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Yakuza Kiwami 2 (Action-Adventure) – Alte und neue Stärken

Stellt euch vor ihr macht als Kazuma Kiryu die Stadt unsicher. An eurer Seite: eine bezaubernde Frau, die ganz langsam so etwas wie Zuneigung entwickelt. Auf den Straßen herrscht eine ausgelassene Stimmung, Neonreklame spiegelt sich im nassen Asphalt. Ihr könntet Dart spielen, Essen gehen, Golfbälle schlagen, etwas trinken gehen und vieles mehr – das ist Yakuza. Also kommt ihr schließlich an einer Karaoke-Bar vorbei, in der jede Gruppe ihr eigenes Zimmer bekommt. Und was macht Kazuma da? Ruft seinen Kumpel an! Die Frau bleibt draußen. Ja… auch das ist Yakuza.

© SEGA / SEGA

Seltsam außerdem, dass man wie früher recht lange warten muss, bevor man nach dem Entdecktwerden eine Bande Gangster auch vermöbeln darf. Konnte man in Teil sechs sofort drauflos schlagen, was dem Spiel auf angenehme Weise Schwung verlieh, steht man jetzt einige Sekunden lang tatenlos rum, bis es endlich losgeht.

Groß- und Kleinstadt

Überhaupt ist Kiwami 2 nicht in jeder Hinsicht eine Weiterentwicklung. Anders als im indirekten Vorgänger wurde etwa nicht jeder Text vertont. Das ist nicht schlimm, fällt aber auf. Und immerhin läuft Kazuma wieder durch das vollständige Kamurocho einschließlich Park und Champion District, also die virtuelle Version des originalgetreu nachgestellten Vergnügungsviertels Kabukicho, in dem die Handlung zu großen Teilen stattfindet.

Der andere Teil der Handlung findet in Sotenbori statt, was dem Stadtteil Dotonbori in Osaka nachempfunden wurde. Und eins fällt dort auf: War der zusätzliche Schauplatz in Yakuza 2 noch eine gelungene Abwechslung zu Kamurocho, wirkt er heute wie ein weniger interessanter Ableger des namhaften Vergnügungsviertels. Das liegt zum einen daran, dass die kleineren Orte Okinawa sowie Onomichi im dritten und sechsten Yakuza eine erfrischende Erholung von den rechteckigen Straßenzügen einer Großstadt waren. Zum andern spielten auch Yakuza 5 und Zero in Sotenbori, weshalb die allzu vertraute Umgebung nicht gerade aufbauend wirkt. Auch hier gilt: Das kann man einem Remake schlecht vorwerfen. Aber es fällt nun mal auf.

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Genau wie Yakuza 6 wirken die Kulissen so plastisch wie in keinem vergleichbaren Spiel. © 4P/Screenshot


Einen Schritt vor, einen zurück

Schade auch, dass manche Objekte erst spät auftauchen. Es ist nicht die Regel, wirkt aber störend. Die Spiegelungen im Wasser von Sotenbori hätten zudem ohne Screen Space Reflexions besser ausgesehen. Die gespiegelten Objekte sind nämlich so groß und klar sichtbar, dass man sie beim Spaziergehen gerne genauer anschaut – woraufhin sie naturgemäß abgeschnitten werden. Und das schadet dem Eindruck stärker, als es ausschließlich die vorgefertigten Spiegelungen getan hätten.

In kleinen Pfützen ist der Effekt hingegen perfekt aufgehoben, denn nicht nur dadurch sehen besonders Kamurocho, aber auch Sotenbori fantastisch aus und vermitteln den plastischen Eindruck realer Straßenzüge besser als jedes andere Spiel!

Nur spielerisch macht auch die Umgebung in Kiwami 2 einen kleinen Schritt zurück, weil es die zahlreichen, aus Yakuza 2 bekannten Schlüssel übernimmt, dank derer Kazuma Bonusgegenstände aus Schließfächern erhält. Fand man in Yakuza 6 nur hin und wieder mal einen Schlüssel zu Tresoren, ist man jetzt wieder ständig auf der Suche nach etwas Blinkendem. Stimmt: Theoretisch könnte man diesen Sammelwahn ignorieren. Praktisch ziehen die Schlüssel aber genug Aufmerksamkeit auf sich, dass die Umgebung stärker als in Teil sechs wie eine funktionale Kulisse wirkt, anstatt als glaubwürdiger Schauplatz für sich zu stehen.

Fragmentierte Tower Defense

Lebendig wirken sowohl Kamurocho als auch Sotenbori dafür einmal mehr durch etliche Beschäftigungen, die mit der erzählerischen Entwicklung nicht das Geringste zu tun haben – von denen viele aber spätestens seit Yakuza 6 bekannt sind und mitunter sogar in schlechterer Form auf das Remake übertragen wurden. Das Baseball-Training wird jetzt z.B. von einer ausgesprochen nervigen Melodie begleitet, während die Clan-Kämpfe stark verändert wurden.