Wer schon einmal einen Abend mit einem komplexen Brettspiel der Marke Gloomhaven oder Mage Knight erlebt hat, der weiß, wie anstrengend das sein kann: Alles auf- und wieder abbauen, unfassbar viele Regeln müssen besprochen werden und Diskussionen gibt es andauernd. Sunderfolk soll die Lösung sein.
Ehemalige Angestellte von Blizzard haben sich zusammengeschlossen, um ein digitales Brettspiel zu entwerfen, welches komplex, aber trotzdem zugänglich ist. Es soll sowohl Brettspiel-Fans als auch diejenigen abholen, die unter dem Begriff höchstens Klassiker wie Monopoly oder Siedler von Catan kennen. Und gleichzeitig könnte es der perfekte Einstieg für all diejenigen sein, die nach Baldur’s Gate 3 Lust auf Pen and Paper bekommen haben.
Ich habe mir drei Freunde geschnappt und mich mit ihnen durch eine Fantasy-Welt unter der Erde gekämpft. Wir haben hitzig diskutiert. Uns aufgeregt, dass wieder jemand nicht vor dem finalen Zug das Gold aufgehoben hat. Überlegt, wie lange es wohl dauert, etliche Spinnen aus dem Weg zu räumen, um rechtzeitig einen Verbündeten zu befreien. Kombiniert all das mit viel Gelächter, ein paar Snacks und dem Gefühl, dass Sunderfolk jede Menge richtig macht.
Sunderfolk im Test: Das digitale Brettspiel
Die Idee von Sunderfolk auf dem Papier ist erst einmal gar nicht so neu, wie sie klingt: Die Digitalisierung von Brettspielen ist keine Erfindung von Publisher Dreamhaven, angeführt vom ehemaligen Blizzard-Präsidenten Mike Morhaime, und dem Studio Secret Door. Schon vor der weltweiten Corona-Pandemie haben Titel wie der Tabletop Simulator für Aufsehen gesorgt, in dem hunderte von Brettspielen digitalisiert worden sind – wenn nicht offiziell, dann immerhin über den Workshop.

Die Pandemie hat den Drang der Industrie, komplexe Brettspiele auch virtuell anzubieten, aber gewiss noch einmal zusätzlich befeuert. Mittlerweile könnt ihr problemlos auf Steam Titel wie Gloomhaven, Flügelschlag oder Clank käuflich erwerben. Oft auch mit einem gut funktionierendem Online-Koop, wodurch selbst große Distanzen für einen Brettspielabend keine Ausrede mehr sind.
Sunderfolk setzt an dieser Stelle an, will aber trotz aller Übertragung ins Digitale den gesellschaftlichen Aspekt eines Brettspiels nicht außer Acht lassen. Das kleine Team greift deshalb auf ein Prinzip zurück, das der eine oder andere eventuell von den Jackbox-Spielen kennt: Smartphone-Steuerung. Eine kostenlos für iOS und Android verfügbare App verwandelt das eigene Handy in einen Controller, während das Spielbrett auf dem großen Monitor oder Fernseher in voller Pracht dargestellt wird.
Praktisch: Obwohl für den gemeinsamen Abend im Wohnzimmer konzipiert, lässt sich Sunderfolk ebenso problemlos remote erleben. Dafür muss lediglich der Bildschirm, also das eigentliche Spiel, übertragen werden, etwa via Discord oder einer anderen App. Anschließend müssen Teilnehmer*innen nur noch mit der Controller-App den QR-Code scannen und schon steht dem Brettspiel-Abenteuer nichts mehr im Weg.
Das sind die Splitterlande
Sunderfolk versetzt uns in eine Fantasy-Welt, die unter der Erde angesiedelt ist. Dort leben verschiedene sprechende Tiere an einem Ort namens Arden zusammen, der von einem Lebensbaum und Lichtkristallen abhängig ist. Um Arden herum herrscht derweil die Dunkelheit, in der Oger, Skelette, Spinnen und andere finstere Wesen ihr Unheil treiben.

Eines Tages schaffen es besagte vierarmige Oger in Arden einzufallen und wollen, wortwörtlich quasi, das Licht ausknipsen. Klar, dass die Einwohner*innen nicht tatenlos ihrem Ende entgegenblicken wollen, weshalb sich vier tapfere Held*innen zusammenfinden, um die Heimat zu beschützen – damit ist unsere Truppe gemeint. Doch bevor es wirklich losgeht, muss erst einmal eine Klasse ausgewählt werden. Insgesamt stehen sechs Charaktere zur Verfügung:
- Berserker: Ein großer, kräftiger Eisbär, der im Grunde die Frontsau und mit einem riesigen Hammer bewaffnet ist.
- Arkanist: Ein gewitzter und schlauer Rabe, der sich durch seine magischen Fähigkeiten auszeichnet.
- Waldläufer: Mit Bogen bewaffnet ist dieser Widder derjenige, der aus der Ferne auf Feinde schießt.
- Barde: Eine musikalisch begabte Fledermaus ist der Heil- und Support-Charakter, inklusive Chaos-Faktor. Ist ja logisch.
- Feuermagier: Passenderweise ein Salamander, der sich auf beste Art und Weise mit dem Element der Hitze auskennt und ordentlich einheizt.
- Schurke: Wer Gegnern gerne in den Rücken sticht, dürfte sich bei diesem Wiesel mit Kapuze bestens aufgehoben fühlen.
Meine Truppe für den Test bestand am Ende aus einem Barden, Arkanisten, Berserker und Schurken. Letzterer gespielt von mir selbst, da ich ehrlich gesagt zuerst dachte, es wäre ein Otter. Aber ein Wiesel ist auch okay. Steht die Truppe, geht es auch direkt los – das Anfertigen eines Charakterbogens und Verteilen von Attributen ist nicht notwendig. Stattdessen startet das Abenteuer in einer Taverne, in der mitten in unserer kleinen Konversation Oger einfallen.