Graue Hansestadt Grau in Grau: Das zerbombte Hamburg wirkt mangels Werbeplakaten reichlich trist und unmodern.
Auch in Deutschland geht es diesmal zur Sache: In Hamburg kämpfe ich mich z.B. den Strand zum Fischmarkt hinauf. Leider kann ich meine Ortskenntnis nicht nutzen, um mich westlich der alten Fischauktionshalle an die Gegner heranzuschleichen, denn serientypisch zwängt das Spiel mich in ein enges Korsett. Die begehbaren Wege sind wieder recht schmal geraten. Ab und zu gibt es aber trotzdem kleine alternative Routen, welche man tunlichst nutzen sollte. Ein Stückchen weiter nördlich schlage ich mich z.B. durch die Räume der »Nord Volksbank«. Oft benutze ich aber auch nur ein paar Panzer als Deckung und renne hinter ihnen über eine große, halb zerbombte Straße. In solchen Massenschlachten fällt die größte Schwäche des Spiels besonders negativ auf: Ein beträchtlicher Teil der Gegner rennt sogar auf dem zweithöchsten Schwierigkeitsgrad »Hardened« schnurstracks aus der Deckung in den Kugelhagel und erweist sich auch sonst nicht als besonders clever. Gerade im Vergleich zu den dynamischen Kämpfen in Halo Reach wirkt das reichlich altbacken. Dass es auch cleverer geht, zeigen übrigens die Widersacher im ausgelagerten SpecOps-Modus: Sie tänzeln geschickt um massive Pfeiler und andere Deckungen und kommen einem gnadenlos hinterher, wenn man die selbst aufladende Energie hinter einer Ecke auffüllen möchte.
Zurück nach Hamburg: Es fühlt sich merkwürdig an, wenn man seine Heimatstadt derart zerbombt sieht. Noch seltsamer wirkt aber das Bild, das die Entwickler offenbar von der heutigen Hansestadt haben. Während die Londoner U-Bahn mit Werbe-Bildschirmen zugekleistert ist, habe ich in Hamburg nicht ein einziges Plakat entdeckt. In der alternativen Realität von Call of Duty muss die norddeutsche Werbewirtschaft schon Jahre vor Kriegsausbruch völlig zusammengebrochen sein. Als Resultat sieht die Stadt so grau aus wie Nordkorea. Sicher, der Fischmarkt, das Rathaus und andere Wahrzeichen sind hübsch nachempfunden. Davon abgesehen hatte ich aber das Gefühl, weit in der Vergangenheit gelandet zu sein: In der »Nord Volksbank« und anderen Häusern stehen uralte Sechziger-Jahre-Lampen vor der muffigen Tapete. Es wirkt, als habe ein alter Besatzungssoldat die Kulissen aus seinen Erinnerungen erschaffen.
Der, die, das!
Berlin ist etwas bunter und zeitgemäßer geraten: Hier gibt es immerhin Werbeplakate vom Supermarkt „Otto Mittel“ mit einem debil grinsenden Soldaten und dem Slogan „Leben wie sie es meinen“. Auch mit den deutschen Artikeln scheine die US-Entwickler ihre Probleme zu haben. Die Mission führt unter anderem durch die Einkaufs-Passage „Das Arkaden“. Der Konsumtempel ist auch Schauplatz einer der Multiplayer-Karten. Schöner einkaufen in »das Arkaden«!
Eine wichtige Figur in der Geschichte ist der spielbare Charakter Yuri – ein russischer Widerstandskämpfer, der noch ein Hühnchen mit Makarov zu rupfen hat. In seinen Missionen kämpfe ich meist Seite an Seite mit Soap und Captain Price – zum Beispiel in einem afrikanischen Dorf. All zu fordernd sind die Schleich- und Sniper-Abschnitte nicht, aber immerhin bekomme ich ab und zu einen flapsigen Spruch zu hören. Am besten klingt das in der englischen Original-Synchro, welche hierzulande leider fehlt. Die deutsche Vertonung (unter anderem mit Ben Becker) klingt nicht ganz so gut, aber trotzdem noch professionell. Lediglich im Mehrspieler-Modus sind mir die ständigen deutschen Rufe schnell auf die Nerven gegangen. Auch die Abmischung ist gelungen. Ganz so wuchtig wie in Battlefield knallt es zwar nicht, trotzdem klingt die Action schön räumlich und der Subwoofer bekommt viel zu tun. Die typisch dramatisch schmetternde Orchester-Musik ist mir nicht im Gedächtnis hängen geblieben – sie unterstützt das Geschehen aber gut.
Geschnitten oder am Stück?
In punkto Jugendschutz hat Activision diesmal übrigens Wort gehalten: in der deutschen Fassung sind mir keine Schnitte aufgefallen. Auch eine kurze »Skandal-Szene« hat Infinity Ward wieder untergebracht, welche man auf Wunsch überspringen kann. In der Rolle eines Vaters auf Urlaubstrip sieht man, wie seine Tochter Opfer eines Terror-Anschlags wird. Bei der Explosion verschwindet sie in einer Rauchwolke – explizite Gewalt gibt es nicht zu sehen. Die Szene wirkt nicht annähernd so provokantm wie Flughafen-Massaker aus Teil 2, aber trotzdem schrecklich platt und aufgesetzt. Man merkt förmlich, dass sie nur des Tabubruchs wegen ins Spiel gepresst wurde.