Vertrautes Gefühl
Auf den ersten Blick bleibt alles beim Alten: Wie gewohnt ballert man sich erneut mit JD Fenix und seiner Truppe durch Locust-Schwärme, nutzt fleißig die Knopfdruck-Deckung und lässt das coole Waffenarsenal sprechen. Dabei reicht die Auswahl vom altbekannten Kanonenfutter wie Drohnen über größere Kaliber wie den Häscher oder Brumak bis hin zu Neuzugängen wie dem schwer gepanzerten Aufseher sowie korrumpierten DeeBees, die deutlich bedrohlicher wirken als die lahmen und nervigen Pendants des Vorgängers. Zwar hat man sich an manchen Standard-Gegnerwellen irgendwann satt gesehen und die Kettensäge wirkt stellenweise immer noch sehr mächtig, doch gibt es als Ausgleich gute Tempowechsel zwischen Baller-Action und ruhigen Passagen, in denen man z.B. im Uncharted-Manier durch eine belebte Siedlung schlendert, auch wenn die Bewohner nichts weiter als Staffage sind. Nicht zu vergessen die spektakulären Bosskämpfe: Genau wie im Vorgänger gibt es zwar nur wenige und die finale Konfrontation enttäuscht aufgrund des Recyclings, aber dennoch bilden diese Momente ohne Zweifel die Höhepunkte innerhalb der kurzweiligen Kampagne. Dort erfährt man übrigens nicht nur mehr über Kait und was es mit ihren mysteriösen Visionen auf sich hat, sondern lernt auch neue Figuren erkennen und taucht noch tiefer in die politischen Verhältnisse sowie Zusammenhänge innerhalb des Gears-Universums ein. Schöner Service: In zwei separaten Videos werden sowohl die Geschehnisse des Vorgängers als auch die Hintergründe der gesamten Gears-Reihe zusammengefasst. Gerade innerhalb von Spielereihen, deren Teile aufeinander aufbauen, darf das gerne Standard werden.
Selbst nach all den Jahren hat das bewährte Spielgefühl genauso wenig an Reiz verloren wie die Lancer-Wumme mit ihrem Kettensägen-Aufsatz oder die damals innovative Nachlade-Mechanik. Entsprechend ist es kein Wunder, dass sich die Entwickler allzu große Änderungen am Grundkonzept verkneifen. Stattdessen erweitern sie das Bewährte nur im Detail: Ab sofort ist es z.B. möglich, Gegner in der Nähe über eine Deckung zu ziehen, um sie anschließend mit einem Nahkampfangriff auszuschalten. Entsprechend kommt die neue Mechanik vornehmlich zum Einsatz, wenn man seine Widersacher unauffällig auf dem Schleichweg dezimieren möchte. Alternativ kann man sich in vielen Situationen aber auch weiterhin wie gewohnt von hinten an sie heran
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schleichen. Übrigens hat man sowohl am PC als auch auf der Konsole die Wahl, ob man klassisch zum Controller oder der Kombo aus Maus und Tastatur greifen möchte.
Brutale Action
In bester Serien-Tradition geht es in den Gefechten nicht zimperlich zur Sache: Im Kugelhagel fließt literweise Blut und beim Einsatz der Kettensäge werden Gegner in kleine Häppchen zerteilt, die auch Spuren in den Gesichtern der KOR-Truppe hinterlassen. Die mitunter kreativen, aber auch brutalen Hinrichtungen sind ebenfalls nichts für zart besaitete Gemüter, die den Gewaltgrad in den Optionen auf Wunsch immerhin etwas entschärfen dürfen. Gears bleibt eben Gears! Das gilt nicht nur hinsichtlich der brachialen Action mit ihrer hervorragenden und reaktionsfreudigen Steuerung, sondern auch für die gewohnt markigen Sprüche der muskelbepackten Figuren, die mit Fahz Chutani einen arroganten Neuzugang mit großer Klappe in ihren Reihen begrüßen dürfen, der vor allem zu Beginn der Kampagne auf Krawall gebürstet ist.
Ungewohntes Terrain
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Spätestens ab dem zweiten von vier Akten wird aber klar, dass The Coalition trotz bewährter Tugenden nicht nur ein „Weiter so“ für die Kampagne von Gears 5 im Sinn hatte. Obwohl viele Abschnitte weiterhin dem bekannten Schlauchmuster mit leichten Flankierungsmöglichkeiten folgen, öffnet sich hier erstmals spürbar die Spielwelt und lässt sich relativ frei mit dem Skiff erkunden. Dabei handelt es sich um ein Vehikel, das mit Wind angetrieben wird und sich am besten als „Schlitten trifft Kitesurfing“ umschreiben lässt. Allerdings handelt es sich weder beim schneebedeckten Winter-Wunderland aus Akt 2 noch bei der roten Wüstenlandschaft mit Mars-Anleihen aus Akt 3 um eine offene Welt im klassischen Sinn. Stattdessen sind es eher groß angelegte Areale wie etwa der See bei God of War, in denen man abseits der Haupthandlung weitere Orte entdecken kann, wo kleine Nebenmissionen warten. Dabei macht das Cruisen mit dem stylischen Gefährt ordentlich Laune und die Belohnungen für das Abschließen der sekundären Aufträge erweisen sich meist als nützlich. Trotzdem wirken die offenen Abschnitte erschreckend leer, leblos und steril – einzig die gefährlichen Sandstürme sorgen irgendwann für etwas Action innerhalb der zunehmend monotonen und langweiligen Erkundungsfahrten, bei denen man Wunschziele auf einer Karte markieren und sich zusätzlich an einem Kompass orientieren kann.