Eine Reise, die euch aufweckt
Death Stranding im Jahr 2019 zu testen, fühlte sich für mich an, als wäre ich Neo, der in seiner Matrix-Kapsel aufwacht. Ein sehr unangenehmes, aber Augen öffnendes Erlebnis. Denn Death Stranding macht keinen Spaß. Bis zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass dies eigentlich die große Bestimmung von Videospielen sei. Wenn ein Spiel das nicht schaffte, war es nicht gut.

Aber Death Stranding sprengte dieses Denken und zeigte mir: Videospiele können weitaus mehr sein als reine Freizeitparks, sie können mir nicht nur geben, was ich will, sondern auch das, was ich brauche. Death Stranding wollte mich nicht bei McDonalds bedienen, es wollte mir ein Mentor sein und mir zeigen, wozu ich abseits des Daddeln noch imstande bin.
Erinnert euch das irgendwie an Dark Souls? Das ist kein Zufall und auch nicht die einzige Parallele zu From Software. Doch Death Stranding erwartete nicht von mir, etliche Tode zu sterben und mich in endloser Repetition zu verbessern, sondern nur die Zähne zusammenzubeißen und den allerschlimmsten Job der Welt zu erledigen, um dieselbe zu retten.
Ich sollte stürzen, frieren und bluten, ohne billigen Applaus dafür zu bekommen. Denn dieses Spiel ist keine Schatzsuche, sondern eine Ich-Suche. So wie Raumfahrer durch das Universum reisen, um neue Planeten zu entdecken, so durchstreift ihr die Postapokalypse in Death Stranding, um seltene Momente des Lebens zu finden.

Vor diesem Hintergrund freute ich mich natürlich sehr auf Death Stranding 2: On the Beach – und damit auch auf eine neue Lektion (über mich selbst). Jetzt, nachdem alles vorbei ist, habe ich das Gefühl, in Death Stranding 2 mehr geträumt als gekämpft zu haben.
Der vierrädrige Easy-Modus
Das Meisterhafte bei Dark Souls hängt nicht unbedingt mit seinem hohen Schwierigkeitsgrad zusammen, sondern vor allem mit seiner Konsequenz: Es gibt keinen Easy-Modus. Beide Seiten der berüchtigten Debatte haben gute Standpunkte, aber letztlich ändert das alles nichts an einer bestimmten Tatsache: Um die spezielle Erfahrung von Dark Souls zu erleben, darf das Spezielle nicht verändert werden – sonst kommt diese Erfahrung nicht zustande.
Was das mit Death Stranding zu tun hat? Teil 1 war perfekt, wie er ist – bis Hideo Kojima Herbst 2021 den Director’s Cut veröffentlichte. Ein optionaler DLC, der viele neue und kuriose Features hinzufügte, aber allen voran war er – absichtlich oder nicht – ein Easy Modus, der das Erlebnis verfälschte. Death Stranding 2: On the Beach wirkt auf mich so, als habe das Spiel bereits seinen Director’s Cut erhalten. Denn in vielerlei Hinsicht ist es viel zu einfach.