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Sekiro: Shadows Die Twice (Action-Adventure) – Schwertgewitter

Drei Jahre nach Dark Souls 3 präsentiert From Software ein neues Kampf-Abenteuer. Hidetaka Miyazaki und sein Team entführen in das späte 16. Jahrhundert des alten Japan, in die Welt der Samurai und Shinobi. Man schlüpft in die Rolle eines Ninja, der seinem entführten Lord nachjagt. Und dafür muss man in zig heiklen Duellen bis an seine Grenzen gehen. Ob Sekiro: Shadows Die Twice überzeugt, verrät der Test.

© From Software / Activision

Vom Straßenköter zum Shinobi

Die Story um Sekiro kann im Einstieg (hier die ersten zwanzig Minuten) nicht sofort fesseln, beginnt recht gewöhnlich mit einer Entführung, dem dämonischen Bösewicht und vielen Fragen zur Vergangenheit des Helden, den man diesmal nicht selbst erstellen kann. Er wird als Kriegswaise von einem Unbekannten aufgenommen und zum Ninja ausgebildet. Zwar spricht er gelegentlich, aber bleibt die meiste Zeit über eher ein schweigsamer Beobachter, der wie gehabt Figuren mehrmals anreden muss – gerade nach Ereignissen. Aber die wenigen Äußerungen lassen auch genug Freiraum für eigene Interpretationen.

Trotzdem gibt es mehr klare Missionen als in der Soulsreihe: Mal muss man einem Gesuchten gegen Samurai helfen, für einen Händler Wachen belauschen, gezielt umher streifende Assassine töten oder für eine düstere Gestalt ein Opfer besorgen. Man trifft auf einige interessante Charaktere, die einem helfen können. Dabei hat man überraschend oft die Wahl in Dialogen, kann sich als Shinobi vorstellen oder lieber schweigen, kann hilfsbereit oder arglistig sein und danach die Konsequenzen spüren – bis hin zu einer weit reichenden Entscheidung, die für ein anderes Ende sorgt; danach wartet ein New Game plus.

Spielwelt mit Konsequenzen

Die Suche nach dem „göttlichen Erben“ sowie den eigenen Wurzeln wird mit Stimmen aus der Vergangenheit und bruchstückhaften Erkenntnissen so verdichtet, dass auch angesichts dieses direkteren Storytellings über die 25 bis 40 Stunden ein klareres Bild entsteht als in der Soulsreihe. Nicht falsch verstehen: Es gibt genug Geheimnisse, aber nicht in dieser fragmentierten Fülle. Die deutsche Lokalisierung ist übrigens übarraschend gut; die Sprecher haben tolle Arbeit geleistet. Aber wer will, kann auch auf Englisch oder Japanisch schalten.

Je länger man spielt, desto mehr fühlt man sich als Teil einer reagierenden Welt mit einem großen Mysterium rund um

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Im Rücken des Feindes kann man sofortige Todeshiebe ausfühen – auch gegen Bosse. © 4P/Screenshot

göttliches Blut, denn das eigene Sterben wirkt sich auf die Gesundheit aller anderen Figuren aus, also auf Händler oder andere Charaktere, die plötzlich zu husten beginnen. Sie können nicht sterben, aber so lange sie krank sind, werden ihre Missionen angehalten, bis ihr das Gegenmittel findet.

Das erinnert entfernt an universelle Auswirkungen wie die Welttendenz aus Demon’s Souls oder direkter an die Seuche aus Bloodborne. Dieser Sekiro kann zwar immer wiederauferstehen, aber dieser Prozess löst bei zu häufigem Gebrauch die so genannte „Drachenfäule“ aus und hat negative Konsequenzen. Übrigens in Intervallen: Heilt man alles, wird wieder von vorne gezählt und die Krankheit kann zurückkehren.

Charakterentwicklung mit Soulsresten

Auch wenn Sekiro vielerorts im Gegensatz zur Soulsreihe als Action-Adventure und nicht als Action-Rollenspiel beschrieben wird, konnte sich From Software nicht wirklich davon lösen, dass man seinen Charakter ausrüsten und entwickeln kann. Zwar funktioniert das nicht so direkt über einzelne Waffen oder Werte wie Geschick oder Stärke, in die man Seelen investierte, so dass man umgehend mehr Schlagkraft hatte, wenn man nur lange genug bekannte Gebiete abgraste –  alleine dadurch konnte man viele Bosse auch ohne bessere Skills, einfach nur als besserer „Damage-Dealer“ leichter besiegen. Das funktioniert hier nicht.

In Sekiro kann man die ganz wichtigen und einzigen beiden körperlichen Merkmale Angriffskraft und Vitalität, wobei Erstere zu Beginn bei 1, Letztere bei 10 liegt, nicht auf diese Art steigern. Das geht nur über jeweils vier Gebetsketten oder

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Sekiro kann sich auf unterschiedliche Art spezialisieren. © 4P/Screenshot

Erinnerungen – und all das gibt es meist nur nach Bosskämpfen. Aber das so genannte „Farmen“ ist auch in Sekiro hilfreich, da auch hier Feinde nach einer Rast wiederauferstehen. Nur nutzt einem das hier eher auf eine indirekte, weniger effiziente Art: Man sammelt mit jedem Kampf blaue Fähigkeitenpunkte, die langsam eine Leiste füllen. Erreicht sie ihr Maximum, darf man einen oder mehrere Punkte in einen Kampfstil investieren.

Da hat man die Wahl, ob man man direkt neue Manöver wie eine Sprintattacke, einen Wirbel- oder Sprungangriff, die coolen Angriffe und Paraden aus der Luft, passive Fähigkeiten wie besseres Schleichen, höhere Heilraten oder mehr Geistembleme freischalten will. All das kann man teilweise mehrmals verbessern, sich also spezialisieren. Sehr fair ist, dass diese einmal erreichten Fähigkeitenlevel auch bei einem Tod nicht verschwinden, so dass man sie aufsparen kann, sobald sie die Leiste voll gefüllt haben. Der Schwellenwert dafür steigt aber genauso an wie in der Soulsreihe die Kosten für eine Aufwertung. Sprich: Je länger man spielt, desto mehr blaue Punkte muss man sammeln, bevor es wieder einen Punkt zum Ausgeben gibt.