Veröffentlicht inTests

Yakuza 3 (Action-Adventure) – Yakuza 3

Wenn Schultern wie Stahlträger mit einem einzigen Ruck ihre Nadelstreifenjacken vom Leib reißen. Wenn die Kamera mit der ungenierten Bewunderung eines 14-jährigen Comicfans um tätowierte Rücken schleicht. Wenn rockige Gitarren zum Angriff blasen. Wenn die Kämpfer endlich wie Wölfe aufeinander losgehen – dann schlagen Tokios Yakuza wieder mit aller Kraft zu. Kein Spiel versteht das dramatische Luftholen in verrauchten Kneipen und die ehrenhafte Verbeugung verbitterter Erzfeinde besser als Segas Unterwelt-Saga!

© Sega / Sega

Danach stand mir aber nicht der Sinn. Stattdessen habe ich es genossen, nach den Kids zu schauen, mit ihnen zu spielen und langsam zu laufen, wenn ich mit Haruka unterwegs war. Dann greift sie nämlich meine Hand und zieht an meiner Seite durch die Straßen. Sie bittet mich um ein Eis, einen Hamburger, ein Plüschtier aus dem UFO-Automaten – als Belohnung steckt sie mir Süßigkeiten zu. Das ist kein gefühlvolles Drama. Aber dass Yakuza 3 gleich zu Beginn so stark auf die persönliche Note setzt, macht aus dem Spiel deutlich mehr als einen Action-Eintopf. Herrje, ich habe einem der Mädchen sogar dabei geholfen, einen Hund zu dressieren!

Immer freundlich!

Vor allem aber trägt der sachte Einstieg viel zur Charakterisierung von Kazuma bei. Im zweiten Teil wirkten seine Aussteiger-Sprüche nämlich immer noch unglaubwürdig – jetzt nehme ich sie dem geläuterten Mafiosi ab. Es sind ja nach wie vor nicht nur die erzählerischen Nuancen;

[GUI_FLVPLAYER(width=400,height=245,STREAMINGID=28748,image=http://static.4players.de/premium/ContentImage/5d/2c/151908-bild.jpg)]
Video. Und so sieht es aus, wenn der Ex-Yakuza zulangt. Bis auf wenige Neuerungen bleibt allerdings viel beim Alten.

es sind auch die spielerischen, die Kazumas Alltag zu einer Odyssey ins Alltägliche machen. Dass viele seiner Hilfeleistungen trotzdem in einer Schlägerei enden, liegt wohl in der Natur der Sache. Aber ich muss doch helfen, wenn eine Mutter ihre Tochter sucht, wenn ich dem Gerücht um einen Spuk auf die Spur kommen will oder wenn ein Vater die hohen Eiskugeltürme nicht mehr ohne Hilfe zu seiner Familie tragen kann! Den albernen Humor der Entwickler finde ich übrigens klasse – diese naive Unbeschwertheit ist so erfrischend wie eh und je.

Richtig austoben konnten sich die Autoren wohl mit Kazumas neuem Ehrzgeiz, weitere Fähigkeiten für den Kampf zu erlernen. Alles, was er dafür braucht, ist sein Handy und den Anruf eines sympathisch verrückten Fotografen: Sagt der Bescheid, dass es irgendwo etwas zu sehen gibt, muss ich nur noch dorthin finden, per Tasten-Reaktionstest drei Fotos schießen, einen von drei Untertiteln aussuchen und schon postet Kazuma das Werk auf seinem Blog. Es ist die Suche nach dem perfekten Bild, wie es der Fotograf nennt. Und recht hat er: Wo findet man schon eine alte Lady, die beim Anblick des jungen Kerls auf einem Werbeplakat so ins Schwärmen gerät, dass sie ihr Moped gegen einen PKW setzt, von der Wucht mit einem Überschlag über das Auto geschleudert wird, sicher landet und einfach weiter gurkt? Jetzt noch schnell den richtigen Text ausgesucht – wenn alles passt, hat Kazuma damit im Handumdrehen eine neue Technik gelernt!

„Ich muss draußen bleiben“

Doch so ganz ist Yakuza 3 dann doch nicht das, was es sein sollte. Dabei hätte es das sein können! Der Publisher hätte die westliche Version nur nicht um

Vergesst es! In die Cabaret Clubs kommt ihr mit der westlichen Version des Spiels gar nicht erst hinein.

einige wichtige Elemente stutzen sollen. Ob es nun finanzielle, terminliche oder sonstige Gründe hatte: Dass ich in der lokalisierten Fassung keine einzige Hostessen-Bar besuchen, verschiedene Spiele wie Shogi oder Mahjong nicht spielen darf und sogar auf diverse kleine Nebengeschichten verzichten muss, ist jedenfalls ein ungewöhnlich schmerzhafter Eingriff. Einige Spieler wird es nicht stören, da das japanische Schach ähnlich schwer zu durchschauen ist wie Mahjong. Manche haben vielleicht auch gar kein Interesse daran, sich erst anderswo über die Interessen ihrer bevorzugten Hostessen zu informieren, ihnen Geschenke zu kaufen, sich lange mit ihnen zu unterhalten, mit ihnen auszugehen und ihnen letztlich einen großen Gefallen zu tun, damit sie endlich Kazumas Charme verfallen. Aber dieses witzige Spielchen ist nicht nur die umfangreichste, sondern auch das zeitaufwändigste und für mich vor allem eine der motivierendsten aller Aufgaben.

Es geht ja weiter: Konnte ich im Vorgänger sogar selbst die Geschicke einer Hostessen-Bar lenken, darf ich im japanischen Yakuza 3 Ähnliches tun, indem ich ein Mädchen aussuche, ihm eine schicke Frisur, ein Make-up meiner Wahl sowie die richtige Garderobe und Accessoires verpasse. Treffe ich den Geschmack der Kunden, zahlen die natürlich gerne für einen Besuch in meiner Bar! Doch all das fehlt in der westlichen Version. Ich muss jedes Mal richtig bitter schlucken, wenn ich an den deutlich erkennbaren Cabaret Clubs vorbei gehe und einfach nicht das tun darf, was mir zuletzt den meisten Spaß gemacht hatte. Mehr noch: Die Geschenke für die anspruchsvollen jungen Ladies kosten fünf- und sechsstellige Beträge. So ist es zwar schön, dass meine Brieftasche jetzt aus allen Nähten platzt, weil ich keine Präsente mehr kaufen muss. Gleichzeitig ist mir so aber bei jedem Blick ins Inventar auch sofort klar, dass hier etwas einfach nicht stimmt.