Death Stranding 2: Eine Reise, die euch zu euch bringt
Was mache ich als Sam eigentlich in Death Stranding 2, wenn der Jeep die ganze Arbeit übernimmt? Ganz einfach: Nachdenken. Wenn ihr in Teil auf ein Hindernis stößt, konzentrieren sich eure Gedanken auf das Hindernis. In Teil 2 habt ihr die Möglichkeit – da oft nichts passiert –, herauszuzoomen, eure Gedanken frei zu lassen und erst wieder zurückzurufen, falls sie gebraucht werden.
Ich bin da und gleichzeitig nicht. Mein Jeep ist mein mobiles Zuhause, in dem ich es mir bequem mache. Wenn ich durch neblige Graslandschaften fahre, suche ich im Musikplayer nach einem Song, der dazu passen könnte. Die Auswahl wächst kontinuierlich, da ich mit jeder Mission ein neues Stück freischalte.

(Zugegeben, ein paar mehr Genres hätten dem Ganzen ganz gut getan. Nur Melancholisches ist auf Dauer etwas öde und redundant. Lasst uns die Postapokalypse doch mit Rock und Heavy Metal vertreiben! Nur so eine Idee für einen DLC, Kojima.)
Orte für die Ewigkeit
Abseits dessen lasse ich die Natur auf mich wirken, lasse höllische Wüsten, saftige Tropenwälder, einsame Steppen und beschneite Berge an mir vorbeiziehen. Ich grüße sie, ich zeige ihnen meinen Respekt und bin dankbar, dass wir uns gegenseitig leben lassen. Der Fotomodus ist meine Kamera, mit der ich meinen Weg und meine Entwicklung festhalte. So kann ich diese Reise, die längst vorbei ist, immer wieder antreten.
Auf meinen Fotos finden sich nicht nur bestimmte Momente wieder, sondern auch die Gefühle und Gedanken, die damit zusammenhängen. Manche Fotos sind Fragen, andere sind Antworten und wieder andere zeigen Schönheit, Zerstörung und manchmal beides gleichzeitig. Mal abgesehen davon, dass das Spiel einfach wunderschön aussieht und meinem Staunen keine Pause lässt. Ich bin schlicht stolz, dort gewesen zu sein.

Treffe ich auf die Bauten anderer Spielenden, vergebe ich nicht nur einen Like, sondern überschütte sie regelrecht damit. Nur um ihnen zu zeigen, dass ich hier war und dankbar dafür bin, dass sie an mich gedacht haben. Im Gegensatz zu früher ist ihre Hilfe nicht mehr überlebenswichtig, sie ist jetzt eine nette Geste, die mir zeigt, dass ich nicht alleine bin – dass wir alle gemeinsam durch dieses riesige melancholische Nichts fahren und nach unserer Bestimmung suchen.
Als ich ausgerechnet auf dem höchsten Gipfel des Spiels parke, da mein Jeep mit einem Generator aufgeladen werden muss, passiert auf dem Bildschirm wenig, aber in mir dafür umso mehr. Mit jedem erreichten Zwischenziel komme ich meinem persönlichen Hauptziel immer näher. Nämlich dem Frieden in mir, den ich gerade an dem Ort finde, wo ich ihn als allerletztes vermutet hätte: In der Hölle. Ich habe sie nicht mit Waffen besiegt, sondern mit meiner eigenen Seele. Ich, der eigentlich nichts in dieser Welt zählt, mache doch einen Unterschied. Das tut gut.