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The Ascent (Rollenspiel) – Starker Shooter, mieses Rollenspiel

The Ascent ist das erste Werk des schwedischen Studios Neon Giant – und trotzdem schon. eines der am geilsten aussehenden Spiele des Jahres. Das Action-RPG protzt auf Xbox Series X und PC mit verschwenderisch detaillierten Kulissen – und funktioniert auch als isometrisches Ballerspiel richtig gut. Warum es trotzdem nicht zum Hit reicht, erfahrt ihr in unserem ausführlichen Test.

© Neon Giant / Curve Digital

Mal was zum Spiel

 

Auch in The Ascent, das eine schmuddelige Cyberpunk-Welt aus isometrischer Sicht zeigt, läuft man mit dem einen und zielt mit dem anderen Analogstick – per Schultertaste entlädt man dann eine geballte Ladung Blei in Feinde, die von allen Richtungen auf die Spielfigur zustürmen. Ein Kniff macht die Schusswechsel dabei etwas taktischer als bei vielen Genre-Kollegen: Bei zusätzlich gehaltenem linkem Trigger zielt mein Cybersöldner nicht hüfthoch, sondern visiert die Höhe des Kopfes an – das ist angebracht, wenn man aus einer Deckung über selbige auf Gegner feuert. Weiteren taktischen wie spielerischen Tiefgang bieten die Augmentierungen, mit denen man seine Figur im Spielverlauf ausstattet – mit einem kräftigen „Hydraulikhieb sorgt man für Nahkampfschaden, mit dem „biometrischen Zeitstempel“ holt man sich während des Kampfes Lebenenergie zurück und der helfende Roboter „Mono-Schütze“ zieht Feindfeuer auf sich. Besonders spektakulär: Per „Hyperfokus“ verlangsamt man feindliche Projektile, sobald sie ein stylisches Kugelschild durchqueren, der „Joyrun-Drache“ wiederum saust durch Gegner, was sie zuerst einfriert und dann zum Platzen bringt. Leider haben all diese Gimmicks eine gewisse Abklingzeit und belasten eine zusätzliche Energieleiste – das führt dazu, dass man sie weit seltener einsetzt als man es gerne würde.

 

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Die Dialoge von The Ascent sind zum Wegdrücken dröge – und in der Nahaufnahme sind die Figuren auch gar nicht mal so hübsch. © 4P/Screenshot

Dennoch ist die Action neben der Grafik (dazu gleich mehr) der große Pluspunkt von The Ascent. Selten fühlte sich ein Twinstick-Shooter in meinen Augen so brachial, so druckvoll an: Die MGs rattern mit einem höllischen Tempo, Feinde zucken unter dem Feuer, derweil gibt es zig Explosivfässer oder Fahrzeuge, die unter Beschuss rot zu blinken beginnen und alsbald kraftvoll explodieren – ein wichtiges taktisches Mittel in den Kämpfen. Viele Feinde machen es euch leicht, stürmen tumb heran und werde im Nu rasiert, doch es gibt auch dicke Kugelschwämme, getarnte Nahkämpfer oder Fluginsekten, die plötzlich hinter einem landen. Das Spiel mit der Deckung geht nicht so gut auf, wie es mir erhofft hatte: Nur selten kann man hier kurz Luft holen, sich eine Taktik zurechtlegen und Feinde derweil per Kopfschuss killen – meist ist die Action so turbulent, dass schon der nächste Feind im Rücken heranstürmt und die Deckung zunicht macht. Gegner stehen in der Welt übrigens offen sichtbar herum und können teils umgangen werden, kommt es aber zum Feuergefecht, rennen meist zusätzliche Feinde von außerhalb des sichtbaren Bereichs heran oder kriechen aus allen Ritzen. Trotz dieser Eigenheiten, die taktisches Vorgehen erschweren und trotz nerviger Schwierigkeitsspitzen nach fünf bis sechs Stunden Spielzeit, hatte ich wahnsinnig viel Ballerspaß.

 

Technik, die begeistert

 

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Die Welt ist verschwenderisch detailliert, es macht Freude, die Schmuddel-Kulissen zu erkunden. © 4P/Screenshot

Zudem kann ich. mich kaum satt sehen an The Ascent! Und noch weniger glauben, dass ein Team mit nur gut zehn Leuten ein grafisch derart spektakuläres Spiel auf die Beine gestellt hat. Sicher trägt die isometrische Kamera dazu bei, dass in der Nahaufnahme gar nicht mal so gut modellierte Objekte in der Spieleperspektive knackscharf wirken. Trotzdem ziehe ich meinen Hut vor so viel Liebe zum Detail – die ranzige Cyberpunk-Welt quillt über vor wunderschönen Kleinigkeiten. Halbtransparente Displays, Neon-Reklamen, Dreck in den Straßen, viele Rohre und Kabel, parkende Fahrzeuge, dutzende herumlaufenden Passanten. Überall gibt es Verkaufsstände, Cyber-Garküchen, Casinos, dreckige Bars. Schriften und Logos sehen hinreißend aus, die Bodentexturen sind super, es gibt massig Spiegelungen und kleinste Details auf den Computerbildschirmen und in den Regalen der Shops. Dabei wirkt die Welt auch stilistisch wie aus einem Guss und muss sich vor Night City aus Cyberpunk 2077 nicht verstecken – klar, Perspektive, Immersion und spielerische Möglichkeiten sind hier völlig anders. Aber rein als visuelle Kulisse ist die Spielwelt von The Ascent eine irre Leistung. Und weil auch die Action mit Druckwellen, coolen Cyber-Effekten, berstenden Vehikeln und platzenden Körpern garniert ist, ist die grafische Präsentation also der zweite große Pluspunkt des Spiels.