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Sunset Overdrive (Action-Adventure) – Die etwas andere Apokalypse

Wozu laufen, wenn man grinden kann? Im Xbox-One-exklusiven Sunset Overdrive schliddert und hüpft man einfach über die Zombiemassen hinweg, um sie stilvoll aus der Welt zu bomben. Insomniac mischt das Spielgefühl von Jet Set Radio mit dem Action-Overkill eines Zombie-Shooters in einer offenen Welt und garniert es mit einer Extraportion Selbstironie. Geht die bizarre Mischung auf?

© Insomniac Games / Microsoft

Spaß mit Limonade-Zombies

War ja klar, dass das nicht gut geht. Seit Jahren warnt mich Kollege Dieter vor ungesunden Energy-Drinks, doch in Sunset Overdrive sind die Lebensmittel-Designer einen Schritt zu weit gegangen. Vielleicht hätte der Mega-Konzern Fizzco doch einen Teil des Budgets in Gesundheits-Tests investieren sollen, denn das neue Aufputschmittel Overcharge Delirium XT hat sämtliche Konsumenten im Handumdrehen in aufgeblähte Limonade-Zombies (genannt O.D.) verwandelt. Während die Biester grunzend die Stadt bevölkern, macht der namenlose Held das Beste aus der Misere: Vorher steckte er in der Tretmühle prekärer Beschäftigungen – in der Anarchie der Apokalypse kann er dagegen frei durch die Stadt randalieren.

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Weder schön noch selten: Die Energy-Drink-Zombies bevölkern beinahe die komplette Stadt. © 4P/Screenshot

Der Hintergrund des Protagonisten ist bewusst vage gehalten: Damit ich mich in meiner postapokalyptischen Haut wohl fühle, soll ich mich zuerst im Charakter-Editor austoben. Zu Beginn ist die Auswahl noch überschaubar, im Laufe des Spiels kommen aber immer mehr Accessoires hinzu, die angemessen durchgeknallte Ergebnisse ermöglichen. Ich entscheide mich für einen braungebrannten Surfer mit lässig aufgeknöpftem Hawaii-Hemd, nackten Füßen, schmierig nach hinten gegelten Haaren mit neongrünen Strähnchen sowie hypnotischen Kontaktlinsen – perfekt!

Hipster, Samurais und hängengebliebene LARPer

Die mir freundlich gesinnten Überlebenden sehen nur marginal weniger wahnsinnig aus als die Untoten: Besonders gut getroffen ist ein Grüppchen arroganter Technik-Hipster, die gelangweilt in ihrer Basis herumliegen und ausschließlich per Handy-Chat kommunizieren. Da nur sie mir einen Propeller für mein geplantes Flucht-Flugzeug beschaffen können, muss ich ihnen erst einmal mehr oder weniger nutzlose Dinge beschaffen, um ihre Stimmung zu heben. Der weibliche Roboter-Geek z.B. vermisst seinen knuffigen Robo-Hund, den ich auf dem Rückweg aus dem zombieverseuchten Park als erstaunlich starken KI-Kämpfer befehligen kann. Einer ihrer Mitbewohner ist ein Marken-Fetischist, der nur sündhaft teures Mineralwasser trinkt – also muss ich zunächst einmal über viele verseuchte Becken und Rohre „skaten“, um die mit Zombies verstopften Rohre freizupusten und die Wasserabfüllung erneut in Gang zu bringen.

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Die Fizzco-Roboter versuchen die Seuche auf ihre Weise einzudämmen. © 4P/Screenshot

Da es in der Stadt nur so vor aggressiven O.D.-Zombies wimmelt, ist der Boden natürlich der gefährlichste Ort. Das Spieldesign zwingt und belohnt mich also sinnvoll zur Luftakrobatik: Nur wenn ich ständig in Bewegung bleibe, auf Dachkanten schnell um die Ecken grinde und wie ein Gummiball über Autos, Planschbecken und andere elastische Objekte springe, lande ich nicht in den Armen der tumben Horde. Die Untoten sind übrigens trotz Zombifizierung deutlich hartnäckiger als in Destiny & Co. Auch wenn ich auf den Dächern zu lange Däumchen drehe, klettern irgendwann benachbarte Monster hinauf.