Death Stranding 2: Neue Tücken

Auf dem empfohlenen Schwierigkeitsgrad beginnt ihr eure Reise klassisch zu Fuß. Nachdem ihr eure Lieferroute zu den Basen geplant habt, macht ihr langsam einen Schritt nach dem anderen und haltet die Balance, um nicht zu stürzen, während euer Ziel in der Ferne kaum näher kommt. Jeder Berg und jeder Fluss offenbaren sich als Endgegner, denn nicht nur ihr müsst hinüber, sondern auch die 100 Kilogramm Fracht auf eurem Rücken.

Hinzu kommen neue Faktoren wie schneidende Sandstürme, dunkle Nächte, heftige Regenfälle, brutale Erdbeben und fressendes Feuer. Diese vielen kleinen Überlebenskämpfe, die euch einiges an Taktik, Geduld, Fingerspitzengefühl und Frust abverlangen, gehören zu den schlimmsten und schönsten im gesamten Spiel. In Death Stranding 2 allerdings gleichzeitig auch zu den seltensten.

Je weiter ihr im Spiel kommt, desto mehr Hilfsmittel stellen euch die Basen zur Verfügung. Sobald ihr das Motorrad erhaltet, beginnt sich das Gameplay drastisch zu verändern – der Wander-Aspekt tritt in den Hintergrund, eine Prise GTA kommt dazu. Das ist verkraftbar, bis der Jeep freigeschaltet ist und die gesamte Erfahrung überfährt: Ausgestattet mit Gewehr und Paketangel habt ihr bequem sitzend in eurem Panzer nichts mehr zu befürchten – die gefährliche Außenwelt ist endgültig besiegt.

Mit zusätzlichen Akkus überwindet dieses Gefährt jeden Meter problemlos, selbst reißende Flüsse und eisige Berge. Und das dürfte eigentlich nicht möglich sein. In Teil 1 blieben Fahrzeuge eine absolute Seltenheit, in Teil 2 werden sie missionstechnisch sogar empfohlen. Es fühlt sich falsch an, zwei Drittel des Spiels mit Fahrzeugen zu meistern, und ich wünsche mir permanent, dass mich irgendetwas da draußen für diese arrogante Gechilltheit verprügelt.

Aber es kommt nichts. Death Stranding 2 gibt mir sehr viele neue Möglichkeiten an die Hand, aber nicht ausreichend neue Hindernisse zu überwinden. Die Balance ist gestört.

Ein Aufbegehren zum Schluss

Zum Ende des Spiels wird mein Wunsch dann endlich erhört – mein Jeep ist binnen Sekunden nur noch ein Schrotthaufen und ich kämpfe wieder um jeden Zentimeter – aber das reicht nicht. Ich vermisse die Unbarmherzigkeit vom ersten Teil, die parallel zu meinem Fortschritt zugenommen hat. Teil 2 hat die Formel zwar clever erweitert, aber die Schärfe auch deutlich herausgenommen.

Selbst die angesprochenen Wetterverhältnisse und Gefahrenquellen verlieren schnell an Bedrohlichkeit, wenn sie sehr selten auftreten und nicht lange dauern. Die Welt ist noch schöner geworden, aber leider nicht gefährlicher. Vor allem, da wir unsere alten Feinde mittlerweile kennen und dank unzähliger Waffen schnell in die Schranken weisen. Unsere neuen Feinde dagegen machen erst sehr spät ernst. Nein, der empfohlene Schwierigkeitsgrad ist für Fans nicht zu empfehlen. 

Ein entsprechender Hinweis oder eine entsprechende Vorwarnung wäre hier nett gewesen. Ich wäre bereit für das nächste Schmerzlevel gewesen. Es sei denn, Kojima hat diese Irritation von Anfang an beabsichtigt – oder auch nicht – oder doch. Ihr seht, Schach gegen Gott zu spielen kann sehr frustrierend sein. Aber wer auch immer falsch liegt: Ich habe in diesem Spiel eine Herausforderung gesucht, aber nur Sehnsucht gefunden. Hatte Death Stranding noch sehr viel mit Dark Souls gemeinsam, so erinnert Death Stranding 2 jetzt eher an Minecraft.