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Just Cause 2 (Action-Adventure) – Just Cause 2

Lust auf Urlaub? Wunderbar! Man könnte zum Beispiel einen Trip ins idyllische Panau buchen – das ist ein malerischer Inselstaat in Südostasien. Allerdings sollte man auf alles vorbereitet sein. Denn in diesem Land herrscht ein verrückter Diktator, drei Fraktionen kämpfen um die Vorherrschaft und mittendrin sorgt ein amerikanischer Latino-Agent für das absolute Chaos.

© Avalanche Studios / Square Enix

Und danach ist noch nicht Schluss: Hat man den Abspann gesehen, kann man sich an die noch verbliebenen Aufgaben machen und versuchen, auch jeden noch so entlegenen Winkel der Inselwelt zu erkunden. So werden aus den gut 20 Stunden, die man für die Hauptkampagne braucht, schnell 40, 60 oder mehr – je nachdem, wie gründlich man vorgehen möchte und wie viel Zeit man sich dabei lässt.

Natürlich gehören auch Hubschrauber zum insgesamt über 100 Vehikel umfassenden Fuhrpark.

Allerdings muss man sich auch auf eine gewisse Gleichförmigkeit hinsichtlich des Missionsdesigns einstellen: Töte diese Person, zerstöre jene Anlage, erobere diesen Stützpunkt sind die Hauptelemente des Designs, die meist in der einen oder anderen Form variiert oder kombiniert werden – immerhin hat man die leidigen „Dorfübernahmen“ des Vorgängers eliminiert.

Leider kommt es zu selten zu spannenden Abwandlungen, bei denen die Motivation und Adrenalin aber umgehend nach oben schnellen. So etwa, wenn man drei auf startbereiten Raketen montierte Satelliten zerstören muss, nach dem ersten ein (großzügiger) Countdown startet und nach dem letzten eine vierte bislang unbekannte Rakete startet, die man aus der Luft holen muss, bevor sie den Orbit erreicht – klasse!

Oder das Transportschiff, das man erst in einer Railgunsequenz vor Truppen-Übergriffen schützen muss, bevor man teils mit Seeminen geschützte Schleusen betätigt, während man die Attacken der Feinde abwehrt. Wie man die Seeminen entfernt, bleibt übrigens jedem selbst überlassen.

Der Haken der Experimentierfreude

Überhaupt kann man in Panau viel ausprobieren, um an sein Ziel zu kommen. Ein wesentliches Hilfsmittel dafür ist der Greifhaken. Dieses mit einem maximal 80 Meter ausfahrbaren Stahlseil versehene Gadget dient nicht nur dazu, um sich behende von Mauer zu Mauer zu ziehen, ähnlich wie in Lost Planet. Man kann sich damit auch an Fahrzeuge (egal ob zu Lande, zu Wasser oder in der Luft) hängen, um diese schließlich zu übernehmen oder damit nichts ahnende Wachen über Relings in den Tod ziehen.

Auch als Schwunggeber für den unendlich verfügbaren Fallschirm kann man den Haken mit etwas Übung missbrauchen und sich so mit Geschick schnell aus der Gefahrenzone hangeln.

Mit Fallschirm und Greifhaken kommt man nicht nur schnell vorwärts, sondern hat handliche Werkzeuge zum freien Experimentieren.

Und man kann ihn sogar nutzen, um zwei Gegenstände miteinander zu verbinden. Das können zwei Fahrzeuge sein, ein Fahrzeug und eine Statue (um diese abzureißen) oder ein vorbei fahrendes Fahrzeug und ein Gegner (Winken nicht vergessen!). Auch die Kombination Gasflasche-Wache, dann das Gas anzünden, woraufhin der Behälter wie eine Feuerwerksrakete davon schießt,  ist immer wieder für einen Slapstick-Lacher gut.

Doch auch hier steht man irgendwann vor einem Problem: Man hat alles gesehen, vieles ausprobiert und es wird in den Missionen zu selten gefordert – die obligatorischen Regelausnahmen natürlich inbegriffen. Auch hier hat der Kompromiss zwischen freiem Willen und einer leitenden Entwicklerhand noch Optimierungsbedarf. Und schließlich verlässt man sich irgendwann ohnehin auf bleihaltige Argumente, da diese den unkonventionellen Methoden deutlich überlegen sind.

Ein Gehirn für die gesamte Armee

Doch es ist nicht nur die Crux der Sandkasten-Welt, die sich einen Tick zu stark auf Eigeninitiave des Spielers verlässt – es ist auch die Welt an sich, die einen immer wieder aus dem Spiel zieht. Das beginnt z.B. bei der gegnerischen KI, die man in vielen Fällen kaum als solche bezeichnen kann: Hat sie einen im Visier, ist sie dank ihrer Zielgenauigkeit brandgefährlich. Aber erwischt man sie außerhalb ihres vorgesehenen Bereichskegels, weiß sie mit ihren Kameraden meist nichts anzufangen. Wenn ich einen Soldaten über die Reling ziehe, sollte ich mit dem ein paar Meter weiter postierten eigentlich mehr Probleme haben. Doch auf der Suche nach Deckung zeigen die Gegner erstaunlich wenig Eigeninitiative – ebenso beim Flankieren. Dass man dennoch nicht einfach durch Panau ziehen kann wie ein Hurricane, liegt dann auch eher an der Masse als am klugen Verhalten der Gegner. Denn wenn eine Horde schwer bewaffneter und noch stärker gepanzerter Feinde auf einen zustürmt, zieht man meist den Kürzeren. Und so wird man schließlich doch zu einem wenigstens ansatzweise taktischen Vorgehen gelockt.

Und von Zeit zu Zeit gibt es auch die lobenswerte KI-Ausnahme. So z.B. für den mutigen Rekrut, der es tatsächlich gewagt hat, einen von mir „geparkten“ Kampfhelikopter zu entwenden und gegen mich zu verwenden. Im Moment meines

Ablebens hat sich tatsächlich ein Lächeln auf meine Lippen gelegt. 

Ricos Zerstörungs-Ausflug macht vor Nichts halt!

Mit noch mehr dieser besonderen Augenblicke hätte JC2 an Faszination gewonnen.

Belebt, aber nicht lebendig

Doch nicht nur im Bereich der KI hätte Avalanche ansetzen können, um aus einem guten und durchweg unterhaltsamen Spielerlebnis ein vorzügliches zu machen. Denn so schön die Welt auf den ersten Blick auch wirkt, so leer ist sie bei genauem Hinsehen. Ja: Es gibt eine ihrem Tag- oder Nachtwerk nachgehende Bevölkerung. Aber sie reagiert nicht auf Rico oder seine Aktionen – abgesehen von Beschimpfungen beim Anrempeln oder dem in Deckung gehen, wenn Rico und Truppen sich ein Feuergefecht liefern. Teilweise kann man mit einem wahrlich nicht leisen Helikopter direkt neben Passanten landen und sie stehen einfach nur da – hmm…

Auch die Gefechte der Fraktionen mit den Regierungssoldaten hätte man stärker betonen können: Zwar kann man mit zunehmendem Chaos im Lande auch vermehrt Scharmützel finden, an denen man nicht direkt beteiligt ist. Doch für ein Land, das kurz vor dem Kollaps zu stehen scheint, ist alles zu sehr eitel Sonnenschein.