Frauen dienen in der komplett von Männern getragenen Geschichte ausschließlich als Stichwortgeber, Geiseln oder Erotikwerkzeuge, während die in Anzügen posierenden Primaten sich die Fresse polieren, um beste Freunde zu werden, sich später noch mal die Fresse polieren, um sich daraufhin sofort wieder zu vertragen und nach einem zünftigen Kaputtdreschen sogar umgehend den Mord am eigenen Vater verzeihen, woraufhin sich alle wieder unfassbar lieb haben.
Unerklärliche Peinlichkeiten würzen diese skurrile Mischung, ohne dass das wichtige Augenzwinkern des Regisseurs erkennbar wäre. Als Harukas Baby mehrmals wie ein Football umhergeworfen wurde, ist mir beinahe die Kinnlade auf den Boden gekippt – mir fehlen ehrlich gesagt die Worte, um diesen unsäglichen Quatsch auch nur im Ansatz treffend zu beschreiben.
Familiengeschichten
Dabei ist das Skript grundsätzlich interessant, weil der Plot um die Klüngelei in den Reihen japanischer und chinesischer Clans clever konstruiert ist und als ständig Form und Farbe wechselnde Karotte hervorragend funktioniert. Zudem ist nicht nur der rote Faden um Kazuma, Haruka und ihren Nachwuchs gewickelt; nahezu jede Kurzgeschichte und sogar einige Minispiele machen die Familie zum Thema, sodass die Erzählung kompakt und vielschichtig wirkt.
Mir scheint nur, Sega hätte sich spätestens mit Teil drei damit abgefunden, dass die in Japan extrem erfolgreiche, im Westen aber kaum wahrgenommene Serie weder erzählerisch noch spielerisch große Schritte machen kann und deshalb gar nicht erst versucht, beide Aspekte zu modernisieren. Stattdessen wurde die Erzählweise, vielleicht um überhaupt eine Steigerung zu erreichen, zu einer Karikatur ihrer selbst überhöht, während sich das Spiel trotz der erwähnten inhaltlichen Anbindung viel zu offensichtlich nur als Sammlung verschiedener Herausforderungen präsentiert.
Altmodischer Pragmatismus
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Symptomatisch dafür ist ein Minispiel, in dem sich Kazuma immer wieder mit den Besuchern einer Kneipe unterhält und so nach und nach Freundschaften knüpft. Das schafft er, indem er mit ihnen Dart spielt, Karaoke singt sowie ausführliche Gespräche führt, in denen er sich an mehreren Stellen für eine Antwort entscheiden muss. Das riecht nach einer Prise Telltale oder gar Bethesda…
… aber der Eindruck täuscht. Die Unterhaltungen haben nämlich in keiner Form damit zu tun, dass man etwa einen selbst gewählten Standpunkt vertritt oder gar unterschiedliche Arten von Beziehungen mit ein und derselben Person aufbauen darf. Ganz profan geht es vielmehr darum, das Minispiel zu gewinnen, indem man möglichst viele der einzig richtigen Antworten findet – Punkt. Bis das klappt, kann man das Gespräch beliebig oft wiederholen sowie jederzeit abbrechen, um es später von vorn zu versuchen. Geschafft ist es auf jeden Fall erst, nachdem man ausreichend viele korrekte Antworten gefunden hat. Mit einer zeitgemäßen interaktiven Dialogkultur hat das selbstverständlich nichts zu tun.
Man muss sich im Klaren darüber sein, dass Yakuza 6 an keiner Stelle den großen Schritt hin zu einer dynamischen virtuellen Welt macht, sondern seine bezaubernde Kulisse mehr als die meisten Open-World-Abenteuer wie ein interaktives Menü nutzt, in dem Herausforderungen immer genau am vorgesehenen Fleck darauf warten angeklickt zu werden.