Aber dem Vergleich mit Top Spin hält Sega diesmal ohnehin nicht stand. Die dynamischen und abwechslungsreichen Ballwechsel auf dem 2K Sports-Rasen sind mit Abstand packender als das vergleichsweise banale Ping Pong bei Sega. In Top Spin zählen Timing, Technik, Ausdauer und Stellung zum Ball. In Virtua Tennis unterscheiden sich Slice und Top Spin nur wenig, unterschiedliche Schlagarten gibt es nicht und das Timing spielt ebenso wenig eine Rolle wie der nicht vorhandene Krafteinsatz.
Die Stellung zum Ball ist das einzige taktische Element – doch selbst das wirkt unausgegoren. Denn obwohl der Ball hoch und schwach vom Schläger abspringt, wenn man ihn zu früh oder zu spät annimmt: Solche ebenso unbeholfenen wie unrealistischen Returns frustrieren nur, weil man daraufhin meist chancenlos dem gegnerischen Punktgewinn nachschaut.
Hier kommen die lizenzierten Stars… PS3-Spieler erhalten übrigens drei Legenden mehr als 360-Besitzer: Becker, Edberg und Rafter schlagen auf Sonys Center Court auf.Männer: Federer, Djokovic, Nadal, Murray, Roddick, Haas, Kohlschreiber, Del Potro, Monfils, Gonzales, Seppi Frauen: Wozniacki, Ivanovic, Sharapova, Williams, Kuznetsova, Robson, Chakvetadze |
Das liegt auch am übermächtigen Netzspiel: Wer im vorderen Feld halbwegs agiert, ist jedem Grundlinienspieler haushoch überlegen. Hinzu kommt das starre Positionsspiel, denn entweder erahnt man rechtzeitig die Ecke oder man verliert den Punkt. Schwache Returns oder lange Ballwechsel, in denen man das Filz mit ausgestreckten Zehen und Fingerkuppen gerade noch erreicht, bleiben Ausnahmen.
Der gute Ton
Die größte Niederlage aber ist: Selbst als packende Arcade-Punktejagd macht Top Spin 4 mehr Spaß, weil es Gelegenheitsspielern einen ähnlich komfortablen Einstieg ermöglicht und gleichzeitig mehr Tiefe bietet. Zu allem Überfluss ist Sega nicht nur spielerisch, sondern auch technisch in allen Belangen unterlegen. Es fängt bei altmodisch kantigen Tennisplätzen an, geht bei einem leblosen Publikum weiter und hört bei den steifen Bewegungen der sportlichen Akteure auf. Die Übergänge zwischen verschiedenen Bewegungen sind ausgesprochen hölzern und am immer gleichen Abwischen des Schweißes hat man sich spätestens nach drei Punkten satt gesehen. Anstrengung hat hier ohnehin nichts mit Schweißbildung tun: Irgendwann klebt das Spiel den Profis Schweißtropfen auf die Stirn, das muss reichen.
Es gibt keine Rufe aus dem Publikum, auf die die Spieler reagieren könnten. Und wo die Fans in Top Spin 4 nach gefährlichen Schüssen so hörbar mitgehen, dass der Schiedsrichter anschließend zur Ruhe mahnt, schießen hier die schrecklichen Laufgeräusche den Vogel ab:
Wie in einem Uralt-Rollenspiel trippeln die Athleten über den Platz. Bei aller Liebe für die typisch japanische Machart, haben solche Fehlgriffe in einem modernen Sportspiel nichts verloren!
Ausgelatschte Laufbahn
Die Karriere leidet unter ähnlichen Symptomen: Sie ist durchaus unterhaltsam – aber wollen Tennisasse tatsächlich einer Kette von Minispielen folgen, um nur gelegentlich mal Tennis zu spielen? Hier müssen die Profis dazu bereit sein, wobei ein Match ohnehin nur zwei Spiele dauert, auf Tiebreaks verzichtet man großzügig. Immerhin entscheidet man sich für einen der 20 Spielstile, um das sportliche Alter Ego den eigenen Vorlieben anzupassen. Das ist schon deshalb wichtig, weil man den Nachwuchsstar auch ins Online-Match führen darf und die lizenzierten Asse nicht alle Typen abdecken. Echte Identifikationsfiguren erstellt man in dem unbequemen Charaktereditor allerdings nicht. Eine gelungene Idee sind Verletzungen, die während der Karriere auftreten, falls man nicht früh genug eine Trainingspause einlegt. Leider mutet es aber seltsam an, wenn der verletzte Spieler die gewohnte Laufbewegung in Zeitlupe ausführt, weil er nicht mehr schnell laufen kann.