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Fallout 3 (Rollenspiel) – Fallout 3

Der amerikanische Traum ist im Jahr 2077 geplatzt, als die heile Welt in einem Nuklearkrieg unterging. Zweihundert Jahre später zeigt das postatomare Zeitalter seine hässliche Fratze: Dort, wo einst die weiße Architektur Washingtons strahlte, beherrschen Schutt und Betonreste ein radioaktiv verseuchtes Ödland. Dort, wo sich einst Tellerwäscher und Millionäre die fleißige Hand gaben, reichen sich jetzt Ghule und Supermutanten die blutige Kralle. Warum sollte man da seinen gut gesicherten Schutzbunker verlassen?

© Bethesda Softworks / Ubisoft

Was soll ich als Erstes tun?

Mutationen überall: Kühe mit zwei Köpfen sind keine Seltenheit. Karawanen ziehen mit ihnen durchs Land.

Und es gibt reichlich Aufgaben: Angefangen von einfachen Reparaturarbeiten, Boten- und Sammeldiensten über die Mithilfe bei einem Buch, das von euch fast experimentellen Mut plus einen Schuss Lebensmüdigkeit erfordert, oder der Suche nach einem entflohenen Androiden, der sich wie ein normaler Mensch tarnt. Und gleich zu Beginn, als ihr im Saloon der ersten Stadt Megaton eintrefft, bietet euch ein Typ in einem Mantel an, das Kaff für 100 Kronkorken hochgehen zu lassen – ihr sollt nur die Atombombe zünden, die im Zentrum schlummert. Diese wird allerdings von einer religiösen Gruppe als nuklearer Heilsbringer verehrt…

Diese kleinen wirren Geschichten innerhalb der großen epischen Geschichte können sich durchaus mit dem messen, was sonst nur BioWare aus dem Rollenspielhut zaubert. Außerdem zieht sich durch viele Aufträge ein angenehm morbider Humor. Irgendwann findet man ein Audiotape und der erste Satz lautet: „Wenn sie dieses Band abhören, klebt mein Hirn an der Wand.“ Danach wird man auf eine kleine Schnitzeljagd geschickt, muss erst einen Schlüssel in einem Löschkasten finden, damit einen Safe öffnen und das darin enthaltene Paket irgendwo abliefern. Gerade hält man es in den Händen, schon wird man am Ausgang vom angeblichen Besitzer aufgehalten – wie reagiert ihr?

Hat man sich für eine Kampfaktion entschieden, wechselt die Perspektive in einen Zeitlupenmodus mit teilweise spektakulärer Kamerafahrt.

Fallout 3 überrascht immer wieder mit seinem Kreaturendesign. Zwar begegnet man deutlich weniger Gestalten als in The Elder Scrolls IV: Oblivion <a class="DYNLINK" onmouseover="DynToolTipp_Show('Klicken für Gameinfos‚)“ onmouseout=“DynToolTipp_Hide(); “ href=“javascript:DynCont_Display(‚Gamefinder‘,’runmod.php?sid=%7BSID%7D&LAYOUT=dyncont_gf&spielid=6001′)“>

, aber seltsam missgestaltete Zentauren, Bären, Ghularten und Mutantensorten prägen sich deutlicher ein als der x-te Elf oder Zwerg, obwohl die Mutanten doch stark an Orks erinnern. Was ganz wichtig ist: Das Team von Bethesda lässt euch angenehm offen mit den Aufgaben umgehen und konfrontiert dabei immer wieder mit den eigenen Vorurteilen, während ihr Eichhörnchen am Spieß verzehrt oder einer Kuh mit zwei Köpfen begegnet.

Ghule sehen mit ihren Hautfetzen aus wie Zombies und müssen gefährlich sein? Vor allem, wenn man zwei davon in einer verlassenen Station trifft? Ihr könnt sie natürlich sofort umnieten, aber wenn ihr ihnen helft, ein paar Zutaten zu sammeln, dann mixen sie euch einen Schuss, der euch im Kampf richtig nach vorne bringt. Aber Vorsicht: Alles in Fallout 3 kann süchtig machen – Chemie und Alkohol sowieso. Und wer einmal abhängig ist, muss mit Entzugserscheinungen leben, die das Bild verschwimmen und euch in unpassenden Momenten wanken lassen. Nur ein Arzt kann hier den Entzug einleiten, falls ihr nicht immer mehr einschmeißt.

Interessante Quests

Wachdronen und Schutzroboter sind an der Tagesordnung. Viele der Roboter könnt ihr über geschicktes Hacken für eure Zwecke nutzen.

Noch ein Beispiel für die Überraschungen und die Offenheit der Aufgaben: Kannibalen sind doch böse, oder? Man muss sie eigentlich wegsperren oder in dieser gewalttätigen Fallout-Welt am besten gleich umpusten? Das ist auch möglich. Und das würde man auch so gerne machen, wenn die Story dahinter nicht eine andere Facette enthüllen würde. In einer Quest findet ihr die Leichen eines Elternpaares und die Dorfbewohnern bitten euch, den als Geisel verschleppten Jungen zu finden. Dieser sei von einer skrupellosen Bande namens „Die Familie“ entführt worden. Und wie sich herausstellt, besteht diese Bande auch noch aus Menschenfressern – selbst Ghule meiden diese Leute.

Wenn man dann in den unterirdischen Stützpunkt dieser Monster eindringt, hat man ein flaues Gefühl im Magen und den Raketenwerfer bereits entsichert. Umso überraschter ist man nach dem vorsichtigen Gang durch düstere Metroschächte, als man relativ freundlich von der Wache empfangen wird. Ein Trick? Haben die ihre Kessel schon angeheizt? Wollen die mich nur tiefer in ihre Fress-Höhle reinlocken? Bethesda spielt hier sehr gekonnt mit all dem, was man eigentlich erwarten würde. Noch überraschter ist man dann, als man den Chef der Gruppe trifft, der über seine kannibalische Vorliebe philosophiert und tatsächlich schlüssig erklären kann, warum seine Familie nur aus Opfern der Verstrahlung besteht. Außerdem habe er den Jungen vor seinen kannibalischen Neigungen bewahrt und geschützt.

Weiter verrate ich nichts. Aber. Glaubt ihr ihm? Und geht ihr weiter auf ihn ein? Nur so viel: Ihr könnt das Ganze angewidert beenden und die Höhle mit Granaten, Projektilen und Raketen ausräuchern. Ihr könnt das Ganze über entsprechende Begabungen auch rhetorisch so beenden, dass ohne einen einzigen Schuss sowohl der Junge befreit als auch das Dorf von der Gruppe beschützt wird. Ihr könnt aber auch irgendwo im laufe des Gesprächs scheitern und noch vor Ort zusammen geschossen werden.