Veröffentlicht inTests

Ghost Recon Breakpoint (Shooter) – Die Geister verfehlen das Ziel

Ghost Recon Breakpoint hat nach den beiden Betatests viel Kritik einstecken müssen. Vieles zu Recht. Einige Macken hat Ubisoft zum Verkaufsstart noch in den Griff bekommen. Doch mit all seinen unnötigen Spielmechaniken, Fortschrittssystemen und Games-as-a-Service-Elementen macht sich der Nachfolger von Ghost Recon Wildlands das Leben selbst schwer. Letztendlich sind wir hin- und hergerissen…

© Ubisoft Paris / Ubisoft

Von Bolivien auf eine unspektakuläre Insel

Nachdem bei Ghost Recon Wildlands der Kampf gegen ein Drogenkartell in Bolivien angesagt war, was der bolivianischen Regierung so gar nicht gefiel (wir berichteten), geht Ubisoft beim Nachfolger, Ghost Recon Breakpoint, auf Nummer sicher und verlagert das Szenario auf die fiktive südamerikanische Insel Auroa. Der generisch wirkende Schauplatz kann trotz vieler überaus ansehnlicher Orte, enormer Größe, hübscher Vegetation und versteckter Hintergrundinformationen, nicht an seinen Vorläufer heranreichen.

Die Ghosts, eine militärische Eliteeinheit, werden durch einen Angriff auf ein Schiff auf die Insel gelockt und prompt von einer Drohnenarmada vom Himmel gefegt. Die Drohnentechnologie stammt von Skell Technologies, dessen CEO eine Vision von „Welt 2.0“ hat und diese auf Auroa verwirklichen möchte. Letztendlich hört der Chef des High-Tech-Unternehmens auf die falschen Berater und schwupps erschuf er eine praktische Drohnenarmee für Privatkriege …

Nomad sucht Walker

Das Szenario hätte reichlich Stoff geboten, z.B. für eine plakative Story zwischen High-Tech und Natur. Oder für den Kampf von Selbstversorger-Rebellen gegen eine High-Tech-Bedrohung. Oder die Beziehung von High-Tech-Unternehmen zu (para)militärischen Gruppen. Moralische, ethische oder politische Themen werden weitgehend vermieden, stattdessen wird vorsichtig an der Oberfläche gekratzt und die Figur von Cole D. Walker, Ex-Ghost und Anführer der Wolves, als Gegenspieler etabliert – zusammen mit anderen verschlagenen Anzugträgern.

[GUI_STATICIMAGE(setid=86870,id=92597766)]
Beispiel für ein gutes Charakter-Modell: Cole D. Walker. Gespielt von Jon Bernthal. © 4P/Screenshot

Obgleich der von Jon Bernthal (Punisher) „gespielte“ Walker in langatmigen Rückblenden eine starke Präsenz hat und gerne seine Ghost-Wurzeln lautstark ballernd vergisst, tröstet seine Anwesenheit nicht über viele bescheidene bis peinliche Dialoge, die zu langatmige Inszenierung voller inhaltlicher Leere und viele Reißbrett-Charaktere hinweg. Es wird zwar versucht, irgendwie eine Verbindung zwischen der Hauptfigur Nomad (männlich oder weiblich) und Walker hinzubiegen, doch dafür ist Walkers Präsenz in der Welt letztlich zu vage und verliert sich im sonstigen Missionsalltags auf Auroa. Er hätte ruhig stärker in die sonstige Geschichte einbaut werden dürfen …

Reden, Botengänge, Sammeln und Attacke

Kurz gesagt geht es in Breakpoint um die Befreiung von Auroa und die Ausschaltung von Walker. Zunächst muss man die letzten überlebenden Ghosts finden, den Skell-Technikgott ausfindig machen, die Drohnenarmee sabotieren, den Einwohnern helfen und sonstige Botengänge erledigen. Die meisten Missionen erfordern das Aufsuchen von bestimmten Personen oder Orten, das Sammeln von Informationen, die Befriedung von Arealen/Basen, die Eliminierung von Zielpersonen und das Zusammenklicken von Informationen im überladenen Menü – zumal die Anreise zu den Einsatzorten aufgrund der Größendimensionen der Insel und der Omnipräsenz von Mini-Patrouillen kaum zu Fuß und noch weniger mit den sich schwammig steuernden Fahrzeugen erfolgen sollte, sondern bestenfalls mit einem Hubschrauber.

[GUI_STATICIMAGE(setid=86870,id=92597768)]
Beispiel für ein schlechtes Charakter-Modell mit maximalen Grafik-Einstellungen. © 4P/Screenshot

Vor und nach den Einsätzen wird in Zwischensequenz-Manier fleißig mit Leuten geredet, stellenweise sogar mit Dialogoptionen. Diese Dialoge wollen meist nicht wirklich zünden, da die Inszenierung nichts zu zeigen hat, die Dialoge prägnanter oder generell interessanter sein könnten und viele Charaktere über starre Mimik und Lippenanimationen aus der Mottenkiste von Mass Effect Andromeda verfügen. Warum wählt man bei solch klar sichtbaren Macken überhaupt eine Kamera-Naheinstellung? Egal. Assassin’s Creed Odyssey als Gegenbeispiel aus der Ubisoft-Welt ist meilenweit besser bei der Inszenierung von Dialogen und diente allem Anschein nach auch als Blaupause für den Aufbau und die Ausgestaltung der Spielwelt …