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Pro Evolution Soccer 2016 (Sport) – Zurück zum Zauberfußball?

Konami feiert das 20-jährige Jubiläum seiner Fußballreihe, die in Japan seit 1995 unter dem Namen „Winning Eleven“ bekannt wurde und Anfang bis Mitte der 2000er viele Platinerfolge feierte. Dann stagnierte der Kick, bevor es letztes Jahr endlich wieder aufwärts ging – zumindest hinsichtlich der Spielmechanik sowie Präsentation. Aber Konami verbockte nicht nur den Online-Modus, sondern kopierte FIFAs Ultimate Team mehr schlecht als recht in myClub, strich die Online-Meisterliga und präsentierte eine komplett sterile Karriere sowie schwache Computergegner selbst auf hohen Stufen – Wertung: 70%, befriedigend. Wie sich Pro Evolution Soccer 2016 schlägt, verrät der Test.

© Konami / Konami

Taktische Gewöhnung an Pressing, Konter & Co

Die Teamanweisungen spielen nicht nur in Freundschaftsspielen, sondern auch in der Meisterliga eine große Rolle, denn je mehr Spieler mit den taktischen Plänen des Trainers vertraut sind, desto besser wird die Teamchemie – die lässt sich für jede aktuelle Formation als auch jede einzelne Position in Form einer Heatmap erkennen. Ein neuer Innenverteidiger, der bisher eher „eng stehen“ statt „Pressing“ lernte, muss sich genauso umgewöhnen wie ein Mittelfeldstratege, der von „Ballbesitz“ auf „Konter“ getrimmt werden soll. Aber je mehr Einsätze diese Spieler bekommen, desto vertrauter werden sie mit der Taktik.

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Die „Heatmap“ links zeigt an, wie es um die Teamchemie bestellt ist. Je mehr Spieler das taktische System des Trainers verinnerlichen, desto besser… © 4P/Screenshot

Liegt die Teamchemie zu Beginn einer Saison vielleicht bei dreißig Prozent, kann sie mit der Stammelf am Ende bei über neunzig Prozent liegen. Auf dem Weg dahin gibt es jetzt auch übersichtliche Zusammenfassungen: Der Monatsbericht zeigt z.B. in statistischen Grafiken an, wann und wie viele Tore geschossen wurden, welche Passtypen und -quoten es gab, über welche Bereiche man Angriffe einleitete, wer die erfolgreichsten Dribblings und Schüsse verzeichnete oder welche taktischen Anweisungen wann genutzt wurden.

Widersprüche und Probleme in der Meisterliga


So lobenswert die Modernisierung der Meisterliga ist, bleiben allerdings einige

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Der Jubel ist groß, die Schale ist gewonnen: es macht Spaß, sein No-Name-Team zu entwickeln. © 4P/Screenshot

Probleme und Widersprüche. Der größte Kritikpunkt für mich: Warum kann ich Spieler im Training nicht auch für andere Positionen umschulen, also z.B. vom rein offensiven zum zusätzlich rechten Mittelfeldspieler? Das klappt ja auch in der Karriere, aber ist hier genauso wenig möglich wie das gezielte Trainieren oder Freischalten von Fähigkeiten wie etwa „Distanzschütze“ – laut Meisterliga-Tipps soll all das lediglich durch die Spielweise auf dem Platz aktiviert werden. Klingt auch okay, aber bei meinem defensiven Mittelfeldstrategen hatte selbst nach sechs Toren aus der Ferne und einer Saison nichts getan. Mein Vorschlag: Streicht die Karriere mit dem Weg zur Legende komplett und erweitert die Meisterliga um all jene taktischen und individuellen Funktionen, die dort für einen Spieler möglich sind – dazu gehört ja auch, dass man nicht nur das Passen als Training markiert, sondern selbiges über die Fokuspunkte in sechs Stufen intensivieren kann.

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Eine der Neuerungen: Die Monatsübersicht mit zig Statistiken. © 4P/Screenshot

Abgesehen von der fehlenden persönlichen Inszenierung wirken manche Meldungen und Werte seltsam. Man liest z.B. oft etwas über Wechselgerüchte eigener Spieler, aber man kann nie auf sie zugehen. Hinzu kommen einige Fragezeichen: Warum bekommt man als Kellerkind der Tabelle mit drei Niederlagen in Folge überhaupt Traineranfragen? Wie können es bei schlechten Leistungen tatsächlich eigene Profis so oft in die „Mannschaft des Monats“ schaffen? Und wieso ist der 34-jährige (!) Portugiese Moreno laut Spielerkarte tatsächlich ein „Nachwuchstalent“? Kurios ist auch, dass einer meiner Spieler tatsächlich Torschützenkönig im Pokal wurde – obwohl ich in der ersten Runde rausflog!  Okay, ich habe drei Treffer gemacht, aber das passt manchmal nicht zusammen.

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Mit dieser Niederlagenzahl hätte man in der Bundesliga kein Meister werden können – die Konkurrenz wird nicht stark genug simuliert. © 4P/Screenshot

Schade ist auch, dass die Rivalität und der Wettbewerb in der Liga nicht spannender simuliert wird. Es gibt für mein Team nur ein Derby, wenn ich das für zu bis zu drei Clubs vorher manuell einstelle – immerhin steigen Stimmung und Giftigkeit auf dem Platz dann auch spürbar an. Aber letztlich sind die Ergebnisse aufgrund fehlender Spitzenteams, die den eigenen Ehrgeiz wecken,  so homogen, dass ich selbst mit zehn oder mehr Niederlagen bei gerade mal 20 Teams noch Meister werden kann. Seltsam ist auch, dass die Werte aus der eigenen Jugendmannschaft nach einer Saison schon so hoch sind, dass sie fast an die Stammelf heran kommen. Es ist zwar toll, dass man dann so viele 16-jährige Talente  hat, aber das kommt viel zu plötzlich, zumal man gar kein Geld in Jugendarbeit oder Trainer investieren muss.