Wider den unnötigen Ernst
Dem Spaß am Metzeln trübt das aber kaum: Auch wenn man sich auf wenige Waffen beschränkt, macht es richtig Laune, sich durch die Horden zu ballern. Eine klare Stärke ist auch der Humor: Mein Held lässt immer wieder selbstironische Sprüche vom Stapel, wenn es zu hahnebüchen oder schnulzig wird: „Oh nein, jetzt kommt bestimmt die unvermeidliche charakterbildende Zwischensequenz!“ oder „Vielleicht schaffe ich es auch nicht, aber dann bekommen wir wenigstens ein paar coole Respawn-Animationen zu sehen.“ Recht hat er – nach einem Tod wankt die Spielfigur aus einem Sarg, fällt durch ein Portal, landet in einem Shuttle oder zieht jede Menge andere Slapstick-Aktionen ab. Auch meine Auftraggeber wirken herrlich grotesk. Ein paar hängen gebliebene Live-Rollenspieler denken z.B., sie lebten im zwölften Jahrhundert und unterhalten sich ähnlich geschwollen wie in Game of Thrones.
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Um ihrem todkranken König zu helfen, akzeptieren sie aber lediglich eine bestimmte Baumrinde als „Zehrung“. Während sie den Rohstoff zeitaufwändig vom Baum klopfen verteidige ich das schräge Schauspiel vor heranrückenden Horden. Auch die Verteidigung der Amp-Brauereien erinnert an Tower-Defense. Zunächst platziere ich einige fiese Fallen vor den Barrikaden, um sie später mit ein paar Sprüngen auszulösen – und schon krümmen sich die Zombiemassen zwischen einem Gewitter aus Blitzen, Feuer und den rotierenden Klingen der „Zerhackstückler“. Währenddessen wird der Explosions-Overkill von einem angemessen rotzigem Punk-Soundtrack untermalt.
Zombie-Drachen, Zeppeline und andere Monstrositäten
Wer eine stringente Geschichte braucht, um sich zu motivieren, kommt nicht auf seine Kosten – meiner Meinung nach passt der selbstironische Humor aber ohnehin besser zum Spiel. Im letzten Viertel gibt es trotzdem einen Dämpfer, wenn die Qualität des Missionsdesigns nachlässt. Auf dem Weg zu einem besonders starken Nahkampf-Schwert musste ich z.B. immer wieder vorgegebene Gebiete von Gegnern säubern – nicht besonders spannend. Im Gegenzug wurde ich aber mit einigen coolen Bosskämpfen gegen gigantische Fizzco-Monstrositäten entschädigt, die wild durch die Stadt marodieren. Einem zum Zombie-Drachen mutierten Samurai muss ich z.B. durch die halbe Stadt folgen, bevor ich auf seinem Schweif entlang grinden konnte.
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Cool ist auch ein schnippischer Robo-Zeppelin in Form des Fizzco-Maskottchens, den ich nur über einige kreisrund nach oben führende Schienen erreiche. Die solide, aber nicht gerade spektakuläre Technik kann übrigens nicht mit dem coolen Art-Design mithalten: Die Action läuft zwar fast immer flüssig, die Kombination aus 30 Bildern pro Sekunde und auffälligen Pixel-Kanten ist für die Augen auf Dauer aber ein wenig anstrengend. Dazu kommen gelegentlich nachladende Texturen und ein leichter Grafikaufbau in der Ferne. Gegen das sehr saubere und visuell beeindruckende Infamous: Second Son zieht das Spiel grafisch deutlich den Kürzeren.