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South Park: Der Stab der Wahrheit (Rollenspiel) – Rollenspiel-Anarchie und Analsonden

Was passiert, wenn die Kids in South Park ein Live-Rollenspiel veranstalten? Wenn es nach den Spezialisten von Obsidian geht, entsteht dabei das pure Chaos: Cartman, Kenny & Co machen sich auf die Suche nach dem Stab der Wahrheit. Doch was sie finden, wird die Kleinstadt in Colorado bis in ihre Grundfesten erschüttern – mehr dazu im Test.

© Obsidian Entertainment / Ubisoft

Doch worum geht es? Man schlüpft in die Rolle eines neu zugezogenen Knirpses, der offensichtlich und sehr zur Freude seiner Eltern an Amnesie leidet und der sich zudem entschieden hat, stumm zu bleiben. Frisch in das neue Haus eingezogen, wird er aufgefordert, nach draußen zu gehen und sich ein paar Freunde zu suchen.

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Es lohnt sich, immer wieder dem South-Park-facebook einen Besuch abzustatten – auch hier warten witzige Dialoge. © 4P/Screenshot

Gesagt, getan: Schon nach kurzer Zeit trifft er Butters, der in einem Paladin-Kostüm mit einem anderen Kind kämpft, das wie ein Elf aussieht. Er schlägt sich auf Butters Seite und der nimmt ihn mit zu Cartman, der ihn aufklärt: Die Kids in South Park veranstalten eine Art Live-Rollenspiel. Auf der einen Seite die Menschen unter der Führung des Zauberer-Königs Cartman, auf der anderen die Elfen unter der Leitung von Kyle. Der Konflikt dreht sich dabei um ein Relikt, den Stab der Wahrheit. Wer ihn besitzt, hat die Kontrolle über das Universum. Und während des Tutorials kommt es zum Eklat: Die Elfen schaffen es, den Stab an sich zu reißen und der Spieler hat als „Saftsack“ bzw. „Sir Saftsack“ (im Original „Douchebag“, es ist egal, welchen Namen man sich gibt) die Aufgabe, das Relikt wiederzubeschaffen – koste es, was es wolle.

Rundenbasiertes Action-Rollenspiel

Und bevor man sich versieht, läuft in bester South-Park-Manier alles aus dem Ruder: Außerirdische tauchen auf, man muss nicht nur gegen Elfen, sondern auch gegen Zombie-Nazis, Gnome, das US-Militär oder wilde Tiere kämpfen. Die Geschichte überrascht dabei immer wieder mit Wendungen, die im Rahmen des absurden Humors nicht nur Sinn ergeben, sondern nahezu perfekt ausgebaut bzw. erklärt werden und auf einen Showdown hinauslaufen, der den Namen wahrlich verdient. Die Auseinandersetzungen laufen dabei rundenbasiert ab, auf der einen Seite der namenlose Held und ein frei wählbarer Helfer (ich habe mich meist für Butters als heilenden Paladin entschieden), auf der anderen Seite bis zu sechs Gegner. Allerdings sollte man vorher schauen, ob man die Umgebung in irgendeiner Weise beeinflussen und durch Interaktion wie Stromschläge etc. Feinde im Vorfeld ausschalten kann, um die Feindesgruppe zu klein wie möglich zu halten.

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Keiner flucht so schön wie Cartman. Und bei der Suche nach dem Stab der Wahrheit hat er ausreichend Gelegenheit. © 4P/Screenshot

Je nachdem, wer in der zweidimensionalen, seitwärts scrollenden Erforschungsansicht den ersten Schlag gelandet hat, darf auch auf dem Kampfbildschirm zuerst loslegen und sich so einen Vorteil verschaffen.

Doch anstatt den Spieler ganz klassisch seine Auswahl treffen zu lassen und ihn ab diesem Moment zum passiven Zuschauer zu machen, während im Hintergrund Ergebnisse ausgewürfelt werden, hat sich Obsidian für einen aktiven Weg entschieden: Inspiriert von Handheld-Titeln wie der Mario-und-Luigi-Serie werden ausnahmslos jede Angriffsaktion sowie alle Verteidigungen von einem Reaktionstest begleitet. Je nach Situation im richtigen Moment geklickt, gedreht oder auf Knöpfe gehämmert, setzt nicht nur ggf. Bonuselementarattacken (im Idealfall mit Schaden-über-Zeit) frei, sondern vergrößert generell den erzielten Schaden. In der Verteidigung wird durch gutes Timing der Abzug der Lebensenergie minimiert, wobei das Zeitfenster von Angreifer zu Angreifer variieren kann. So kann man sich nie zurücklehnen. Man ist nicht nur ein aktiver Bestandteil der Auseinandersetzungen, sondern ein starker Einflussfaktor, so dass die Immersion in den Kämpfen deutlich höher liegt wie bei ähnlich gelagerten Titeln à la Lords of Magic oder zahlreichen Taktik-Rollenspiele aus dem japanischen Raum. Einzig die Benutzung von Heilgegenständen läuft ohne zusätzliche Aktion ab. Bedingt durch das überschaubare Angriffsspektrum sowohl der eigenen Figuren als auch der Gegner erreicht man zwar irgendwann eine bestimmte Routine, doch auf die faule Haut legen kann man sich nie.

Entwicklung: eingeschränkt, aber umfangreich

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Vier Klassen stehen zur Verfügung. © 4P/Screenshot

Mit jeder neuen erreichten Charakterstufe kann man entscheiden, welche der Hand voll Fähigkeiten man aufwertet, wobei bestimmte Stufen oder Attribute erst später freigeschaltet werden. Zusätzlich kann man über das Erreichen bestimmter Grenzwerte von Freundesanfragen auf dem South-Park-Äquivalent von Facebook zusätzliche Passiv-Boni freischalten. Doch das war es auch schon hinsichtlich der Entwicklung der Figur – ich hatte mehr erhofft. Es muss ja nicht gleich ein Spährenbrett wie in Final Fantasy 10 sein, doch dies ist schon sehr minimalistisch und liegt sogar noch unter Diablo 3. Schlimmer noch: Bei den begleitenden Kollegen, die automatisch mit einem aufsteigen, hat man keinerlei Einfluss. Obwohl man hier eine Chance verschenkt hat, dem Spieler noch mehr Einfluss auf sein South-Park-Abenteuer zu geben, ist eine umfangreiche Personalisierung vorhanden.