Wer braucht schon den Boden?
Die ungewöhnliche Steuerung erfordert eine lange Eingewöhnungszeit: Mein erster Impuls war, wie in Gears of War & Co. in Deckung zu laufen und die Biester geschickt mit meinen Wummen einzudecken, doch das erwies sich schnell als falsche Strategie. Je mehr ich spielte, desto effektiver blieb ich in der Luft und desto intuitiver fand ich die Schienen sowie die als Sprungbrett umfunktionierten Gegenstände in der Welt. Insomniac hat mit Sunset City einen tollen Abenteuerspielplatz geschaffen: Runde Hochhaus-Komplexe, oberirdischen Stromleitungen, Zäune und vieles andere ist wie gemacht für Skating-Einlagen. Einfach das Knöpfchen drücken und schon schliddere ich sicher darauf entlang. Das „Bouncen“ funktioniert ähnlich simpel: Runde Büsche, Autos und Unmengen anderer Dinge schleudern mich hoch in die Luft. Die geschwungenen Formen, kräftigen Farben und die leichte Verwitterung an den fantasievoll gestalteten Betonbauten erinnern frappierend an die sich häufenden Discotheken-Ruinen in der italienischen Provinz. Spiegel Online hatte vor einigen Wochen eine Bilderserie des Fotgrafen Antonio La Grotta über die wundersam geformten Tanztempel, mit denen italienische Architekten in den Achtziger und Neunziger Jahren ihre wildesten Ideen verwirklicht haben – und die mittlerweile leer stehen und verfallen. Nur ein Zufall?
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Auch feindlich gesinnte Banden – so genannte Scabs – bevölkern den Boden und die Dächer. Außerdem durchkämmen Fizzcos Kampfroboter die Stadt, um die Seuche einzudämmen, indem sie alles abschießen, was sich bewegt. Die Kunst am ungewöhnlichen Bewegungs-Mix besteht darin, schnell genug zwischen den Orten umher zu zischen, um rechtzeitig zu Missionszielen zu gelangen, ohne den zahlreichen Gegnern in die Arme zu fallen. Ein Sprung aufs Auto, ein Grind über den Bus, ein Hüpfer über die Markise – und dann noch ein Wandlauf bis zum gegenüberliegenden Dach. Auch das Schwingen an Laternen, kurze Sprints übers Wasser und ein nützlicher Luft-Dash sind später möglich.
Timing ist alles
All das lässt sich einfach und elegant abwickeln, wenn man die passenden Tasten im richtigen Rhythmus drückt. Die Akrobatik macht das Treffen der Gegner natürlich zu einer besonderen Herausforderung, also haben die Entwickler der Steuerung eine starke aber sinnvoll dosierte Automatik-Anpeilung verpasst. Auch im direkten Umkreis des Fadenkreuzes treffe ich meine Gegner – die grobe Richtung muss allerdings stimmen.
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Wenn ich die Techniken richtig einsetze, sorgt das für ein mächtiges und arcadiges Spielgefühl. Auch die durchgeknallten verbesserbaren Waffen sorgen für Spaß beim Metzeln. Ob nun ein explosiver TNT-Teddy, ein Schallplattenwerfer oder lustig tanzende Säure-Duschen: Die Entwickler haben sich wie zu besten Ratchet-und Clank-Zeiten einige ebenso alberne wie fiese Instrumente ausgedacht, mit denen man die aufgeblähten Widersacher effektvoll zum Zerplatzen bringt. Das Gewalt- und Fluch-Level lässt sich sogar im Menü zensieren.
Stilvolles Metzeln
Wenn ich zwischen akrobatischen Aktionen nicht den Boden berühre, steigt außerdem der Kombo-Zähler, der auch durch Kills befeuert wird. Erhöht sich meine Style-Stufe, profitiere ich kurzzeitig von nützlichen kleinen Extras. Die Waffen besitzen so genannte Amps, also Verstärker, die bei stilvollem Gehüpfe für Extra-Schaden sorgen. Je nach vorher ausgerüstetem Amp erscheinen überspringende Blitze oder andere Gemeinheiten. Auch meine Figur entwickelt durch vorher zugeordnete Verstärker Superkräfte: Plötzlich bewirkt jeder Trampolin-Sprung z.B. eine große Explosionswelle, welche die herbei wankenden Gegner auslöscht – praktisch! Dazu lassen sich noch eine ganze Reihe weiterer Extras freischalten, die je nach Vorliebe an unterschiedlichen Statuswerten schrauben.
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Es kann nicht schaden, die Folterinstrumente auf die drei Gegner-Arten abzustimmen: O.D.s sind leicht entzündlich, Roboter lassen sich gut mit einem Energiestrahl zerbrutzeln usw. Das Balancing ist aber nur teilweise gelungen: Der TNT-Teddy z.B. ist derart stark, dass ich mich etwa die Hälfte der Zeit mit ihm durch die Massen gebombt habe. Andere Waffen wie der fette Energiestrahler sind zwar bei Bossen oder lästigen Riesen-Fledermäusen nützlich, passen aber deutlich schlechter zum hektischen Spielprinzip. Da ich fast immer in Bewegung bleibe, kann ich es mir nur selten leisten, genauer zu zielen und erreiche mit fetten Explosivgeschossen deutlich schneller Resultate – selbst wenn das Spiel eigentlich vorsieht, dass ich öfter wechseln soll.