Miniplot
Weil es sich The Chosen einfach macht, tue ich es ebenso: Marcus Dominus Ingens, Zauberer, Bösewicht, will die Welt erobern. Seine diabolische List: „Benutze magischen Schlüssel mit Tor zur Hölle“. Auftritt: Zaubernder Mönch, schießende Jägerin oder Nahkampf-erprobter Krieger. Einer von diesen soll die unheilvolle Verkettung „Tor zur Hölle – Marcus – geschätzte zehntausend Vampire, Dämonen, Werwölfe“ in umgekehrter Reihenfolge
ausradieren. Wer braucht in einem solchen Spiel schon eine einzigartige, gut erzählte Geschichte?
Ich, um ehrlich zu sein. Und auch, wenn mich dieser Makel weniger schmerzt: Mehr als drei Charaktere, auf deren Erschaffung man keinen Einfluss hat, wären ebenfalls schön gewesen. So beginnt The Chosen sehr bieder, und alle, die sich wenigstens den Funken von etwas Besonderem erhofft hatten, bleiben ernüchtert auf der Strecke. Die
sperrigen Texte sämtlicher Akteure drücken den ersten Eindruck zusätzlich. Dafür muss man den Machern zugute halten, dass sie sämtliche Dialoge, oder vielmehr: Monologe, von professionellen Sprechern vortragen lassen. Ausuferndes Textstudium fällt somit flach – was wegen der knapp gehaltenen Erzählung nicht wundert.
Heimatnah
An einem Punkt macht sich das Spiel allerdings interessant, denn das Szenario wirkt im Vergleich zum mystischen Fantasy-Allerlei sympathisch. Schließlich seid ihr Ende des 19. Jahrhunderts mitten in Deutschland unterwegs, genauer gesagt in der Gegend des sorbischen Kamenz. Es liegt wohl auch daran, dass ich 50 Kilometer entfernt davon aufgewachsen bin, aber auch so wirkt die Welt greifbarer als frei erfundene Reiche; u.a. deshalb, weil ihr die zahlreichen Gegner nicht nur mit Äxten und Zaubersprüchen beharkt, sondern auch Pistolen und Gewehre einsetzt. Selbst die Kleidung der Helden sowie die einfache Architektur der schrägen steinernen Gemäuer basiert auf zeitgenössischen Vorlagen. Stimmungsvoll sind auch Tag-/Nachtwechsel oder raschelnde und sich bei Berührung bewegende Büsche. Schade nur, dass die Entwickler nicht den Mut haben, ihre Geschichte
konsequent in dieses Szenario einzubetten und
Video: Der Starttrailer stellt die drei Charaktere vor. |
stattdessen ein gewöhnliches Fantasy-Abenteuer mit entsprechend gewöhnlichen Monstern erzählen.
Somit macht ihr euch auf, eine Dämonen-Horde nach der nächsten abzuklappern, gebt euren Gegnern per Mausklick Saures und sammelt fleißig Geld, Waffen, Rüstung, Tränke. Gewiefte Widersacher trefft ihr dabei nicht; dass die Kreaturen schon mal vorsichtig zurückweichen ist das höchste der Gefühle. Mitunter verharren sie sogar so lange an einer Stelle, bis ihr ihnen endlich direkt auf den Pelz rückt. Kommt ihr aus der „falschen“, vom Programm nicht vorgesehenen Richtung, warten sie nämlich brav auf euer Überschreiten ihrer „Aktivierungslinie“. Sinnvoll sind hingegen die in Büschen platzierten Werwölfe: Ihr müsst genau hinsehen, um die Wegelagerer in dem Geäst zu erkennen; bewegt sich die Flora, heißt es wachsam sein. Schützen und Magier mit wachsamem Auge können solche Gegner dafür schon im Vornherein erledigen.