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Mortal Shell (Action-Rollenspiel) – Seelenverwandter

Wenn über ein Jahrzehnt nach Demon’s Souls vier Triple-A-Veteranen ein Studio gründen, um ihr eigenes „Souls“ zu verwirklichen, dann verdeutlicht das, wie stark der Einfluss von From Softwares Reihe bis heute ist: Sie hat quasi ein Subgenre innerhalb der kampfbetonten Action-Rollenspiele etabliert. Angesichts all der Nachahmer fragt man sich natürlich, ob die Briten von Cold Symmetry für knapp 30 Euro etwas Kreatives hinzufügen können? Mehr dazu im Test zu Mortal Shell.

© Cold Symmetry / Playstack

Extraleben ohne Hülle

Die Unterschiede erkennt man zunächst an kreativen Kleinigkeiten: Wenn man stirbt, wird man ein paar Meter aus seiner Hülle geschleudert und ist wieder nackt mit wenigen Lebenspunkten unterwegs, während die Feinde kurz versteinert sind. Jetzt hat man ein kleines Zeitfenster: Wird man bei ihrem Erwachen getötet, ist es vorbei und man wacht bei der Lady auf. Schafft man es jedoch in wenigen Sekunden in die Hülle zurück, ist man voll geheilt (!) wieder in der Rüstung und kann direkt zuschlagen!

Und was passiert, wenn man stirbt? Wenn man es nicht zurück in die Hülle schafft? Man verliert alles Tar, kann aber als nackter Klassenloser mit ein wenig Lebenskraft noch herumlaufen, auch wieder zuschlagen oder besser fliehen und sich sofort wieder eine andere Hülle über das enstprechende Artefakt anlegen. Erreicht man dann als frisch geschlüpfter Ritter den Ort seines Todes, kann man sein bis dahin gesammeltes Tar wieder einsammeln.

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Es gibt einige Bestien… © 4P/Screenshot

Man hat also immer eine Art Extraleben – auch bei Bossen. Verliert man selbst damit, kann man direkt in der Arena noch einen Versuch starten oder sich vom „Wurmfisch“ zurück zur Lady bringen lassen – das erspart natürlich Laufwege und ist ein enormer Komfort. Die Bosse sind teilweise gut designt, haben manchmal zwei Phasen, aber Hadern wird letztlich zu oft recycelt und sie kommen nicht an die spektakulären Kreaturen aus der Soulsreihe heran. Zumal sie – vor allem wenn man das Schwert ein paar mal aufgerüstet hat – viel schneller erledigt sind, manchmal auf Anhieb im ersten oder zweiten Versuch. Der Schwierigkeitsgrad liegt klar unter jenem von Bloodborne oder Dark Souls 3 und speziell bei den Bossen sehr weit unter jenem von Sekiro.

Tanz mit dem Tod

Ein Spaziergang wird das aber trotzdem nicht: Man erholt sich nicht automatisch und hat keine automatisch aufgefüllten Heiltränke wie beim Estus aus der Soulsreihe, sondern muss Pilze pflücken, die immerhin langsam nachwachsen. Man ist auf Beute wie Rattenbraten & Co angewiesen, die einem nur etwas Leben zurückbringen – nur die Lady heilt einen komplett.

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…und klassische Bosse. © 4P/Screenshot

Und kaum erregt man die Aufmerksamkeit stöhnender Leichenfledderer oder Kapuzenriesen mit Zweihandaxt, pflügt man nicht locker durch sie hindurch, sondern muss höllisch aufpassen, dass man nicht nach ein paar Treffern stirbt. Zumal sie sich zusammenrotten und einen recht lange verfolgen – immerhin nur im Schritttempo. Aber wartet mal die späteren Gegner ab, darunter mit einem Schild bewaffnete oder über zwei Meter große Ritter, schnelle Vampire, teleportierende Geister mit Bodenfallen, dämonenhafte Kreaturen mit zwei Klingen oder mächtige Krieger, die euch beim Treffer in Brand setzen.

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Die Steuerung ist präzise, das Gamepad lässt sich nicht frei belegen. © 4P/Screenshot

Also heißt es wegrennen, wegrollen und taktisch in die Gefechte gehen, zumal man mit jedem Schlag auch Ausdauer verliert. Nützlich ist, dass die weniger cleveren Untoten dabei brav in Fallen am Boden laufen, so dass man vor dem ersten Schlag schon für Schaden sorgen kann. Aber diesen kleinen Service an Dummheit gibt es nur zu Beginn, später ist man froh, dass das Siegel am eigenen Gürtel rot leuchtet, wenn unblockbare Angriffe bevorstehen – und davon gibt es einige. Wenn ein schwer gepanzerter Hüne mit Thorshammer in XXL langsam auf einen zumarschiert, gerät man mal ins Schwitzen – denn er stampft einen reglrecht in den Boden.