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Risen 3: Titan Lords (Rollenspiel) – Ein Rollenspiel wie Whisky-Cola

Risen 2: Dark Waters konnte mich vor zwei Jahren nicht begeistern. Das Rollenspiel aus dem Hause Piranha Bytes war auf Konsolen eine technische Katastrophe und trotz idyllischer Karibik vermisste ich auf dem PC spannende Kämpfe, glaubwürdiges Figurenverhalten sowie eine fesselnde Story – vom miserablen Ende ganz zu schweigen. Jetzt  soll man die Augenklappen wieder öffnen. Haben die Entwickler aus den Fehlern gelernt? Wie spielt sich der Nachfolger Risen 3: Titan Lords?

© Piranha Bytes / Deep Silver

Ein Füllhorn an Quests

Trotz all der Defizite in der Regie entwickelt sich ein Spielfluss, weil sich Risen 3 früh in alle Himmelsrichtungen öffnet. Kaum hat man sich versehen, ist das Questbuch voll mit Aufträgen, die einen vom Piratenstützpunkt Antigua ins düstere Calador der Dämonenjäger oder zur Donnerinsel der Magier, vom idyllischen Kila mit seinen Ureinwohnern nach Takarigua mit der Inquisition oder auf die Insel der Diebe und Gnome führen. Wo soll man anfangen? Egal, man hat die freie Wahl – und wer sich für alles Zeit lässt, kann gut über 30 Stunden mit dem Abenteuer verbringen; für die Hauptquest sollte man mit knapp 20 rechnen.

Abseits der Aufhebung des Fluches ist es das große politische Ziel, eine Allianz aus Piraten, Dämonenjägern, Magiern

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Wohin soll die Reise gehen? Zig Inseln warten! Die große Stärke von Risen 3 ist neben der hübschen Kulisse vor allem die Offenheit. © 4P/Screenshot

und Inquisition zu bilden. Auf der Karte befinden sich sieben Orte bzw. Inseln, die man frei erkunden kann. Allerdings segelt man nicht aktiv, sondern klickt nur die Ziele an. Vor Ort kann man dann über recht willkürlich verteilte Steine weitere Teleporter aktivieren, so dass man auch auf den Inseln schneller vorankommt. Da man meist von A nach B und C geschickt wird, bevor man nach A zurückkehren muss, ein angenehmer Komfort.

Trotzdem lohnt sich die langsame Erkundung per pedes. Gerade auf dem Rechner kann sich die karibische Kulisse sehen lassen, zumal sie angenehm belebt wirkt: Farne wiegen sich im Wind, Papageien fliegen aus dem Unterholz auf und neben Raubtieren bewegen sich auch harmlose Tiere wie Schildkröten am Strand. Es gibt idyllische, aber auch düstere mittelalterliche und architektonisch interessante Orte. Nimmt man die weite Sicht und die verborgenen Schluchten sowie Höhlen hinzu, wird grafisch Entdeckerlust geweckt – zumal auch einige Monster mit ihrem Design punkten. Animationen und die sehr beschränkte Gestik können zwar nicht mithalten, außerdem werden einige Figuren geklont, aber unterm Strich ist dieses Risen das ansehnlichste der Reihe.

Es geht aufwärts

Man kann auch erstmals schwimmen und bis zu einem gewissen Grad klettern. So kommt sogar etwas Action-Adventure-Flair auf, das aber nicht konsequent unterstützt wird: Man kann zwar springen, z.B. über bröckelnde Abgründe oder Fallen in Höhlen, und wie gesagt in die Höhe klettern. Das wird sogar belohnt, denn selbst auf Dächern

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Der namenlose Held kann zwar nicht tauchen, aber schwimmen. © 4P/Screenshot

liegen manchmal Münzbeutel.  Aber wenn man dann von oben auf ein Tau blickt, das sich zum Runtergleiten eignen würde, oder in der Nähe einen Sims oder ein Fenster erkennt, das man über einen Hopser erreichen könnte, kann man es nicht nutzen bzw. greifen.

Wichtiger ist, dass das Spiel nach dem peinlichen Einstieg auch inhaltlich und erzählerisch Fahrt aufnimmt. Im Gegensatz zu Patty überzeugen zudem andere, darunter auch weibliche Figuren hinsichtlich der markanten Sprachausgabe – auch wenn die Dialoge selbst sehr linear verlaufen und letztlich nur der schnellen Questaufnahme dienen. Aber Piranha Bytes gelingt trotz vieler Hol- und Bringdienste eine gute Verzahnung der Aufgaben. Die Vielfalt macht neugierig, die Charakterentwicklung ist angenehm offen.

Leider gibt es auch viele Standard-Aufgaben, ohne dass man in den Gesprächen mal intelligent mitdenken muss. Und es gibt ständig für unbedeutende Aktionen oder Entdeckungen „Ruhm“. Dieses Prinzip lässt einen irgendwann abstumpfen – man fühlt sich wie auf einer Kaffeefahrt mit seichter Dauerberieselung. So konzentriert man sich unbewusst noch weniger auf das Wesentliche, sondern wird zum „Ernten“ animiert. Warum belohnt man den Spieler nicht nur für wirklich erfolgreiche Quests?

Warum sollte man abseits der Story kleinere Aufträge erledigen? Ganz einfach: Man braucht irgendwann viel Gold, wenn man seinen Charakter optimal ausrüsten und entwickeln will. Und das ist wiederum die Voraussetzung, um bestimmte Gebiete überhaupt erkunden zu können. Dabei kann man sich im Gegensatz zu Risen 2 besser auf spezielle Angriffe von nah und fern inklusive Zauber und Flinten ausrichten. Zwar kommt einem vieles an Fähigkeiten, Voodoo & Co allzu vertraut vor, aber aufgrund der Wahl zwischen drei Fraktionen kann man sich besser spezialisieren.