Ja, die Kampagne ist ungewöhnlich lang, wird dabei aber auch nie langweilig. Das ist zum einen den abwechslungsreichen und atmosphärischen Schauplätzen zu verdanken, die zudem durch ein stimmiges, teilweise auch extrem abgedrehtes Artdesign überzeugen, bei dem es Mikami auch durch den Einsatz von Farbfiltern und krassen Schnitten gelingt, immer wieder für Überraschungen zu sorgen und sich selbst zu übertreffen. Zum anderen trägt auch der Wechsel des Spieltempos dazu bei, dass man bei der Stange bleibt: Mal steht unauffälliges Verhalten im Mittelpunkt, bei dem man in bester Schleich-Manier Gegner von hinten ausschaltet oder sie gezielt ablenkt. In diesen Momenten wirkt Evil Within fast wie ein Splinter Cell in einem Horror-Szenario. Dann folgt eine dramatische Fluchtsequenz. Oder ein aufregendes Versteckspiel, bei dem man sich in Schränken oder unter Betten verkriecht. Oder gar ein Schienen-Abschnitt, bei dem man im gerade noch fahrtüchtigen Bus einen gigantischen Verfolger abschütteln muss. Oder hektische Szenen, in denen man für das Deaktivieren von Feuer-Barrieren Schalter finden und zerstören muss, während man von einer ekligen Kreatur gejagt wird. Schön auch, dass manchmal ein Zeitfaktor für zusätzliche Brisanz sorgt, wenn etwa ein Raum mit Giftgas geflutet wird oder ein Mitstreiter zu ertrinken droht, falls man nicht schnell genug agiert. Selbst kleine Rätsel werden zwischendurch eingestreut, die zwar nicht sonderlich komplex oder zahlreich ausfallen, aber ebenfalls für Abwechslung sorgen. Trotzdem wird man das Gefühl nie los, das
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alles schon mal gesehen zu haben – sei es bei Mikamis früheren Werken oder anderen Perlen von Dead Space bis The Last of Us. Es wird an allen Ecken deutlich, dass er sich auf Bewährtes verlässt anstatt erneut kreative Wege zu beschreiten. Sicher: Das Gebotene ist nicht schlecht, doch hätte ich mir von einem Designer wie ihm mehr erhofft.
Die Tücken der Technik
Das gilt auch für die Technik und Präsentation: Auf der einen Seite überzeugt die Kulisse zwar durch ein sehenswertes Spiel mit Licht und Schatten sowie dem überzeugenden Artdesign, doch hat die Bildrate zumindest auf den beiden neuen Konsolen sichtlich damit zu kämpfen, die Darstellung von 30 Bildern pro Sekunde konstant aufrecht zu halten. In großen Arealen mit hohem Gegneraufkommen und aufwändigen Lichteffekten kann es vor allem in hektischen Fluchtsequenzen durchaus zu spürbaren Einbrüchen kommen – und das, obwohl durch die dicken Kinobalken nur ein kleiner Bildausschnitt berechnet werden muss. Auch die Übersicht wird durch die pseudo-cineastische Präsentation beeinträchtigt, zumal auch die Kamera bei Schwenks herum zickt und allgemein etwas zu nah an der Figur positioniert wird. Hinzu kommen unschöne Fehler bei der Kollisionsabfrage, durch die Figuren miteinander verschmelzen oder Gliedmaßen in Wänden, Kisten oder anderen Objekten verschwinden. Dass auch die PC-Version von Haus aus auf 30 Bilder pro Sekunde beschränkt wird, spricht zudem für eine halbherzige Umsetzung, bei der auf eine Optimierung verzichtet wurde. Die typische Krankheit der id-Tech-Engine, bei der Texturen erst verspätet nachgeladen werden, tritt ebenfalls wieder auf allen Plattformen auf und trübt zusammen mit einigen unglücklichen Animationsübergängen das Bild.
Die KI hat ebenfalls mit Problemen zu kämpfen: Okay, es sind Monster, Zombies oder andere groteske Kreaturen, die nicht unbedingt mit Intelligenz gesegnet sein müssen. Doch die schwankende Aufmerksamkeit fällt genauso negativ auf wie die häufigen Wegfindungsprobleme, unter denen nicht nur Gegner, sondern auch Begleiter immer wieder leiden, wenn sie wie blöde gegen Wände oder andere Hindernisse laufen.
Professionelle Lokalisierung
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Keinen Grund zum Meckern bietet die Klangkulisse: Neben den teilweise Nerven zerfetzenden Soundeffekten und der sparsamen, aber wirkungsvoll eingesetzten Musik überzeugen in erster Linie die guten deutschen Sprecher, die klasse zu den jeweiligen Rollen passen. Einzig die Tatsache, dass der Protagonist immer mit dem deutschen „Sebastian“ angesprochen wird anstatt die englische Aussprache zu verwenden, wirkt in den Dialogen befremdlich.
Einen kleinen Rüffel fängt sich Bethesda außerdem wieder für die Auswahl an verfügbaren Sprachen ein: So packt man hier neben Deutsch erneut Französisch, Spanisch sowie weitere eher uninteressante Sprachaufnahmen auf die Disk, lässt den englischen Original-Ton aber außen vor. Was soll das? Es ist zwar schön und löblich, dass man viel Mühe und Geld in eine professionelle deutsche Lokalisierung investiert. Aber muss man uns deshalb die englische Tonspur im Gegenzug bewusst vorenthalten? Ich denke nicht.