Veröffentlicht inTests

Tomb Raider: Underworld (Action-Adventure) – Tomb Raider: Underworld

Nervenkitzel beim Absprung. Spannung hinter der Ecke. Panik unter Wasser. Das, was Lara Croft ehemals auszeichnete, hatte weniger mit ihren körperlichen, sondern viel mehr mit Erkundungsreizen und akrobatischen Herausforderungen zu tun. Es war quasi ein dreidimensionales Jump’n Run mit Indiana Jones-Flair. Es war ein Abenteuer, das Schatzsucherinstinkte wecken und eine mysteriöse Stimmung verbreiten konnte. Diese faszinierende Mischung ist eigentlich eine zeitlose und sollte auch 2008 begeistern. Aber das tut sie nicht.

© Crystal Dynamics / Eidos

Spaßbremse V: Tiere klatschen

Auch in düsteren Grüften ist Lara unterwegs. Leider begegnet sie hier denselben Spinnen und sonstigem Kanonenfutter wie in anderen Schauplätzen. Die Kämpfe bleiben anspruchslos. (360)

Ich komme aus dem unterirdischen Tempel raus und pirsche durch eine faszinierende Ruinenlandschaft mit überwucherten Mauern und wild wachsenden Moosen. Sieht trotz so mancher flackernder Schatten wirklich klasse aus, fast wie in Uncharted. Komisch nur, dass ich manchmal auf hüfthohe Mauern klettern darf und manchmal nicht. Dann erscheint ein Königstiger – das sind diese majestätischen Raubkatzen, die am liebsten schwer bewaffnete Grabräuberinnen anfallen. Aber ich bin ja eine wehrhafte Frau und schieß den Tiger nieder. Geht ganz einfach, denn er lässt sich mit einem Stakkato aus Salti und Hüpfern umspringen. Dann baller ich den zweiten Tiger nieder. Dann baller ich den dritten Tiger nieder. Dann den vierten. Wäre es nicht eventuell spannender gewesen, wenn man einen dieser Tiger in einer Szene schleichend und fauchend gezeigt, dann im Dickicht verschwinden und später wieder hätte auftauchen lassen?

Die lautlosen Jäger laufen mir einfach so wie blöde Bots vor die Flinte. Lieblos. Dahingeklatscht. Irgendwann kommen auch Echsen und schwarze Panther in derselben stupiden Art und Weise auf mich zu. Und damit das Ganze nicht zu eintönig wird, schieße ich dutzendfach Fledermäuse und Spinnen ab. Die kann man auch abschütteln, weil sie so gefährlich sind. Oder zertreten. Dass man dann tatsächlich denselben Spinnenmodellen in Amerika begegnet wie in der europäischen Gruft, zeugt von erstaunlichem Fleiß und Einfallsreichtum auf Monsterdesignseite.

Obwohl ich mich irgendwann frage, warum ich überhaupt von Anfang an so viele Waffen habe? Schrotflinte, Maschinenpistolen, Sturmgewehr, Handgranaten, Harpune, Betäubungspistole und normale Pistolen. Hätte man da nicht eine Entwicklung in Form der Aufrüstung oder eine Spezialisierung anbieten können? Ist Lara bei der US Army oder eine Art stilvolle Privatermittlerin? Obwohl, warum auch? Ich kann ja mit den Pistolen schon auf dem zweiten der drei Schwierigkeitsgrade alles ohne Probleme wegschießen, wenn ich nur wild um meinen Feind herum hüpfe. Dank automatischer Zielfixierung und nicht vorhandener KI kann ich auch die Augen zu machen und die Feuertaste malträtieren. Okay, manchmal werde ich getroffen und schmeiße ein Medipack ein – aber man kann den Anspruch ja im Menü noch weiter runter schrauben.

Spaßbremse VI: Akrobatik ohne Nervenkitzel

Am besten ist Lara in den Momenten, in denen sie schwingt, hangelt und erkundet. Aber beim Klettern muss es auch öfter mal den Zwang zu Trial&Error mit Fehlschlägen geben – davon gibt es hier einige, aber unterm Strich noch viel zu wenige. Warum hat man so ein vorbildliches Autospeichersystem, wenn man kaum stirbt? Mir fehlen zwischendurch auch Überraschungen wie bröckelnde Simse oder wirklich lebensgefährliche Fallen, Verfolgungen, Zeitlimits oder wenigstens fordernde Gegner. Ja, es gibt elegante Akrobatik und einige interessante Rätsel, die das Spiel letztlich in den befriedigenden Bereich retten. Aber alles in einem gemächlichen Tempo, auf einem durchschnittlichen Niveau, so dass irgendwann alles zur Routine wird.

