wie in The Witcher 3, wie die Leute wieder in ihre Häuser ziehen und alles reparieren. Manchmal ergibt sich dann auch eine weitere Mission, wenn man später zurückkehrt. Besonders interessant und meist etwas gefährlicher sind die Geschichten um die mythischen Waffen und Rüstungen, die von Musikanten erzählt werden: Folgt Jin diesen Hinweisen, kann er sie finden – aber muss dabei mt deutlich mehr Gefahren rechnen, denn auch die Mongolen oder andere Mächte haben es manchmal darauf abgesehen. So entsteht ein überaus vielfältiges Abenteuerflair.