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The Evil Within (Action-Adventure) – Bizarrer Überlebenskampf

Shinji Mikami, der Vater von Resident Evil und Mitbegründer des Survival-Horrors, will zu seinen Wurzeln zurückkehren: Mit The Evil Within inszeniert er für Bethesda einen bizarren Psychotrip voller surrealer Momente, grotesker Kreaturen und ekliger Gewaltszenen. Aber gelingt es ihm auch, das Genre  mit frischen Impulsen zu bereichern oder bleibt der Altmeister in seiner ruhmreichen Vergangenheit gefangen? 

© Tango Gameworks / Bethesda Softworks

Vorsicht, Falle!

Die nötigen Ressourcen bilden Teile, die man bei der Entschärfung von Fallen ergattern kann. Aber Vorsicht: Während sich Stolpermechanismen oder Bärenfallen ohne großes Risiko deaktivieren lassen, muss man bei Bomben erst einen fiesen Reaktionstest bestehen. Hinzu kommt, dass man immer abwägen sollte, ob die Fallen nicht auch von Nutzen sein können. Zwar reagiert der Bewegungsmelder von Bomben inkonsequenterweise nur auf Castellanos und nicht auf Gegner, doch kann man den Sprengstoff alternativ auch durch einen gezielten Schuss zünden und im Idealfall gleich mehrere Widersacher in die Flammenhölle schicken. Auf Feuer reagieren die meisten von ihnen generell allergisch, während sie einige Kugeln einstecken und sogar noch mit einer halb weg geschossenen Gesichtshälfte weiter unbeirrt auf mich zuwanken. Aus diesem Grund sollte man im Idealfall immer ein Streichholz parat haben und sie abfackeln, um auf Nummer sicher zu gehen. Wenn man bei der Aktion auch gleich noch weitere Gegner

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Die Standard-Gegner haben viele Gemeinsamkeiten mit Zombie-Artgenossen. © 4P/Screenshot

entzünden kann, umso besser… Doch genau wie bei der Munition muss man auch hier haushalten, denn der Nachschub an Streichhölzern ist stellenweise genauso mau wie bei den Kugeln. Trotzdem: Wer die Augen offen hält und die Umgebung, Waffen sowie Fallen clever nutzt, kann mit wenig Munition dennoch viel Schaden anrichten.

Nerviges Glücksspiel

Doch manchmal hilft selbst das beste Arsenal nichts mehr – nämlich dann, wenn Mikami und sein Team zum Trial&Error-Tänzchen bitten. Und von diesen nervigen Passagen gibt es leider viel zu viele im Spiel, die den Frustpegel rasant in die Höhe schnellen lassen. Ich mag es ja auch gerne etwas anspruchsvoller. Aber man sollte mir als Spieler trotzdem immer noch eine kleine Chance zum Überleben lassen. Hier hatte ich dagegen häufig das Gefühl, als wollen mich die Designer bewusst tausend Tode sterben lassen – und sei es nur, um mir die brutalen Szenen meines Ablebens ins Gesicht zu schmettern. Doch wenn mich ohne Vorwarnung (z.B. durch Soundeffekte) etwas von hinten überrollt oder nur eine kurze Berührung eines teleportierenden(!) Gegners ausreicht, um mich zu töten, hört irgendwann der Spaß auf und die schweißtreibende Panik weicht zunehmend dem Frust, der auch bei manchen der knallharten, aber sehenswerten Bosskämpfe die Oberhand gewinnt.

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Die kleinen Rätseleinlagen sind zwar spaßig, aber viel zu selten und sehr einfach zu lösen. © 4P/Screenshot

Immerhin hat man die automatischen Speicherpunkte überwiegend fair verteilt. Und auch die Spiegelzimmer, in denen man sich zurück zur Klinik und damit zum manuellen Speichern sowie Aufrüsten beamen darf, sind zahlreich vorhanden, wenn auch nicht immer glücklich platziert. In diesem Rahmen erfährt man auch durch Tagebuchseiten des Protagonisten sowie Zeitungsausschnitte etwas über die Hintergründe der Figuren und Ereignisse. Sonderlich hilfreich sind sie allerdings nicht, um die wirre Geschichte zu verstehen. Zwar geht zu Beginn durch die merkwürdigen Ereignisse und Schauplätze noch etwas Mysteriöses von ihr aus, doch irgendwann habe ich es aufgegeben, hinter das Geheimnis dieser stupiden Aneinanderreihung von Fragezeichen zu steigen. In diesem Zusammenhang finde ich auch die Charakterzeichnung der Figuren äußerst schwach: Neben Protagonist Castellanos gehen auch seine beiden Partner ungewöhnlich locker und fast schon gleichgültig mit der verstörenden Situation um. Eine seltsame Welt voller Monster und Gewalt? Eine Grube voller Blut und Körperteile? Szenen- und Schauplatzwechsel, bei denen man von riesigen Puppenköpfen umgeben ist oder plötzlich von einem düsteren Keller in ein wunderschönes Sonnenblumenfeld bei idyllischem Sonnenuntergang verfrachtet wird? Ich würde ausflippen! Doch Castellanos und seine Begleiter gehen das alles unverhältnismäßig cool an. Die lapidare Aussage „Ich glaube, ich werde langsam verrückt“ des Protagonisten im letzten Drittel des über 20 Stunden langen Horror-Trips ließ mich ein wenig schmunzeln. Ach ne, lieber Castellanos: Endlich auch mal darüber nachgedacht, dass da vielleicht irgendwas in deinem Kopf nicht stimmt?! Glückwunsch zu dieser Erkenntnis!