Das Klettern, Hangeln und Schwingen macht durchaus Spaß, aber ist wenig fordernd – Lara findet fast immer den sicheren Halt. (PC)

Lara wirkt etwas schlanker und sportiver als in Legend und beherrscht ein ansehnliches Repertoire an Bewegungen: Man kann das seitliche Hangeln an Simsen wie gehabt beschleunigen, man muss beim Balancieren auf Stangen klug gegen steuern und wenn der Wurfhaken einmal sitzt, kann man sich am Seil über Abgründe schwingen oder an Wänden hinab gleiten. Crystal Dynamics hat immerhin auf grell aufleuchtende Kanten für Blinde verzichtet, es gibt nur noch leicht hellere Stellen im Wand- und Mauerwerk. Ansonsten warten dieselben Komfortmechanismen wie im Vorgänger: Wenn Lara den Halt verliert, leuchtet ein Rettungsknopf immer noch zu lange auf, den man drücken muss, wenn es nicht bergab gehen soll. Das Klettern läuft genau so einfach und intuitiv wie bisher: Lara kann hier und da auch an Ranken oder kleinen Mauervorsprüngen wie eine Spinne irgendwo hinauf kraxeln, meistert sogar multiple Wandsprünge in engen Nischen und hält sich automatisch fest, wenn man einen Abgrund übersieht. Falls jemand mit Klettern Nervenkitzel verbindet, sollte er besser Mirror’s Edge spielen.

Ja, man muss auch mal sehr knappe Sprünge meistern, aber wenn man einmal die helleren Simse ausgemacht und die nahezu immer passenden Abstände erkannt hat, kann man quasi blind all das erreichen, was zunächst halsbrecherisch aussieht. Immerhin hat Lara auch einen etwas kniffligeren Sprung drauf, der sie mit gutem Timing selbst auf Din A4-große Felsenstäbe bringt – inklusive zittriger Haltsuche vor dem Abgrund. In diesen Augenblicken macht sie eine hervorragende

Auch wenn Lara elegant klettert und balanciert: Man vermisst den Nervenkitzel in der Höhe. (PS3)

Figur, aber selbst diese Sprünge lassen sich später fast im Schlaf meistern. Die Motivation entsteht eher durch die angenehme Offenheit der teilweise verschachtelten Schauplätze, in denen man tatsächlich die Orientierung verlieren kann – selbst die umständliche zu bedienende Sonarkarte hilft dann manchmal nicht weiter. Gerade in Mexiko freut man sich jedenfalls darüber, dass mehrere Orte abseits des Haupttempels besucht werden müssen. Aber kaum hat man sich gefreut, bekommt man ein Motorrad.

Spaßbremse VII: Fahrsequenzen

Ein Paradebeispiel für die Belanglosigkeit und Anspruchslosigkeit des Spiels sind die Fahrsequenzen: Mal abgesehen davon, dass die schweren Reifen keine Spuren im mexikanischen Matsch hinterlassen, dass mich die Kollisionsabfrage selbst Frontalzusammenstöße überleben lässt, dass es auf 360 und PS3 ruckelt und dass man spektakuläre Donuts auf schrägen Steintreppen (!) hinlegen kann, bekommt man auf dem Bike nicht mal Arcade-Rasanz.

Wenn schon kein Realismus, was in diesem Abenteuer nach ein paar Stunden verständlich ist, dann bitte etwas Geschwindigkeitsrausch auf fiktivem Niveau! Das, was einem da an Sprungschanzen im Dschungel serviert wird, lädt hingegen zum Gähnen ein – selbst MX vs. ATV ist großes Racingkino dagegen. Es gibt keine Verfolgungsjagden, keine halsbrecherischen Manöver, sondern eine Art Zweiradflipper mit Grünzeug drumherum. Und wieder können lediglich die ansehnlichen Sprünge in Höhlen für touristische Reize sorgen; jedenfalls für einen kurzen Moment.             

  1. Das Spiel ist besser als der Test hier, aber schlechter als der Test in anderen Zeitschriften. Legend und Anniversary waren ausgefeilter, das neue TR sowieso. Dennoch ein gutes Spiel, bei dem allerdings die empfindliche Kamera und Steuerung negativ auffällt, die CD schon in den Titeln vorher besser hinbekommen hatte.

