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Ghost Recon Breakpoint (Shooter) – Die Geister verfehlen das Ziel

Ghost Recon Breakpoint hat nach den beiden Betatests viel Kritik einstecken müssen. Vieles zu Recht. Einige Macken hat Ubisoft zum Verkaufsstart noch in den Griff bekommen. Doch mit all seinen unnötigen Spielmechaniken, Fortschrittssystemen und Games-as-a-Service-Elementen macht sich der Nachfolger von Ghost Recon Wildlands das Leben selbst schwer. Letztendlich sind wir hin- und hergerissen…

© Ubisoft Paris / Ubisoft

Gegner als Spaßbremsen

Die größte Spaßbremse ist die Intelligenz der computergesteuerten Gegner sein. Hier schwankt das Verhalten der Feinde gehörig. Einerseits reagieren die Gegner adäquat auf Beschuss von Nebenleuten, schlagen bei verdächtigen Vorfällen Alarm, rücken aggressiv im Team vor, stürmen von Deckung zu Deckung oder bleiben so lange versteckt, bis die Gefahr vorüber ist, was meistens eine Frage der Zeit ist.

Andererseits ist das Verhalten oft grenzdebil, da sie gerne direkt zur Geräuschquelle laufen. Eine Explosion als Ablenkung wirkt meist Wunder und schon darf man Moorhuhn spielen. Besonders in engen Räumen kann man sie schön der Reihe nach ausschalten. Manchmal reagieren die Feinde bei Beschuss aus großer Entfernung auch gar nicht, selbst wenn ihnen der Helm vom Kopf geschossen wird. Wände und lange Laufwege erweisen sich für die Wegfindung ebenfalls als Hindernis. Die KI-Qualität schwankt von lächerlich bis zu clever. So haben sie manchmal Adleraugen oder Superohren und erkennen den Ghost auf unrealistisch weite Entfernung – selbst bei gleichem Itemlevel.

Beutejagd, Fortschrittssysteme und Kopfschüsse

Wie Itemlevel? Ja, bei Ghost Recon Breakpoint gibt es ein Item-Level, haufenweise Sammelgegenstände, hunderte von plünderbaren Truhen mit Waffen und Ausrüstungsgegenständen und so ziemlich alle Fortschrittssysteme, die man aktuell im Spielesektor findet, obwohl viele in einem taktischen Militär-Shooter überhaupt gar keinen Sinn ergeben.

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Alarmstufe Orange: Die aufgeschreckten Gegner machen eine Polonaise. © 4P/Screenshot

Denn in Breakpoint ist jeder Kopfschuss bei Gegnern tödlich. Gegner mit Helm benötigen zwei Kopfschüsse – einen für den Helm und einen für den Kopf. Warum braucht man dann Waffen mit Levels und mit unterschiedlichen grünen, blauen oder violetten Qualitätsstufen? Gute Frage! Eigentlich gar nicht. Eine G28 aus der Anfangsphase ist von den Grundwerten genauso effektiv wie eine G28 mit Itemlevel über 80, lediglich einige Bonuswerte wie Reichweite, Tarnung, Genauigkeit etc. machen die seltenen Knarren besser als die Standardversionen, weswegen der Spielerfortschritt im Vergleich zu vielen anderen Beute-Shootern hochgradig gemächlich und bei Kopfschüssen nahezu gar nicht auffällt. Gleiches gilt für die normale Ausrüstung, die höchstens einige Bonus-Werte mit sich bringt. Erst sehr viel später merkt man (vielleicht) die positiven Effekte, aber der Einfluss ist eher sekundär. Daher fühlt sich die ganze Plünderei mehr nach einem Collectathon an – also einem Spiel, in dem es darum geht, möglichst viel zu sammeln – als Selbstzweck.

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Bei Schüssen aus großer Entfernung reagieren die Gegner manchmal gar nicht. Selbst diesem Gegner kann man erst in Ruhe den Helm wegschießen und dann den virtuellen Kopf. © 4P/Screenshot

Es ist zwar sinnvoll, dass Ghosts, die von der Nachschubversorgung abgeschnitten sind, nahezu alles an Waffen und Co. einsammeln, was nicht niet- und nagelfest ist, doch müssen in jeder Basis so viele Kisten versteckt sein? Eine Lootflut à la Borderlands 3 gibt es zum Glück nicht.

Was bringen bessere Waffen bei Kopfschüssen? Nichts!

Das Itemlevel ist an ein weiteres Element gekoppelt, das etwas bescheuert wirkt und nicht gut erklärt wird: und zwar hat ein Itemlevel-Unterschied einen Einfluss auf die Sichtbarkeit. Hat der Gegner ein wesentlich höheres Itemlevel als der Spieler, können die Gegner den Spieler-Charakter schneller entdecken. Außerdem können die Gegner mehr Körpertreffer wegstecken. Kopfschüssen ist dieses System zum Glück egal. Somit ist es möglich, selbst mit niedriger Ausrüstung, ein Lager mit hochstufigen Gegner auszuschalten, wenn man sich geschickt und clever genug anstellt. Mit Itemlevel 40 habe ich z.B. eine 150+-Mission geschafft. Die hatte zwar länger gedauert als erwartet und war lauter als geplant, aber das Ziel konnte erfüllt werden. Nur bei Drohnen ist es mit Kopfschüssen so eine Sache: stattdessen muss man ganze Magazine in die Biester pumpen.  

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Eine Explosion hat die Gegner in diesem Bunker aufgeschreckt. © 4P/Screenshot

Ansonsten findet man diverse Fortschritts- und Freischaltsysteme nahezu überall in Breakpoint. Mit Erfahrungspunkten erhält man Stufenaufstiege, es gibt Fertigkeitspunkte für den Skillbaum, rangbasierte Mini-Herausforderungsziele pro Klasse, einen „Battle Pass“ mit zeitbegrenzt erhältlichen Belohnungen für Fraktionsmissionen, tägliche Einsatzziele und militärischen Sammelkram in Form von Blaupausen für Waffen und Aufsätze ohne Ende. All das lenkt vom tatsächlichen Spielverlauf ab und wirkt so gnadenlos künstlich aufgeblasen, dass man förmlich das Gefühl hat, dass die Entwickler den Spieler irgendwie verzweifelt in der Welt halten wollen – und wenn es nur durch dröge Sammelei ist.