  2. Bei Uncharted kritisieren die meisten Tester ja auch nicht, dass die Rätsel ein Witz sind (wenn man U als Third Person Shooter ansieht, ist es ja auch legitim).
    Ich denke das liegt einfach daran das die meisten Tester das AA als Action mit Rätsel- und Geschicklichkeitseinlagen favorisieren und nicht andersrum. Mehr die Richtung die God of War (wo schon Teil 1 sehr actionlastig war haben die Nachfolger sogar noch zugelegt und auch hier sind Rätsel- und Geschicklichkeitseinlagen leichter geworden) DMC und Konsorten eingeschlagen haben. In dieser Form mag ichs sogar, weil Geschick auch in den Kämpfen einer übergeordnete Rolle spielt. Aber nicht als Shooter.
    Das JnR? Hmm im grunde gibts das Genre im großen Stil so gut wie nur noch von Nintendo )ja einfacher geworden). Ich hab mir dafür ja sogar extra die Wii kaufen müssen, weil auf 360 und PS3 AAA JnR's Mangelware sind. Genaugenommen gibt es selbst auf dem PC mehr und bessere JnR's dank der Indies. Dieses Genre ist iwie ein Stück weit tot. Korigiert mich wenn ich falsch liege, aber ist es nicht so das sich nicht ein einziger großer 3rd Party für JnR's interessiert?
    Ja... so wirklich verstehen worin noch der Reiz dieser Genres besteht wenn man sie um ihre wichtigsten Elemente beschneidet, bzw. deutlich entschlackt und somit zu Farce deklassiert, kann ich auch nicht. "Das pixelgenaue Abspringen" hat auch mal in JnR's eine große Rolle gespielt. Mario kommt zwar mit weniger Automatismen zurecht als Uncharted, aber so wirklich spaßig find ich das auch nicht mehr.
    Da sind Tomb Raider 3 &4 um einige ( oder doch mehr?) Härtere Brocken
    Was man aber auf die damals deutlich hackligere Eingabe zurückführen kann. Es gibt YouTube Vids die das recht gut herrausstellen. Bzw. nur vgl. mit Anniversary. Legend und Underworld sind auch ungeachtet der Eingabe deutlich leichter.

  3. Also wer als "Fan" rumheult" das Anniversary zu schwer war...dann Frage ich mich wie die "Fans" Tomb Raider 3 oder 4 geschafft haben? :ugly: Gut Anniversary war in vergleich zu den sau einfachen "Legend" in der tat um einiges schwerer. Aber Anniversary & Schwer? Nee lass mal. Da sind Tomb Raider 3 &4 um einige ( oder doch mehr?) Härtere Brocken ;)

  4. @Xris: Das stimmt leider. Da muss man sich als Tester dann nicht wundern, wenn man irgendwann nur noch Einheitsbrei serviert bekommt Nach Jump 'n Runs (mit Ausnahme von Mario, wobei die Games auch immer leichter werden) und jRPGs ist es bereits das dritte Genre, dass den Bach runtergeht. Natürlich war das Kampfsystem, bzw. die KI der letzten TRs nicht mehr Zeitgemäß, doch da TR ein AA ist, waren die Action-Einlagen eben nur als Abwechslung gedacht, weswegen dieser Kontrapunkt keinen massiven Wertungsabzug zu Folge haben darf. Bei Uncharted kritisieren die meisten Tester ja auch nicht, dass die Rätsel ein Witz sind (wenn man U als Third Person Shooter ansieht, ist es ja auch legitim). Leider sind die Gamer auch nicht viel besser. Wenn ich mir so anschaue, wie viele TR-"Fans" sich bei Anniversary beschwert haben, dass es zu schwer sei, dann kann ich nur den Kopf schütteln.
    @Underworld:
    Die Fahrsequenzen fand ich nach einiger Eingewöhnungszeit sogar recht ansprechend. Auch wenn die Steuerung nicht optimal war, haben sie für ein wenig Frische gesorgt.

  5. Die Frage ist welche Schwerpunkte man setzt.
    Das mochte ich an Tomb Raider nicht. Schon klar das die Geschichte nicht "komlex" ist oder gesellschaftliche/politische Themen anspricht. Viel simpler: Lara ist böse.

Hinterlassen Sie bitte einen Kommentar.

Seite 1